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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arc de Triomphe
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zu­rück­ge­hen
und hei­ra­ten, rich­tig, alt­mo­disch, und Kin­der ha­ben und ru­hig sein und Gott
lo­ben und das Le­ben lie­ben.«
    Ra­vic blick­te aus dem Fens­ter. Ein wil­des Abend­rot stand
über den Dä­chern. Die Licht­re­kla­men er­tran­ken dar­in wie blut­lo­se
Far­ben­schat­ten.
    »Es muß Ih­nen al­bern er­schei­nen, nach al­lem, was Sie von
mir ken­nen«, sag­te Ka­te Hegström hin­ter ihm.
    »Nein, gar nicht. Gar nicht, Ka­te.«
    Jo­an Ma­dou kam um vier Uhr nachts. Ra­vic er­wach­te, als
er die Tür hör­te. Er hat­te ge­schla­fen und nicht auf sie ge­war­tet. Er sah sie in
der Tür­öff­nung ste­hen. Sie ver­such­te, einen Arm­voll rie­si­ger Chrysan­the­men
hin­durch­zu­zwän­gen. Er sah ihr Ge­sicht nicht. Er sah nur ih­re Ge­stalt und die
großen, hel­len Dol­den der Blu­men. »Was ist denn das?« sag­te er. »Ein Wald von
Chrysan­the­men. Was um Him­mels wil­len soll das be­deu­ten?«
    Jo­an brach­te die Blu­men durch die Tür und warf sie mit
ei­nem Schwung auf das Bett. Die Blü­ten wa­ren feucht und kühl, und die Blät­ter
ro­chen stark nach Herbst und Er­de. »Ge­schen­ke«, sag­te sie. »Seit ich dich
ken­ne, fan­ge ich an, Ge­schen­ke zu be­kom­men.«
    »Nimm sie weg. Ich bin noch nicht tot. Un­ter Blu­men zu
lie­gen – Chrysan­the­men noch da­zu –, das gu­te al­te Bett des Ho­tels In­ter­na­tio­nal
sieht ja aus wie ein Sarg.«
    »Nein!« Jo­an raff­te mit ei­ner hef­ti­gen Be­we­gung die
Blu­men zu­sam­men und warf sie auf den Bo­den. »Sprich nicht so! Nie!« Ra­vic sah
sie an. Er hat­te ver­ges­sen ge­habt, wie sie sich ken­nen­ge­lernt hat­ten. »Ver­giß
es!« sag­te er. »Ich ha­be mir nichts da­bei ge­dacht.«
    »Sprich nie wie­der so. Auch nicht im Scherz. Ver­sprich es
mir.«
    Ih­re Lip­pen zit­ter­ten. »Aber Jo­an …«, sag­te er.
»Er­schreckt es dich wirk­lich so?«
    »Ja. Es ist mehr als Er­schre­cken. Ich weiß nicht, was.«
    Ra­vic stand auf. »Ich wer­de nie wie­der Wit­ze dar­über
ma­chen. Bist du nun zu­frie­den?«
    Sie nick­te an sei­ner Schul­ter. »Ich weiß nicht, was es
ist. Ich kann es ein­fach nicht er­tra­gen. Es ist, als ob ei­ne Hand aus dem
Dun­keln nach mir grei­fe. Es ist Angst – be­sin­nungs­lo­se Angst, als war­te es
ir­gend­wo auf mich.« Sie schmieg­te sich an ihn. »Laß es nicht zu.«
    Ra­vic hielt sie fest in sei­nem Arm. »Nein – ich las­se es
nicht zu.«
    Sie nick­te wie­der. »Du kannst es doch ...«
    »Ja«, sag­te er mit ei­ner Stim­me voll Trau­er und Hohn und
dach­te an Ka­te Hegström. »Ich kann es, na­tür­lich kann ich es ...«
    Sie rühr­te sich in sei­nem Arm. »Ich war ges­tern hier ...«
    Ra­vic reg­te sich nicht. »Warst du?«
    »Ja.«
    Er schwieg. Wie da et­was ver­weh­te! Wie kin­disch er
ge­we­sen war! War­ten oder Nicht­war­ten – wo­zu das al­les? Ein tö­rich­tes Spiel mit
je­mand, der nicht spiel­te.
    »Du warst nicht da ...«
    »Nein.«
    »Ich weiß, ich soll­te dich nicht fra­gen, wo du warst...«
    »Nein.«
    Sie lös­te sich von ihm. »Ich möch­te ba­den«, sag­te sie mit
ver­än­der­ter Stim­me. »Ich bin kalt. Kann ich das noch? Oder weckt das das Ho­tel
auf?«
    Ra­vic lä­chel­te. »Frag nicht nach den Kon­se­quen­zen, wenn
du et­was tun willst. Sonst tust du es nie.«
    Sie sah ihn an. »In klei­nen Din­gen soll man schon fra­gen.
In großen nie.«
    »Auch rich­tig.«
    Sie ging ins Ba­de­zim­mer und ließ das Was­ser ein. Ra­vic
setz­te sich ans Fens­ter und zog ei­ne Schach­tel Zi­ga­ret­ten her­vor. Über den
Dä­chern drau­ßen stand der röt­li­che Wi­der­schein der Stadt, in dem laut­los der
Schnee wir­bel­te. Ein Ta­xi kläff­te durch die Stra­ßen. Die Chrysan­the­men schim­mer­ten
bleich auf dem Fuß­bo­den. Auf dem So­fa lag ei­ne Zei­tung. Er hat­te sie abends
mit­ge­bracht. – Kämp­fe an der tsche­chi­schen Gren­ze, Kämp­fe in Chi­na, ein
Ul­ti­ma­tum, ein ge­stürz­tes Ka­bi­nett. Er nahm die Zei­tung und schob sie un­ter die
Blu­men.
    Jo­an kam aus dem Ba­de­zim­mer. Sie war warm und hock­te
sich auf den Bo­den ne­ben ihn, zwi­schen die Blu­men. »Wo warst du ges­tern nacht?«
frag­te sie.
    Er reich­te ihr ei­ne Zi­ga­ret­te her­über. »Willst du es
wirk­lich wis­sen?«
    »Ja.«
    Er zö­ger­te. »Ich

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