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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der schwarze Obelisk
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den Kopf. «Ich hät­te einen Mo­nat Zeit, es zu be­reu­en.»
    «Du
könn­test un­ser La­ger ver­kau­fen an Holl­mann und Klotz, nach Ber­lin fah­ren und
einen Mo­nat mit Schau­spie­lern, Künst­lern und ele­gan­ten Hu­ren ein
atem­be­rau­ben­des Le­ben füh­ren.»
    «Der
Zas­ter wür­de nicht für acht Ta­ge rei­chen. Und die Da­men wür­den nur Bar­mäd­chen
sein. Au­ßer­dem le­se ich lie­ber dar­über. Phan­ta­sie ent­täuscht nie. Aber wie ist
es mit dir? Was wür­dest du ma­chen, wenn du wüß­test, daß du in vier Wo­chen
ster­ben wür­dest?»
    «Ich?»
sa­ge ich be­trof­fen.
    «Ja,
du.»
    Ich
bli­cke in die Run­de. Da ist der Gar­ten, grün und heiß, in al­len Far­ben des
Hoch­som­mers, da se­geln die Schwal­ben, da ist das end­lo­se Blau des Him­mels, und
oben aus sei­nem Fens­ter glotzt der al­te Knopf, der ge­ra­de aus sei­nem Rausch
er­wacht ist, in Ho­sen­trä­gern und ei­nem ka­rier­ten Hemd auf uns her­ab. «Ich muß
dar­über nach­den­ken», sa­ge ich. «So­fort kann ich es nicht sa­gen. Es ist zu­viel.
Ich ha­be jetzt nur das Ge­fühl, daß ich ex­plo­die­ren wür­de, wenn ich es so wüß­te,
daß es mir als ge­nug er­schie­ne.»
    «Den­ke
nicht zu stark nach; sonst müs­sen wir dich zu Wer­ni­cke brin­gen. Aber nicht zum
Or­gel­spie­len.»
    «Das
ist es», sa­ge ich. «Wahr­haf­tig, das ist es! Wenn wir es ganz er­ken­nen könn­ten,
wür­den wir ver­rückt.»
    «Noch
ein Glas Bier?» fragt Frau Kroll durch das Kü­chen­fens­ter. «Es ist auch
Him­beer­kom­pott da. Fri­sches.»
    «Ge­ret­tet!»
sa­ge ich. «Sie ha­ben mich so­eben ge­ret­tet, gnä­di­ge Frau. Ich war wie ein Pfeil
auf dem We­ge zur Son­ne und zu Wer­ni­cke. Gott sei Dank, al­les ist noch da!
Nichts ist ver­brannt! Das sü­ße Le­ben spielt noch mit Schmet­ter­lin­gen und
Flie­gen um uns her­um, es ist nicht in Asche zer­stäubt, es ist da, es hat noch
al­le sei­ne Ge­set­ze, auch die, die wir ihm an­ge­legt ha­ben wie ei­nem Voll­blut ein
Ge­schirr! Trotz­dem, kein Him­beer­kom­pott zu Bier, bit­te! Da­für aber ein Stück
flie­ßen­den Har­zer Kä­se. Gu­ten Mor­gen, Herr Knopf! Ein schö­ner Tag! Was hal­ten
Sie vom Le­ben?»
    Knopf
starrt mich an. Sein Ge­sicht ist grau, und un­ter sei­nen Au­gen hän­gen Sä­cke.
Nach ei­ner Wei­le winkt er ver­är­gert ab und schließt sein Fens­ter. «Woll­test du
nicht noch was von ihm?» fragt Ge­org.
    «Ja,
aber erst heu­te abend.»
    Wir
tre­ten
bei Eduard Kno­b­loch ein. «Sieh da», sa­ge ich und blei­be ste­hen, als wä­re ich
ge­gen einen Baum ge­rannt. «So spielt das Le­ben schein­bar auch! Ich hät­te es
ah­nen sol­len!»
    In
der Wein­ab­tei­lung sitzt Ger­da an ei­nem Tisch, auf dem ein Bu­kett Ti­ger­li­li­en
steht. Sie ist al­lein und hackt ge­ra­de auf ein Stück Rehrücken ein, das fast so
groß ist wie der Tisch. «Was sagst du da­zu?» fra­ge ich Ge­org. «Riecht das nicht
nach Ver­rat?»
    «War
et­was zu ver­ra­ten?» fragt Ge­org zu­rück.
    «Nein.
Aber wie wä­re es mit Ver­trau­ens­bruch?»
    «War
ein Ver­trau­en zu bre­chen?»
    «Laß
das, So­kra­tes!» er­wi­de­re ich. «Siehst du nicht, daß Eduards di­cke Pfo­ten hier
im Spie­le sind?»
    «Das
se­he ich. Aber wer hat dich ver­ra­ten? Eduard oder Ger­da?»
    «Ger­da!
Wer sonst? Der Mann hat nie et­was da­mit zu tun.»
    «Die
Frau auch nicht.»
    «Wer
denn?»
    «Du.
Wer sonst?»
    «Gut»,
sa­ge ich. «Du hast leicht re­den. Du wirst nicht be­tro­gen. Du be­trügst selbst.»
    Ge­org
nickt selbst­ge­fäl­lig. «Lie­be ist ei­ne Sa­che des Ge­fühls», do­ziert er. «Kei­ne
der Mo­ral. Ge­fühl aber kennt kei­nen Ver­rat. Es nimmt zu, schwin­det oder
wech­selt – wo ist da Ver­rat? Es ist kein Kon­trakt. Hast du Ger­das Oh­ren nicht
mit dei­nem Schmerz um Er­na voll­ge­heult?»
    «Nur
im An­fang. Sie war ja da­bei, als der Krach in der Ro­ten Müh­le pas­sier­te.»
    «Dann
jam­me­re jetzt nicht. Ver­zich­te oder hand­le.»
    Ein
Tisch ne­ben uns wird frei. Wir set­zen uns. Der Kell­ner Frei­dank räumt ab. «Wo
ist Herr Kno­b­loch?» fra­ge ich.
    Frei­dank
sieht sich um. «Ich weiß nicht – er war die gan­ze Zeit an dem Tisch mit der
Da­me drü­ben.»
    «Ein­fach,
was?» sa­ge ich zu Ge­org. «So­weit wä­ren wir. Ich bin ein

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