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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der schwarze Obelisk
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ist mein Dä­mon. Die dop­pel­te Na­tur des Men­schen. Nie da­von ge­hört,
was?»
    «Ich
nicht? Ich bin ei­nes der Mus­ter­bei­spie­le da­für.»
    Rie­sen­feld
lacht be­lei­di­gend, un­ge­fähr wie Wer­ni­cke mor­gens. «Sie?»
    «Es
gibt so et­was auch auf ei­ner et­was geis­ti­ge­ren Ebe­ne», er­klä­re ich.
    Rie­sen­feld
nimmt einen Schluck und seufzt. «Wirk­lich­keit und Phan­ta­sie! Die ewi­ge Jagd,
der ewi­ge Zwie­spalt! Oder ...» fügt er, sich wie­der­fin­dend, mit Iro­nie hin­zu «–
in Ih­rem Fal­le, als dem ei­nes Poe­ten, na­tür­lich Sehn­sucht und Er­fül­lung, Gott
und Fleisch, Kos­mos und Lo­kus ...»
    Zum
Glück set­zen die Trom­pe­ten wie­der ein. Ge­org kommt mit Li­sa von der Tanz­flä­che
zu­rück. Li­sa ist ei­ne Vi­si­on in apri­ko­sen­far­be­nem Crê­pe de Chi­ne. Rie­sen­feld
hat, nach­dem er über ih­ren ple­be­ji­schen Hin­ter­grund auf­ge­klärt wor­den ist, als
Süh­ne ver­langt, daß wir al­le als sei­ne Gäs­te mit ihm zur Ro­ten Müh­le ge­hen
müs­sen. Er ver­beugt sich jetzt vor Li­sa. «Einen Tan­go, gnä­di­ge Frau. Wür­den Sie
...»
    Li­sa
ist einen Kopf grö­ßer als Rie­sen­feld, und wir er­war­ten ei­ne in­ter­essan­te
Vor­stel­lung. Aber zu un­serm Er­stau­nen er­weist sich der Gra­nit­kai­ser als
her­vor­ra­gen­der Tan­go­meis­ter. Er be­herrscht nicht nur den ar­gen­ti­ni­schen,
son­dern auch den bra­si­lia­ni­schen und an­schei­nend auch noch ein paar an­de­re
Va­ri­an­ten. Wie ein Kunst­schlitt­schuh­läu­fer pi­rou­et­tiert er mit der
fas­sungs­lo­sen Li­sa auf dem Par­kett um­her. «Wie fühlst du dich?» fra­ge ich
Ge­org. «Nimm es nicht zu schwer. Mam­mon ge­gen Ge­fühl! Ich ha­be vor ein paar
Ta­gen auch ei­ne An­zahl Leh­ren dar­über be­kom­men. So­gar von dir, pi­kan­ter­wei­se.
Wie ist Li­sa heu­te mor­gen aus dei­ner Bu­de ent­wi­chen?»
    «Es
war schwer. Rie­sen­feld woll­te das Bü­ro als Be­ob­ach­tungs­pos­ten über­neh­men. Er
woll­te ihr Fens­ter be­ob­ach­ten. Ich dach­te, ich könn­te ihn ver­scheu­chen, wenn
ich ihm ent­hüll­te, wer Li­sa ist. Es nütz­te nichts. Er trug es wie ein Mann. Es
ge­lang mir schließ­lich, ihn für ein paar Mi­nu­ten in die Kü­che zum Kaf­fee zu
schlep­pen. Das war der Mo­ment für Li­sa. Als Rie­sen­feld wie­der ins Bü­ro auf
Aus­guck ging, lä­chel­te sie huld­voll aus ih­rem ei­ge­nen Fens­ter.»
    «In
dem Ki­mo­no mit den Stör­chen?»
    «In
ei­nem mit Wind­müh­len.»
    Ich
se­he ihn an. Er nickt. «Ein­ge­tauscht ge­gen einen klei­nen Hü­gel­stein. Es war
not­wen­dig. Im­mer­hin, Rie­sen­feld, un­ter Ver­beu­gun­gen, rief ihr über dis Stra­ße
die Ein­la­dung für heu­te abend hin­über.»
    «Das
hät­te er nicht ge­wagt, als sie noch ,de la Tour‘ hieß.»
    «Er
tat es mit Re­spekt. Li­sa ak­zep­tier­te. Sie dach­te, es wür­de uns ge­schäft­lich
hel­fen.»
    «Und
das glaubst du?»
    «Ja»,
er­wi­dert Ge­org fröh­lich.
    Rie­sen­feld
und Li­sa kom­men von der Tanz­flä­che zu­rück. Rie­sen­feld schwitzt. Li­sa ist kühl
wie ei­ne Klos­ter­li­lie. Zu mei­nem un­ge­heu­ren Er­stau­nen se­he ich plötz­lich im
Hin­ter­grund der Bar zwi­schen den Luft­bal­lons ei­ne neue Ge­stalt er­schei­nen. Es
ist Ot­to Bam­buss. Er steht et­was ver­lo­ren im Ge­wühl und paßt un­ge­fähr so
hier­her, wie Bo­den­diek pas­sen wür­de. Dann taucht ne­ben ihm der ro­te Schä­del
Wil­lys auf, und ich hö­re von ir­gend­wo­her die Kom­man­do­stim­me Renée de la Tours:
«Bod­mer, Sie kön­nen rüh­ren!»
    Ich
er­wa­che. «Ot­to», sa­ge ich zu Bam­buss, «was hat denn dich hier­her ver­schla­gen?»
    «Ich»,
ant­wor­tet Wil­ly. «Ich will et­was für die deut­sche Li­te­ra­tur tun. Ot­to muß bald
in sein Dorf zu­rück. Da hat er dann Zeit, Ge­dich­te über die sün­di­ge Welt zu
drech­seln. Vor­läu­fig aber soll er sie noch se­hen.»
    Ot­to
lä­chelt sanft. Sei­ne kurz­sich­ti­gen Au­gen zwin­kern. Leich­ter Schweiß steht auf
sei­ner Stirn. Wil­ly läßt sich mit Renée und ihm am Ne­ben­tisch nie­der. Zwi­schen
Li­sa und Renée hat ein ra­san­tes, se­kun­den­kur­z­es Blick­ge­fecht statt­ge­fun­den.
Bei­de wen­den sich un­ge­schla­gen,

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