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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arc de Triomphe
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glück­lich
bist. Ich bin ganz glück­lich. Ich wa­che auf mit dir, und ich ge­he schla­fen mit
dir. Ich weiß nichts an­de­res. Mein Kopf ist aus Sil­ber, wenn ich an uns den­ke,
und manch­mal wie ei­ne Vio­li­ne. Die Stra­ßen sind voll von uns wie von Mu­sik, und
ab und zu re­den Men­schen hin­ein, und wie im Film glei­ten Bil­der vor­bei, aber
die Mu­sik bleibt. Sie bleibt im­mer.«
    Vor ein paar Wo­chen noch warst du un­glück­lich, dach­te
Ra­vic, und kann­test mich nicht. Ein leich­tes Glück! Er trank das Glas Cal­va­dos
aus. »Warst du oft glück­lich?« frag­te er.
    »Nicht oft.«
    »Aber manch­mal. Wann war dein Kopf das letz­te­mal aus
Sil­ber?«
    »Wo­zu fragst du das?«
    »Um et­was zu fra­gen. Oh­ne Grund.«
    »Ich ha­be es ver­ges­sen. Ich will es auch nicht mehr
wis­sen. Es war an­ders.«
    »Es ist im­mer an­ders.«
    Sie lä­chel­te ihm zu. Ihr Ge­sicht war hell und of­fen wie
ei­ne Blu­me mit we­ni­gen Blü­ten­blät­tern, die nichts ver­steckt. »Vor zwei Jah­ren«,
sag­te sie. »Es dau­er­te nicht lan­ge. In Mai­land.«
    »Warst du da­mals al­lein?«
    »Nein. Ich war schon mit je­mand an­de­rem. Er war sehr
un­glück­lich und ei­fer­süch­tig und ver­stand es nicht.«
    »Na­tür­lich nicht.«
    »Du wür­dest es ver­ste­hen. Er mach­te furcht­ba­re Sze­nen.«
Sie rück­te sich zu­recht, zog ein Kis­sen vom So­fa und schob es hin­ter den
Rücken. Dann lehn­te sie sich ge­gen das So­fa. »Er be­schimpf­te mich. Ich sei ei­ne
Hu­re und un­treu und un­dank­bar. Es war nicht wahr. Ich war ihm treu, so­lan­ge ich
ihn lieb­te. Er ver­stand nicht, daß ich ihn nicht mehr lieb­te.«
    »Das ver­steht man nie.«
    »Doch, du wür­dest es ver­ste­hen. Aber ich wer­de dich auch
im­mer lie­ben. Du bist an­ders, und al­les ist an­ders mit uns. Er woll­te mich
tö­ten.« Sie lach­te. »Im­mer wol­len sie einen tö­ten. Ein paar Mo­na­te spä­ter
woll­te mich der an­de­re tö­ten. Sie tun das nie. Du wür­dest mich nie tö­ten
wol­len.«
    »Höchs­tens mit Cal­va­dos«, sag­te Ra­vic. »Gib mir die
Fla­sche mal her. Die Un­ter­hal­tung wird gott­lob mensch­li­cher. Vor ein paar
Mi­nu­ten war ich ziem­lich er­schro­cken.«
    »Weil ich dich lie­be?«
    »Wir wol­len nicht wie­der da­von an­fan­gen. Das ist wie
Spa­zie­ren­ge­hen in Reif­rock und Pe­rücke. Wir sind zu­sam­men – für kurz oder lang,
wer weiß das? Wir sind zu­sam­men, das ist ge­nug. Wo­zu brau­chen wir dann ein
Eti­kett?«
    »Für kurz oder lang ge­fällt mir nicht. Aber das sind ja
nur Wor­te. Du wirst mich nicht ver­las­sen. Das sind auch nur Wor­te, und du weißt
es.«
    »Na­tür­lich. Hat dich schon ein­mal je­mand ver­las­sen, den
du lieb­test?«
    »Ja.« Sie sah ihn an. »Ei­ner ver­läßt doch im­mer. Manch­mal
ist der an­de­re schnel­ler.«
    »Und was hast du ge­tan?«
    »Al­les!« Sie nahm das Glas aus sei­ner Hand und trank den
Rest aus. »Al­les! Aber es hat nichts ge­nutzt. Ich war ent­setz­lich un­glück­lich.«
    »Lan­ge?«
    »Ei­ne Wo­che.«
    »Das ist nicht lan­ge.«
    »Es ist ei­ne Ewig­keit,
wenn man wirk­lich un­glück­lich ist. Ich war so, mit al­lem, was ich bin,
un­glück­lich, daß nach ei­ner Wo­che al­les er­schöpft war. Mein Haar war
un­glück­lich, mei­ne Haut, mein Bett, mei­ne Klei­der so­gar. Ich war so voll
Un­glück, daß nichts sonst exis­tier­te. Und wenn nichts an­de­res exis­tiert, fängt
Un­glück an, kein Un­glück mehr zu sein – weil nichts mehr da ist, wo­mit man es
ver­glei­chen kann. Dann ist es nur noch völ­li­ge Er­schöp­fung. Und dann ist es
vor­bei. Man fängt lang­sam wie­der an zu le­ben.«
    Sie küß­te sei­ne Hand. Er fühl­te die wei­chen, be­hut­sa­men
Lip­pen. »Was denkst du?« frag­te sie.
    »Nichts«, sag­te er. »Nichts, als daß du von ei­ner wil­den
Un­schuld bist. Völ­lig kor­rupt und über­haupt nicht. Das Ge­fähr­lichs­te auf der
Welt. Gib mir mal das Glas. Ich will auf mei­nem Freund Mo­ro­sow, den Ken­ner des
mensch­li­chen Her­zens, trin­ken.«
    »Ich mag Mo­ro­sow nicht. Kön­nen wir nicht auf et­was
an­de­res trin­ken?«
    »Na­tür­lich magst du ihn nicht. Er hat gu­te Au­gen. Laß uns
auf dich trin­ken.«
    »Auf mich?«
    »Ja, auf dich.«
    »Ich bin nicht ge­fähr­lich«, sag­te Jo­an. »Ich

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