E.M. Remarque
nach einer Zigarette. Wie kann eine Frau so etwas sagen? denke ich.
Gerda hat mich beobachtet. «Wie kann eine Frau so etwas sagen, was?» sagt sie.
Ich
hebe die Schultern. Sie dehnt sich und blinzelt mir zu. Dann schließt sie
langsam ein Auge. Ich komme mir vor dem starren, geöffneten anderen auf einmal
wie ein Provinzschulmeister vor. Sie hat recht – wozu muß man immer alles mit
Prinzipien aufblasen? Warum es nicht nehmen, wie es ist? Was geht mich Eduard
an? Was ein Wort? Was ein Nerzmantel? Und wer betrügt wen? Eduard mich, oder
ich ihn, oder Gerda uns beide, oder wir beide Gerda, oder keiner keinen? Gerda
allein ist natürlich, wir aber sind Wichtigtuer und Nachschwätzer abgestandener
Phrasen. «Du glaubst, daß ich als Zuhälter hoffnungslos wäre?» frage ich.
Sie
nickt. «Frauen werden nicht deinetwegen mit einem anderen schlafen und dir das
Geld dafür bringen. Aber mach dir nichts daraus; die Hauptsache ist, daß sie
mit dir schlafen.»
Ich
will es vorsichtig dabei bewenden lassen, frage aber doch: «Und Eduard?»
«Was
geht dich Eduard an? Ich habe dir das doch gerade erklärt.»
«Was?»
«Daß
er ein Freier ist. Ein Mann mit Geld. Du hast keins. Ich aber brauche welches.
Verstanden?»
«Nein.»
«Das
brauchst du auch nicht, Schäfchen. Und beruhige dich – noch ist nichts los, und
es wird auch noch lange nichts los sein. Ich sage es dir schon zur Zeit. Und
nun mach kein Drama draus. Das Leben ist anders, als du denkst. Merk dir nur
eins: Recht hat immer der, der mit der Frau im Bett liegt. Weißt du, was ich
jetzt möchte?»
«Was?»
«Noch
eine Stunde schlafen – und dann ein Hammelragout mit Knoblauch für uns kochen,
mit viel Knoblauch ...»
«Kannst
du das hier?»
Gerda
zeigt auf einen alten Gasherd, der auf der Kommode steht. «Ich koche dir darauf
ein Diner für sechs Personen, wenn’s sein muß. Tschechisch! Du wirst staunen!
Dazu holen wir uns Bier vom Faß aus der Kneipe unten. Geht das mit deiner
Illusion über die Liebe zusammen? Oder zerbricht der Gedanke an Knoblauch etwas
Wertvolles in dir?»
«Nichts»,
erwidere ich und fühle mich korrumpiert, aber auch so leicht wie lange nicht.
XVI
So
eine
Überraschung!» sage ich. «Und das am frühen Sonntagmorgen!»
Ich
habe geglaubt, einen Räuber in der Dämmerung herumrumoren zu hören; aber als
ich herunterkomme, sitzt da, um fünf Uhr früh, Riesenfeld von den Odenwälder
Granitwerken. «Sie müssen sich geirrt haben», erkläre ich. «Heute ist der Tag
des Herrn. Da arbeitet selbst die Börse nicht. Noch weniger wir schlichten
Gottesleugner. Wo brennt es? Brauchen Sie Geld für die Rote Mühle?»
Riesenfeld
schüttelt den Kopf. «Einfacher Freundschaftsbesuch. Habe einen Tag zwischen
Löhne und Hannover. Bin gerade angekommen. Wozu jetzt noch ins Hotel gehen?
Kaffee gibt es ja bei Ihnen auch. Was macht die scharmante Dame von drüben?
Steht sie früh auf?»
«Aha!»
sage ich. «Die Brunst hat Sie also hergetrieben! Gratuliere zu soviel Jugend.
Aber Sie haben Pech. Sonntags ist der Ehemann zu Hause. Ein Athlet und
Messerwerfer.»
«Ich
bin Weltchampion im Messerwerfen», erwidert Riesenfeld ungerührt. «Besonders,
wenn ich zum Kaffee etwas Bauernspeck und einen Korn gehabt habe.»
«Kommen
Sie mit nach oben. Meine Bude sieht zwar noch wüst aus, aber ich kann Ihnen
dort Kaffee machen. Wenn Sie wollen, können Sie auch Klavier spielen, bis das
Wasser kocht.»
Riesenfeld
wehrt ab. «Ich bleibe hier. Die Mischung von Hochsommer, Morgenfrühe und
Denkmälern gefällt mir. Macht hungrig und lebenslustig. Außerdem steht hier der
Schnaps.»
«Ich
habe viel besseren oben.»
«Mir
genügt dieser.»
«Gut,
Herr Riesenfeld, wie Sie wollen!»
«Was
schreien Sie so?» fragt Riesenfeld. «Ich bin inzwischen nicht taub geworden.»
«Es
ist die Freude, Sie zu sehen, Herr Riesenfeld», erwidere
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