Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der schwarze Obelisk
Vom Netzwerk:
Das stand näm­lich nie in Ih­rem
Lehr­plan, Sie Ju­gend­mör­der! Sie al­ter Pflich­ten­bock ha­ben uns un­ser Da­sein so
ver­saut, daß wir glaub­ten, die Preu­ßen wä­ren ei­ne Be­frei­ung, Sie trost­lo­ser
Feld­we­bel des deut­schen Auf­sat­zes! Nur durch Sie sind wir zu Wüst­lin­gen
ge­wor­den! Sie al­lein tra­gen die Ver­ant­wor­tung für al­les! Und nun schie­ben Sie
ab, Sie Un­ter­of­fi­zier der Lan­ge­wei­le!»
    «Das
ist doch ...» Schim­mel stot­tert. Er ist jetzt to­ma­ten­rot.
    «Ge­hen
Sie nach Hau­se und neh­men Sie end­lich ein­mal ein Bad, Sie Schweiß­fuß des
Le­bens!»
    Schim­mel
ringt nach Atem. «Die Po­li­zei!» würgt er her­vor. «Fle­ge­li­ge Be­lei­di­gun­gen – ich
wer­de Ih­nen schon ...»
    «Sie
wer­den gar nichts», er­klärt Wil­ly. «Sie glau­ben im­mer noch, wir wä­ren Ih­re
Skla­ven für Le­bens­zeit. Al­les, was Sie tun wer­den, ist, die Ver­ant­wor­tung beim
Jüngs­ten Ge­richt da­für zu über­neh­men, daß Sie zahl­lo­sen Ge­ne­ra­tio­nen von jun­gen
Men­schen einen Haß auf Gott und al­les Gu­te und Schö­ne bei­ge­bracht ha­ben! Ich
möch­te bei der Auf­er­ste­hung der To­ten nicht in Ih­ren Kno­chen ste­cken, Schim­mel!
Die Fuß­trit­te, die Sie al­lein von un­se­rer Klas­se be­kom­men wer­den! Und dann
na­tür­lich das Pech und Feu­er der Höl­le hin­ter­her! Sie kön­nen das ja so gut
be­schrei­ben!»
    Schim­mel
er­stickt. «Sie wer­den von mir hö­ren!» stößt er her­vor und wen­det wie ei­ne
Kor­vet­te im Sturm.
    «Schim­mel!»
brüllt ei­ne mar­ki­ge Kom­man­do­stim­me hin­ter ihm her.
    Renée
wirkt, wie im­mer. Schim­mel wird her­um­ge­ris­sen vom trau­ten Kom­man­do­laut. «Was?
Wie bit­te? Wer –?» Sei­ne Au­gen su­chen die nächs­ten Ti­sche ab. «Sind Sie
ver­wandt mit dem Selbst­mör­der Schim­mel?» zwit­schert Renée.
    «Selbst­mör­der?
Was soll denn das? Wer hat mich ge­ru­fen?»
    «Ihr
Ge­wis­sen, Schim­mel», sa­ge ich.
    «Das
ist doch –!»
    Ich
er­war­te wei­ßen Schaum auf Schim­mels Lip­pen. Es ist ein Ge­nuß, die­sen Meis­ter
un­zäh­li­ger An­kla­gen end­lich ein­mal sprach­los zu se­hen. Wil­ly trinkt ihm zu.
«Auf Ihr Wohl, Sie bra­ve Ka­the­derhyä­ne! Und ge­hen Sie nicht mehr zu frem­den
Leu­ten an den Tisch, sie zu zen­sie­ren. Be­son­ders nicht, wenn Da­men da­bei sind.»
    Schim­mel
ent­schwin­det mit ei­nem son­der­bar kla­cken­den Laut – als wä­re nicht Cham­pa­gner,
son­dern ein Sel­ters­was­ser­ver­schluß in ihm ge­platzt. «Ich wuß­te, daß er es nicht
las­sen wür­de», sagt Wil­ly se­lig.
    «Du
warst erst­klas­sig», sa­ge ich. «Wie­so kam der Geist so ge­wal­tig über dich?»
    Wil­ly
grinst. «Die­se Re­de ha­be ich schon min­des­tens hun­dert­mal ge­hal­ten! Lei­der im­mer
al­lein, oh­ne Schim­mel. Des­halb weiß ich sie aus­wen­dig. Prost, Kin­der!»
    «Ich
kann nicht!» Eduard schüt­telt sich. «Schweiß­fuß des Le­bens! Das ist ein zu
grau­en­haf­tes Bild! Der Sekt schmeckt plötz­lich wie ein­ge­schla­fe­ne Fü­ße.»
    «Das
tat er vor­her auch schon», sa­ge ich geis­tes­ge­gen­wär­tig.
    «Was
für Kin­der ihr seid!» er­klärt Renée kopf­schüt­telnd.
    «Wir
wol­len es blei­ben. Alt­wer­den ist ein­fach.» Wil­ly grinst. «Eduard, die
Rech­nung!»
    Eduard
bringt die Rech­nung. Ei­ne für Wil­ly, ei­ne für uns.
    Ger­das
Ge­sicht wird ge­spannt. Sie er­war­tet ei­ne zwei­te Ex­plo­si­on heu­te. Ge­org und ich
zie­hen schwei­gend un­se­re Mar­ken her­aus und le­gen sie auf den Tisch. Aber Eduard
ex­plo­diert nicht – er lä­chelt. «Macht nichts», sagt er. «Bei so ei­nem
Wein­kon­sum!»
    Wir
sit­zen ent­täuscht da. Die Da­men er­he­ben sich und schüt­teln sich leicht, wie
Hüh­ner, die aus ei­ner Sand­gru­be kom­men. Wil­ly klopft Eduard auf die Schul­ter.
    «Sie
sind ein Ka­va­lier! An­de­re Wir­te hät­ten ge­jam­mert, daß wir ih­nen einen Gast
ver­trie­ben hät­ten.»
    «Ich
nicht.» Eduard lä­chelt. «Der Rohr­stock­schwin­ger hat hier noch nie ei­ne
an­stän­di­ge Ze­che ge­macht. Läßt sich nur ein­la­den.»
    «Komm»,
flüs­tert Ger­da mir zu.
    Das
ta­bak­far­be­ne
Kleid liegt ir­gend­wo. Die brau­nen Wild­le­der­schu­he ste­hen un­ter dem

Weitere Kostenlose Bücher