E.M. Remarque
Für den eleganten Vornamen und den
Beruf ist der Anzug ziemlich stark abgetragen. Die Krawatte ist neu; ebenso die
orangefarbenen Strümpfe – wahrscheinlich sind es die ersten Geschenke der
glücklichen Braut.
Der
Kampf wogt hin und her. Frau Niebuhr behauptet anfangs, das Mausoleum überhaupt
nicht bestellt zu haben. «Haben Sie etwas Schriftliches?» fragt sie
triumphierend.
Wir
haben nichts Schriftliches. Georg erklärt milde, das sei nicht nötig in unserem
Beruf. Beim Tode sei Treu und Glauben noch gültig. Wir hätten außerdem ein
Dutzend Zeugen. Frau Niebuhr habe unsere Steinmetzen, unseren Bildhauer und uns
selbst verrückt genug gemacht mit all ihren Ansprüchen. Außerdem habe sie ja
eine Anzahlung geleistet.
«Das
ist es ja gerade», erklärt Frau Niebuhr mit schöner Logik. «Die Anzahlung
wollen wir zurückhaben.»
«Sie
haben das Mausoleum also bestellt?»
«Ich
habe es nicht bestellt. Ich habe es nur anbezahlt.»
«Was
sagen Sie zu dieser Erklärung, Herr Lehmann?» frage ich. «In Ihrer Eigenschaft
als Industrieberater.»
«Das
gibt’s», erwidert Ralph als Kavalier und will uns den Unterschied erklären.
Georg unterbricht ihn. Er erklärt, daß über die Vorauszahlung auch nichts
Schriftliches vorliege. «Was?» Ralph wendet sich an Frau Niebuhr. «Emilie! Du
hast keine Quittung?»
«Ich
weiß nicht», stottert Frau Niebuhr. «Wer kann denn wissen, daß die hier auf
einmal behaupten, ich hätte nichts bezahlt! Solche Betrüger!»
«So
eine Dämlichkeit!»
Emilie
verkleinert sich. Ralph starrt sie wütend an. Er ist plötzlich kein Kavalier
mehr. Lieber Gott, denke ich, vorher hatte sie einen Walfisch – jetzt hat sie
einen Hai gefangen.
«Niemand
behauptet, Sie hätten nichts bezahlt», sagt Georg. «Wir haben nur gesagt, es
liege ebensowenig etwas Schriftliches darüber vor wie über die Bestellung.»
Ralph
erholt sich. «Na also.»
«Im
übrigen», erklärt Georg, «sind wir bereit, das Denkmal zurückzunehmen, wenn Sie
es nicht haben wollen.»
«Na
also», wiederholt Ralph. Frau Niebuhr nickt eifrig. Ich starre Georg an. Das
Mausoleum wird ein zweiter Ladenhüter werden; ein Bruder des Obelisken.
«Und
die Anzahlung?» fragt Ralph.
«Die
Anzahlung verfällt natürlich», sage ich. «Das ist immer so.»
«Was?»
Ralph zieht die Weste herunter und strafft sich. Ich sehe, daß auch seine Hosen
zu kurz und zu eng sind. «Das wäre ja gelacht!» sagt er. «So wird bei uns nicht
geschossen.»
«Bei
uns auch nicht. Gewöhnlich haben wir Kunden, die abnehmen, was sie bestellen.»
«Wir
haben ja gar nichts bestellt», mischt sich Emilie mit neuem Mut ein. Die
Kirschen auf ihrem Hut wippen. «Außerdem war der Preis viel zu hoch.»
«Ruhe,
Emilie!» schnauzt Ralph. Sie duckt sich, erschreckt und selig über so viel
Männlichkeit. «Es gibt noch Gerichte», fügt Ralph drohend hinzu.
«Das
hoffen wir.»
«Führen
Sie Ihre Bäckerei auch nach Ihrer Ehe weiter?» fragt Georg Emilie.
Die
ist so erschrocken, daß sie wortlos ihren Verlobten anblickt.
«Klar»,
erwidert Ralph. «Neben unseren Industriegeschäften natürlich. Warum?»
«Die
Brötchen und der Kuchen waren immer besonders gut.»
«Danke»,
sagt Emilie geziert. «Und wie ist es mit der Anzahlung?»
«Ich
mache Ihnen einen Vorschlag», erklärt Georg und läßt plötzlich seinen Charme
spielen. «Liefern Sie uns einen Monat lang jeden Morgen zwölf Brötchen und
jeden Nachmittag sechs Stücke Obstkuchen gratis – dann zahlen wir Ihnen am Ende
des Monats die Anzahlung zurück, und Sie brauchen das Mausoleum nicht zu
nehmen.»
«Gemacht»,
sagt Frau Niebuhr sofort.
«Ruhe,
Emilie!» Ralph knufft sie in die Rippen. «Das möchten Sie wohl», sagt er giftig
zu Georg. «In einem Monat zurückzahlen! Und was ist dann das Geld
Weitere Kostenlose Bücher