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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arc de Triomphe
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in der Hand, als er Ra­vic sah. »Was wol­len
Sie?« knurr­te er.
    »Ich will mit Ma­da­me Bou­cher spre­chen.«
    »Sie hat kei­ne Zeit.«
    »Das macht nichts. Ich wer­de so­lan­ge war­ten.«
    Der Mann woll­te die Tür schlie­ßen. »Wenn ich nicht war­ten
kann, wer­de ich in ei­ner Vier­tel­stun­de wie­der­kom­men«, sag­te Ra­vic. »Aber nicht
al­lein. Mit je­mand, für den sie auf je­den Fall zu spre­chen sein wird.«
    Der Mann starr­te ihn an. »Was soll das? Was wol­len Sie?«
    »Ich sag­te es Ih­nen schon. Ich will mit Ma­da­me Bou­cher
spre­chen.«
    Der Mann über­leg­te. »War­ten Sie«, sag­te er dann und
schloß die Tür.
    Ra­vic be­trach­te­te die ab­ge­sto­ße­ne, braun­ge­stri­che­ne Tür
mit dem ble­cher­nen Brief­kas­ten und dem run­den Email­le­schild mit dem Na­men. Ei­ne
Men­ge Elend und Angst war durch die­se Tür ge­gan­gen. Ein paar sinn­lo­se Ge­set­ze,
die vie­le Le­ben zwan­gen, an­statt zu Ärz­ten zu Pfu­schern zu ge­hen, wa­ren die
Ur­sa­che. Kein Kind wur­de da­durch mehr ge­bo­ren. Wer es nicht woll­te, fand einen
Weg, Ge­setz oder nicht. Der ein­zi­ge Un­ter­schied war nur, daß jähr­lich Tau­sen­de
von Müt­tern rui­niert wur­den.
    Die Tür öff­ne­te sich wie­der. »Sind Sie von der Po­li­zei?«
frag­te der un­ra­sier­te Mann.
    »Wenn ich von der Po­li­zei wä­re, wür­de ich nicht mehr hier
war­ten.«
    »Kom­men Sie ’rein.«
    Der Mann bug­sier­te Ra­vic durch einen dunklen Kor­ri­dor in
einen Raum, der mit Mö­beln voll­ge­stopft war. Ein Plüsch­so­fa und ei­ne An­zahl
ver­gol­de­ter Stüh­le, ein falscher Au­bus­son­tep­pich, Nuß­baum­ver­ti­ko und an den
Wän­den Dru­cke aus der Schä­fer­zeit. Vor dem Fens­ter stand ein me­tal­le­ner Stän­der
mit ei­nem Vo­gel­kä­fig und ei­nem Ka­na­ri­en­vo­gel dar­in. Wo nur ir­gend­wo Platz war,
sah man Por­zel­lan und Nip­pes­fi­gu­ren.
    Ma­da­me Bou­cher er­schi­en. Sie war enorm dick und trug ei­ne
Art von her­um­flu­ten­dem Ki­mo­no, der nicht ganz sau­ber wirk­te. Sie war ein
Mon­s­trum; aber das Ge­sicht war glatt und hübsch, bis auf die Au­gen, die un­ru­hig
um­her­wan­der­ten. »Mon­sieur?« frag­te sie ge­schäft­lich und blieb ste­hen.
    Ra­vic stand auf. »Ich kom­me für Lu­ci­enne Mar­ti­net. Sie
ha­ben bei ihr einen Ein­griff ge­macht.«
    »Un­sinn!« er­wi­der­te die Frau so­fort und völ­lig ru­hig.
»Ich ken­ne kei­ne Lu­ci­enne Mar­ti­net, und ich ma­che kei­ne Ein­grif­fe. Sie müs­sen
sich ge­irrt ha­ben, oder man hat Sie be­lo­gen.«
    Sie tat, als sei die Sa­che da­mit er­le­digt und als wol­le
sie ge­hen.
    Aber sie ging nicht. Ra­vic war­te­te. Sie dreh­te sich um.
»Sonst noch et­was?«
    »Der Ein­griff ist miß­lun­gen. Das Mäd­chen hat­te ei­ne
schwe­re Blu­tung und ist fast ge­stor­ben. Sie muß­te ope­riert wer­den. Ich ha­be sie
ope­riert.«
    »Lü­ge!« zisch­te die Bou­cher plötz­lich. »Lü­ge! Die Rat­ten!
Murk­sen an sich selbst her­um und wol­len dann an­de­re her­ein­rei­ßen. Aber ich
wer­de ihr das schon bei­brin­gen. Die­se Rat­ten! Mein An­walt wird das schon
er­le­di­gen. Ich bin be­kannt und ein Steu­er­zah­ler, und ich will doch mal se­hen,
ob so ein fre­ches, klei­nes Biest, das her­um­hurt...«
    Ra­vic be­trach­te­te sie fas­zi­niert. Ihr Ge­sicht hat­te sich
bei dem Aus­bruch nicht ver­än­dert. Es war glatt und hübsch ge­blie­ben, nur der
Mund war zu­sam­men­ge­zo­gen und spuck­te wie ein Ma­schi­nen­ge­wehr.
    »Das Mäd­chen will
we­nig«, un­ter­brach er die Frau. »Es will nur das Geld zu­rück­ha­ben, das es Ih­nen
ge­zahlt hat.«
    Die Bou­cher lach­te. »Geld? Zu­rück­zah­len? Wann ha­be ich
denn et­was von ihr be­kom­men? Hat sie ei­ne Quit­tung?«
    »Na­tür­lich nicht. Sie wer­den doch kei­ne Quit­tun­gen
aus­stel­len.«
    »Weil ich sie nie ge­se­hen ha­be! Und das soll ihr je­mand
glau­ben?«
    »Ja. Sie hat Zeu­gen. Sie ist ope­riert wor­den in der
Kli­nik Dok­tor Ve­bers. Der Be­fund war klar. Es gibt ein Pro­to­koll dar­über.«
    »Sie kön­nen tau­send Pro­to­kol­le ha­ben! Wo steht, daß ich
sie an­ge­rührt ha­be! Kli­nik! Dok­tor Ve­ber! Zum Tot­la­chen! So ei­ne Rat­te muß in
ei­ne fei­ne Kli­nik! Ha­ben Sie

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