E.M. Remarque
Ohne Federbusch und nur mit
einem gußeisernen Pferd.»
Zum
Glück kommt Willy in diesem Moment herein. Er ist an Ottos Verwandlung zum
Manne aus reiner Neugierde interessiert und zahlt, ohne mit der Wimper zu
zucken, die Differenz. Dann bestellt er Schnaps für alle und erklärt, daß er
heute fünfundzwanzig Millionen an seinen Aktien verdient habe. Einen Teil davon
will er versaufen. «Fort mit dir nun, Knabe», sagt er zu Otto.
«Und
komm als Mann wieder!» Otto verschwindet.
Ich
setze mich zu Fritzi. Die alten Dinge sind längst vergessen; sie betrachtet uns
nicht mehr als halbe Kinder, seit ihr Sohn im Kriege gefallen ist. Er war
Unteroffizier und erhielt seinen Schuß drei Tage vor dem Waffenstillstand. Wir
unterhalten uns über die Zeiten vor dem Kriege. Sie erzählt mir, daß ihr Sohn
in Leipzig Musik studiert habe. Er wollte Oboebläser werden. Neben uns döst die
gewaltige Puffmutter, eine Dogge auf den Knien. Plötzlich ertönt von oben ein Schrei.
Getöse folgt, und dann erscheint Otto in Unterhosen, verfolgt von dem wütenden
Eisernen Pferd, das mit einer blechernen Waschschale auf ihn einschlägt. Otto
hat einen schönen Stil im Laufen, er rast durch die Tür nach draußen, und wir
halten zu dritt das Eiserne Pferd an. «Diese verdammte halbe Portion!» keucht
es. «Sticht mit einem Messer auf mich los!»
«Es
war kein Messer», sage ich ahnungsvoll.
«Was?»
Das Eiserne Pferd dreht sich um und deutet auf einen roten Fleck über der
schwarzen Wäsche.
«Es
blutet ja nicht. Es war nur eine Nagelfeile.»
«Eine
Nagelfeile?» Das Pferd starrt mich an. «Das habe ich noch nicht gekannt! Und
dieser Jammerprinz sticht mich, statt ich ihn! Habe ich meine hohen Stiefel
umsonst? Habe ich meine Peitschensammlung für nichts? Ich will anständig sein
und ihm als Zugabe eine leichte Probe von Sadismus geben, ziehe ihm nur so
spielerisch einen kleinen Schlag über seine mageren Keulen, und die
heimtückische Brillenschlange geht mit einer Taschenfeile auf mich los! Ein
Sadist! Brauche ich Sadisten? Ich, der Traum der Masochisten? So eine
Beleidigung!»
Wir
beruhigen sie mit einem Doppelkümmel. Dann halten wir Ausschau nach Bambuss. Er
steht hinter einem Fliederbusch und befühlt seinen Kopf.
«Komm,
Otto, die Gefahr ist vorüber», ruft Hungermann.
Bambuss
weigert sich. Er verlangt, daß wir ihm seine Kleider rauswerfen. «Das gibt es
nicht», erklärt Hungermann. «Drei Millionen sind drei Millionen! Wir haben für
dich bezahlt.»
«Verlangt
das Geld zurück! Ich lasse mich nicht verhauen.»
«Geld
verlangt ein Kavalier nie von einer Dame zurück. Und wir werden aus dir einen
Kavalier machen, selbst wenn wir dir den Schädel einschlagen müssen. Der
Peitschenhieb war eine Freundlichkeit. Das Eiserne Pferd ist eine Sadistin.»
«Was?»
«Eine
strenge Masseuse. Wir haben nur vergessen, es dir zu sagen. Aber du solltest
froh sein, so etwas zu erleben. Es ist selten in Kleinstädten!»
«Ich
bin nicht froh. Werft mir meine Sachen rüber.»
Es
gelingt uns, ihn wieder hereinzubekommen, nachdem er sich hinter dem Fliederbusch
angezogen hatte. Wir geben ihm etwas zu trinken, aber er ist nicht zu bewegen,
den Tisch zu verlassen. Er behauptet, die Stimmung sei weg. Hungermann macht
schließlich einen Vertrag mit dem Eisernen Pferd und der Madame. Bambuss soll
das Recht haben, innerhalb einer Woche wiederzukommen, ohne daß eine
Nachzahlung verlangt wird.
Wir
trinken weiter. Nach einiger Zeit merke ich, daß Otto trotz allem Feuer
gefangen zu haben scheint. Er schielt jetzt ab und zu nach dem Eisernen Pferd
hinüber und kümmert sich um keine der anderen Damen. Willy läßt weiteren Kümmel
anfahren. Nach einer Weile vermissen wir Eduard. Er taucht eine halbe Stunde
später schwitzend
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