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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der schwarze Obelisk
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Le­ben so schwer ge­macht
hat, be­vor wir zum Hel­den­tod zu­ge­las­sen wur­den. Ge­nau­so, im Dun­keln. Ein
schau­ri­ger Hoch­ge­nuß, Hel­le am Ge­nick zu ha­ben und ihn zu schän­den. Ha­be nie
ge­wußt, daß mir das Spaß ma­chen wür­de, das kannst du mir glau­ben!»
    «Ich
glau­be es dir.»
    Wir
ge­hen durch die dunklen, blü­hen­den Gär­ten. Ge­ruch von un­be­kann­ten Blu­men weht
her­über. «Wie süß das Mond­licht auf den Hü­geln schläft», sagt je­mand und hebt
sich wie ein Ge­spenst vom Bo­den auf.
    Es
ist Hun­ger­mann. Er ist naß wie Matt­hi­as Grund. «Was ist los?» fra­ge ich. «Bei
uns hat es nicht ge­reg­net.»
    «Eduard
hat uns aus­ge­setzt. Wir san­gen ihm zu laut. Der re­spek­ta­ble Ho­tel­wirt! Als ich
Ot­to dann et­was er­fri­schen woll­te, sind wir bei­de in den Bach ge­fal­len.»
    «Ihr
auch? Wo ist Ot­to? Sucht er nach Matt­hi­as Grund?»
    «Er
fischt.» – «Was?»
    «Ver­dammt!»
sagt Hun­ger­mann. «Hof­fent­lich ist er nicht um­ge­fal­len. Er kann nicht
schwim­men.»
    «Un­sinn.
Der Bach ist doch nur einen Me­ter tief.»
    «Ot­to
könn­te auch in ei­ner Pfüt­ze er­trin­ken. Er liebt sei­ne Hei­mat.»
    Wir
fin­den Bam­buss, wie er sich an ei­ner Brücke über den Bach fest­hält und den
Fi­schen pre­digt.
    «Ist
dir schlecht, Fran­zis­kus?» fragt Hun­ger­mann.
    «Ja­wohl»,
er­wi­dert Bam­buss und ki­chert, als wä­re das irr­sin­nig ko­misch. Dann klap­pert er
mit den Zäh­nen.
    «Kalt»,
stam­melt er. «Ich bin kein Frei­luft­mensch.»
    Wil­ly
zieht ei­ne Fla­sche Küm­mel aus der Ta­sche. «Wer ret­tet euch mal wie­der? On­kel
Wil­ly, der Um­sich­ti­ge. Ret­tet euch vor Lun­gen­ent­zün­dung und küh­lem Tod.»
    «Scha­de,
daß wir Eduard nicht da­bei ha­ben», sagt Hun­ger­mann. «Sie könn­ten ihn dann auch
ret­ten und mit Herrn Va­len­tin Busch ein Kom­pa­nie­ge­schäft auf­ma­chen. Die Ret­ter
Eduards. Das wür­de ihn tö­ten.»
    «Las­sen
Sie die fau­len Wit­ze», sagt Va­len­tin, der hin­ter ihm steht. «Ka­pi­tal soll­te
Ih­nen hei­lig sein, oder sind Sie Kom­mu­nist? Ich tei­le mit nie­man­dem. Eduard
ge­hört mir.»
    Wir
trin­ken al­le. Der Küm­mel fun­kelt wie ein gel­ber Dia­mant im Mond­licht. «Woll­test
du noch ir­gend­wo­hin?» fra­ge ich Wil­ly.
    «Zu
Bo­do Led­der­ho­ses Ge­sang­ver­ein. Kommt mit. Ihr könnt euch da trock­nen.»
    «Groß­ar­tig»,
sagt Hun­ger­mann.
    Es
kommt kei­nem in den Sinn, daß es ein­fa­cher wä­re, nach Hau­se zu ge­hen. Nicht
ein­mal dem Dich­ter des To­des. Flüs­sig­keit scheint heu­te abend ei­ne mäch­ti­ge
An­zie­hungs­kraft zu ha­ben.
    Wir
ge­hen wei­ter, den Bach ent­lang. Der Mond schim­mert im Was­ser. Man kann ihn
trin­ken – wer hat das noch ir­gend­wann ein­mal ge­sagt?

XV
    Der spä­te Som­mer hängt
schwül über der Stadt, der Dol­lar ist um wei­te­re zwei­hun­dert­tau­send Mark
ge­stie­gen, der Hun­ger hat sich ge­mehrt, die Prei­se ha­ben sich er­höht, und das
Gan­ze ist sehr ein­fach: Die Prei­se stei­gen schnel­ler als die Löh­ne – al­so
ver­sinkt der Teil des Vol­kes, der von Löh­nen, Ge­häl­tern, Ein­kom­men, Ren­ten
lebt, mehr und mehr in hoff­nungs­lo­ser Ar­mut, und der an­de­re er­stickt in
Un­ge­wis­sem Reich­tum. Die Re­gie­rung sieht zu. Sie wird durch die In­fla­ti­on ih­re
Schul­den los; daß sie gleich­zei­tig das Volk ver­liert, sieht nie­mand.
    Das
Mau­so­le­um für Frau Nie­buhr ist fer­tig. Es ist scheuß­lich, ei­ne Stein­bu­de mit
far­bi­gem Glas, Bron­ze­ket­ten und Kies­we­gen, ob­schon kei­ne der Bild­hau­er­ar­bei­ten
ge­macht wor­den ist, die ich ihr ge­schil­dert ha­be; aber jetzt will sie es
plötz­lich nicht ab­neh­men. Sie steht im Hof, einen bun­ten Son­nen­schirm in der
Hand, einen Stroh­hut mit la­ckier­ten Kir­schen auf dem Kopf und ei­ne Ket­te von falschen
Per­len um den Hals. Ne­ben ihr steht ein In­di­vi­du­um in ei­nem et­was zu en­gen
ka­rier­ten An­zug, das Ga­ma­schen über den Schu­hen trägt. Der Blitz hat
ein­ge­schla­gen, die Trau­er ist vor­bei, Frau Nie­buhr hat sich ver­lobt. Nie­buhr
ist ihr mit ei­nem Schla­ge gleich­gül­tig ge­wor­den. Das In­di­vi­du­um heißt Ralph
Leh­mann und nennt sich In­dus­trie­be­ra­ter.

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