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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arc de Triomphe
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nick­te fei­er­lich zu­rück und
füll­te dann die bei­den Glä­ser zu ei­nem Drit­tel.
    »Ver­such das ein­mal«, sag­te Ra­vic zu Jo­an.
    Sie nahm einen Schluck und setz­te das Glas nie­der. Der
Kell­ner be­ob­ach­te­te sie. Sie sah Ra­vic er­staunt an. »So et­was ha­be ich noch nie
ge­habt«, sag­te sie und nahm einen zwei­ten Schluck. »Man trinkt es nicht, man
at­met es nur ein­fach ein.«
    »Das ist es, mei­ne Da­me«, er­klär­te der Kell­ner
be­frie­digt. »Sie ha­ben es er­faßt.«
    »Ra­vic«, sag­te Jo­an. »Du tust hier et­was Ge­fähr­li­ches.
Nach die­sem Cal­va­dos will ich nie mehr einen an­dern trin­ken.«
    »O doch, du wirst auch noch einen an­dern trin­ken.«
    »Aber ich wer­de im­mer von die­sem träu­men.«
    »Gut. Du wirst da­durch ein Ro­man­ti­ker. Ein
Cal­va­dos-Ro­man­ti­ker.«
    »Der an­de­re wird mir dann aber nicht mehr schme­cken.«
    »Im Ge­gen­teil, er wird dir so­gar noch bes­ser schme­cken,
als er in Wirk­lich­keit ist. Es wird ein Cal­va­dos mit Sehn­sucht nach ei­nem
an­dern Cal­va­dos sein. Das macht ihn dann be­reits we­ni­ger all­täg­lich.«
    Jo­an lach­te. »Das ist doch Un­sinn. Du weißt das auch.«
    »Na­tür­lich ist es Un­sinn. Aber wir le­ben von Un­sinn.
Nicht vom ma­gern Brot der Tat­sa­chen. Wo blie­be die Lie­be sonst?«
    »Was hat das mit Lie­be zu tun?«
    »Ei­ne Men­ge. Es sorgt für das Fort­be­ste­hen. Wir wür­den
sonst nur ein­mal lie­ben und al­les spä­ter ab­leh­nen. So aber wird das biß­chen
Sehn­sucht nach dem, den man ver­läßt oder der einen ver­läßt, schon zur Glo­rie um
den Schä­del des­sen, der nach­her kommt. Daß man aber vor­her et­was ver­lo­ren hat,
gibt dem Neu­en be­reits ei­ne ge­wis­se ro­man­ti­sche Ver­klä­rung. Ei­ne al­te, from­me
Gau­ke­lei.«
    Jo­an blick­te ihn an. »Ich fin­de es scheuß­lich, wenn du so
re­dest.«
    »Ich auch.«
    »Du soll­test das nicht tun. Nicht ein­mal im Scherz. Es
macht ein Wun­der zu ei­nem Trick.« Ra­vic ant­wor­te­te nicht.
    »Und es klingt, als wä­rest du schon mü­de und däch­test
dar­über nach, mich zu ver­las­sen.«
    Ra­vic sah sie mit ei­ner fer­nen Zärt­lich­keit an. »Dar­über
brauchst du nie nach­zu­den­ken, Jo­an. Wenn es ein­mal so­weit ist, wirst du mich
ver­las­sen. Nicht ich dich. Das ist si­cher.«
    Sie setz­te ihr Glas hart nie­der. »Was ist das für ein
Un­sinn! Ich wer­de dich nie ver­las­sen. Wo­hin willst du mich da wie­der
hin­ein­re­den?«
    Die Au­gen, dach­te Ra­vic. Als gin­gen Blit­ze da­hin­ter
nie­der. Sanf­te, röt­li­che Blit­ze von ei­nem Ge­wirr von Ker­zen. »Jo­an«, sag­te er.
»Ich will dich in nichts hin­ein­re­den. Aber ich will dir ein­mal die Ge­schich­te
von der Wel­le und dem Fel­sen er­zäh­len.
    Es ist ei­ne al­te Ge­schich­te. Äl­ter als wir. Hör zu. Es
war ein­mal ei­ne Wel­le, die lieb­te den Fel­sen ir­gend­wo im Meer, sa­gen wir in der
Bucht von Ca­pri. Sie um­schäum­te und um­braus­te ihn, sie küß­te ihn Tag und Nacht,
sie um­schlang ihn mit ih­ren wei­ßen Ar­men. Sie seufz­te und wein­te und fleh­te ihn
an, zu ihr zu kom­men, sie lieb­te ihn und um­schwärm­te ihn und un­ter­spül­te ihn
da­bei lang­sam, und ei­nes Ta­ges gab er nach und war ganz un­ter­spült und sank in
ih­re Ar­me.«
    Er nahm einen Schluck Cal­va­dos. »Und?« frag­te Jo­an.
    »Und plötz­lich war er kein Fel­sen mehr zum Um­spie­len, zum
Um­lie­ben und zum Um­trau­ern. Er war nur noch ein Stein­bro­cken auf dem
Mee­res­grund, un­ter­ge­gan­gen in ihr. Die Wel­le fühl­te sich ent­täuscht und
be­tro­gen und such­te sich dann einen neu­en Fel­sen.«
    »Und?« Jo­an sah ihn miß­trau­isch an. »Was heißt das schon?
Er hät­te eben ein Fel­sen blei­ben sol­len.«
    »Das sa­gen die Wel­len im­mer. Aber al­les Be­weg­li­che ist
stär­ker als al­les Star­re. Was­ser ist stär­ker als Fel­sen.«
    Sie mach­te ei­ne un­ge­dul­di­ge Be­we­gung. »Was hat das al­les
mit uns zu tun? Das ist doch nur ei­ne Ge­schich­te, die nichts be­deu­tet. Oder du
machst dich wie­der ein­mal lus­tig über mich. Wenn es ein­mal da­zu kommt, wirst du
mich ver­las­sen, das ist al­les, was ich be­stimmt weiß.«
    »Das«, sag­te Ra­vic la­chend, »wird die letz­te

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