Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arc de Triomphe
Vom Netzwerk:
Aus­ga­ben vor­bei.
Mo­ro­sow kauf­te den »Pa­ris Soir« und den »In­tran­si­geant«. Er über­flog die
Über­schrif­ten und schob dann die Zei­tung bei­sei­te. »Falsch­mün­zer«, knurr­te er.
»Hast du schon mal be­merkt, wie wir im Zeit­al­ter der Falsch­mün­zer le­ben?«
    »Nein. Ich dach­te, wir leb­ten im Zeit­al­ter der
Kon­ser­ven.«
    »Kon­ser­ven? Wie­so?«
    Ra­vic zeig­te auf die Zei­tun­gen. »Wir brau­chen nicht mehr
zu den­ken. Al­les ist vor­ge­dacht, vor­ge­kaut, vor­ge­fühlt. Kon­ser­ven. Nur
auf­zu­ma­chen. Drei­mal am Ta­ge ins Haus ge­lie­fert. Nichts mehr selbst zu zie­hen,
wach­sen zu las­sen, auf dem Feu­er der Fra­gen, des Zwei­fels und der Sehn­sucht zu
ko­chen. Kon­ser­ven.« Er grins­te. »Wir le­ben nicht leicht, Bo­ris. Nur bil­lig.«
    »Wir le­ben als Falsch­mün­zer.« Mo­ro­sow hob die Zei­tun­gen
hoch. »Sieh dir das an. Ih­re Waf­fen­fa­bri­ken bau­en sie, weil sie Frie­den wol­len;
ih­re Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger, weil sie die Wahr­heit lie­ben; Ge­rech­tig­keit ist der
Deck­man­tel für je­de Par­tei­ra­se­rei; po­li­ti­sche Gangs­ter sind Er­lö­ser, und
Frei­heit ist das große Wort für al­le Gier nach Macht. Falsches Geld! Falsches
geis­ti­ges Geld! Die Lü­ge der Pro­pa­gan­da. Kü­chen­mac­chia­vel­lis­mus. Der Idea­lis­mus
in den Hän­den der Un­ter­welt. Wenn sie noch we­nigs­tens ehr­lich wä­ren …« Er
knüll­te die Blät­ter zu­sam­men und warf sie fort.
    »Wir le­sen auch zu­viel Zei­tun­gen in Zim­mern«, sag­te
Ra­vic.
    Mo­ro­sow lach­te. »Na­tür­lich. Im Frei­en braucht man sie, um
Feu­er ...«
    Er hielt in­ne. Ra­vic saß nicht mehr ne­ben ihm. Er war
auf­ge­sprun­gen und dräng­te sich durch die Men­ge vor dem Café in der Rich­tung zur
Ave­nue Ge­or­ge V.
    Mo­ro­sow saß nur ei­ne Se­kun­de über­rascht da. Dann zog er
Geld aus der Ta­sche, warf es in einen der Por­zel­lan­un­ter­sät­ze un­ter den Glä­sern
und folg­te Ra­vic. Er wuß­te nicht, was los war, aber er folg­te ihm auf al­le
Fäl­le, um da­zu­sein, wenn er ihn brauch­te. Er sah kei­ne Po­li­zei. Auch nicht, daß
ein Zi­vil­de­tek­tiv hin­ter Ra­vic her war. Der Bür­ger­steig war ge­packt voll von
Men­schen. Gut für ihn, dach­te Mo­ro­sow. Wenn ein Po­li­zist ihn wie­der­er­kannt hat,
kann er leicht ent­wi­schen. Er sah ihn erst wie­der, als er die Ave­nue Ge­or­ge V.
er­reich­te. Der Ver­kehr wech­sel­te ge­ra­de, und die ge­stau­ten Wa­gen­rei­hen schös­sen
vor­wärts. Ra­vic ver­such­te trotz­dem, die Stra­ße zu über­que­ren. Ein Ta­xi fuhr ihn
fast um. Der Chauf­feur tob­te. Mo­ro­sow pack­te Ra­vic von hin­ten am Arm und riß
ihn zu­rück. »Bist du ver­rückt?« schrie er. »Willst du Selbst­mord be­ge­hen? Was
ist los?«
    Ra­vic ant­wor­te­te nicht. Er starr­te zur an­de­ren Sei­te
hin­über. Der Ver­kehr war sehr dicht. Wa­gen schob sich an Wa­gen, vier Rei­hen
tief. Es war un­mög­lich, durch­zu­kom­men. Ra­vic stand am Ran­de des Trot­toirs,
vor­ge­beugt und starr­te hin­über.
    Mo­ro­sow schüt­tel­te ihn. »Was ist los? Po­li­zei?«
    »Nein.« Ra­vic ließ die Au­gen nicht von den glei­ten­den
Wa­gen.
    »Was denn? Was denn, Ra­vic?«
    »Haa­ke ...«
    »Was?« Mo­ro­sows Au­gen ver­eng­ten sich. »Wie sieht er aus?
– Rasch!«
    »Grau­er Man­tel ...«
    Der schril­le Pfiff des Ver­kehrs­po­li­zis­ten kam von der
Mit­te der Champs-Elysées her. Ra­vic stürz­te los, zwi­schen den letz­ten Wa­gen
hin­durch. Ein dun­kel­grau­er Man­tel – das war al­les, was er wuß­te. Er über­quer­te
die Ave­nue Ge­or­ge V. und die Rue de Bassa­no. Es gab plötz­lich Dut­zen­de von
grau­en Män­teln. Er fluch­te und dräng­te sich wei­ter, so rasch er konn­te. An der
Rue de Ga­lilée war der Ver­kehr ge­stoppt. Er über­quer­te sie ei­lig und schob sich
rück­sichts­los vor­wärts durch die Men­schen­mas­se, wei­ter die Champs-Elysées
ent­lang. Er kam an die Rue de Pres­bourg, er lief über die Kreu­zung wei­ter und
stand plötz­lich still: Vor ihm lag der Place de l’Etoi­le, rie­sig, ver­wir­rend,
voll Ver­kehr, mit Stra­ßen­mün­dun­gen nach al­len Sei­ten. Vor­bei! Hier war nichts
mehr zu fin­den.
    Er kehr­te um, lang­sam,

Weitere Kostenlose Bücher