E.M. Remarque
entwaffnen; aber er hat sie unter der Fuchtel wie eben
ein Feldwebel seine Rekruten. Die Töchter halten jetzt den Stock fest und
versuchen tränenvolle Erklärungen. Knopf hört nicht zu. «Laßt den Stock los,
ihr Satansbrut! Geld verschwenden und aus dem Fenster werfen, ich werde euch
lehren!»
Der
Stock wird losgelassen, Knopf haut aufs neue ein, vorbei, und fällt durch den
Schwung ins Leere auf die Knie. Der Speichel steht ihm in Blasen in seinem
Nietzscheschnurrbart, als er sich aufrichtet, um nach Zarathustras Gebot seinen
Harem weiterzuprügeln. «Vater, du stirbst, wenn du dich so aufregst!» schrien
die Töchter unter Tränen. «Beruhige dich doch! Wir sind glücklich, daß du
lebst! Sollen wir dir Kaffee machen?»
«Kaffee?
Ich werde euch Kaffee machen! Totschlagen werde ich euch Satansbrut! So viel
Geld herauszuschmeißen ...»
«Aber
Vater, wir können die Sachen doch wieder verkaufen!»
«Verkaufen!
Ich werde euch verkaufen, ihr verdammten Luder ...»
«Aber
Vater, es ist doch noch gar nicht bezahlt!» schreit Frau Knopf in höchster
Seelennot. – Das dringt durch. Knopf läßt den Stock sinken.
«Was?»
Wir
treten vor. «Herr Knopf», sagt Georg. «Meinen Glückwunsch!»
«Lecken
Sie mich am Arsch!» erwidert der Feldwebel. «Sehen Sie nicht, daß ich
beschäftigt bin?»
«Sie
überanstrengen sich.»
«So?
Was geht Sie das an? Ich werde hier ruiniert von meiner Familie.»
«Ihre
Frau hat ein glänzendes Geschäft gemacht. Wenn sie die Trauerkleider morgen
verkauft, wird sie einige Milliarden daran verdient haben durch die Inflation –
besonders, wenn sie den Stoff noch nicht bezahlt hat.»
«Nein,
wir haben ihn noch nicht bezahlt!» schreit das Quartett.
«Da
sollten Sie froh sein, Herr Knopf! Der Dollar ist während Ihrer Krankheit
erheblich gestiegen. Sie haben, ohne es zu wissen, im Schlaf an Sachwerten
verdient.»
Knopf
horcht auf. Daß eine Inflation besteht, weiß er aus der Tatsache, daß der
Schnaps immer teurer geworden ist. «So, verdient», murmelt er. Dann wendet er
sich zu seinen vier aufgeplusterten Spatzen. «Habt ihr auch schon einen
Grabstein für mich gekauft?»
«Nein,
Vater!» schreit das Quartett erleichtert, mit einem beschwörenden Blick auf
uns.
«Und
warum nicht?» krächzt Knopf wütend.
Sie
starren ihn an.
«Ihr
Gänse!» schreit er. «Wir hätten ihn jetzt wieder verkaufen können! Mit
Verdienst, was?» fragt er Georg.
«Nur,
wenn er bezahlt gewesen wäre. Sonst hätten wir ihn lediglich zurückgenommen.»
«Ach
was! Dann hätten wir ihn an Hollmann und Klotz verkauft und Sie davon
ausgezahlt!» Der Feldwebel wendet sich wieder seiner Brut zu. «Ihr Gänse! Wo
ist das Geld? Wenn ihr nicht bezahlt habt für den Stoff, habt ihr doch noch
Geld! Her damit!»
«Komm»,
sagt Georg. «Der emotionelle Teil ist vorbei. Beim geschäftlichen haben wir
nichts zu suchen.»
Er
irrt sich. Eine Viertelstunde später steht Knopf im Büro. Ein würziger Duft von
Korn umschwebt ihn. «Ich habe alles rausgekriegt», sagt er. «Lügen nützt
nichts. Meine Frau hat gestanden. Sie hat bei Ihnen einen Grabstein gekauft.»
«Sie
hat ihn nicht bezahlt. Vergessen Sie es. Jetzt brauchen Sie ihn doch nicht
mehr.»
«Sie
hat ihn gekauft», erklärt der Feldwebel drohend. «Es sind Zeugen da. Versuchen
Sie nicht, sich rauszuwinden! Ja oder nein?»
Georg
sieht mich an. «Also gut. Ihre Frau hat sich allerdings eher erkundigt als
gekauft.»
«Ja
oder nein?» schnauzt Knopf.
«Weil
wir uns so lange kennen, können Sie es nehmen, wie Sie wollen, Herr Knopf»,
sagt Georg, um den Alten zu beruhigen.
«Also
ja. Geben Sie mir das schriftlich.»
Wir
sehen uns wieder an. Der alte, ausgediente Militärknochen hat rasch gelernt. Er
will uns hochnehmen.
«Wozu
schriftlich?» sage ich. «Bezahlen Sie den Stein, und er gehört Ihnen.»
«Seien
Sie ruhig, Sie Betrüger!»
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