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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der schwarze Obelisk
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Wil­ly. «Was mich ver­rückt macht, ist die Stim­me. Nachts ist
das ei­ne tol­le Sa­che. Als ob du zwei ver­schie­de­ne Frau­en hast. Ein­mal ei­ne
zar­te und gleich dar­auf ein Fisch­weib. Es geht so­gar noch wei­ter. Wenn es
dun­kel ist und sie auf ein­mal mit der Kom­man­do­stim­me los­legt, läuft es mir kalt
über den Rücken. Es ist ver­dammt son­der­bar! Ich bin doch nicht schwul, aber
manch­mal ha­be ich das Ge­fühl, ich schän­de einen Ge­ne­ral oder die­ses Aas, den
Un­ter­of­fi­zier Flü­mer, der dich ja auch ge­fol­tert hat in un­se­rer Re­kru­ten­zeit –
es ist nur so ein Au­gen­blick, dann ist al­les wie­der in Ord­nung, aber – du
ver­stehst, was ich mei­ne?»
    «So
un­ge­fähr.»
    «Schön,
al­so sie hat mich er­wi­scht. Ich möch­te, daß sie hier­bleibt. Wer­de ihr ei­ne
klei­ne Woh­nung ein­rich­ten.»
    «Glaubst
du, daß sie ih­ren Be­ruf auf­ge­ben wird?»
    «Braucht
sie nicht. Ab und zu kann sie ein En­ga­ge­ment an­neh­men. Dann ge­he ich mit. Mein
Be­ruf ist ja be­weg­lich.»
    «Wes­halb
hei­ra­test du sie nicht? Du hast doch Geld ge­nug.»
    «Hei­ra­ten
ist et­was an­de­res», er­klärt Wil­ly. «Wie kannst du ei­ne Frau hei­ra­ten, die je­den
Au­gen­blick fä­hig ist, dich wie ein Ge­ne­ral an­zu­brül­len? Man erschrickt doch
im­mer wie­der, wenn es un­ver­mu­tet pas­siert, das liegt uns so im Blut. Nun,
hei­ra­ten wer­de ich mal ei­ne klei­ne, ru­hi­ge Di­cke, die erst­klas­sig ko­chen kann.
Renée, mein Jun­ge, ist die ty­pi­sche Mä­tres­se.»
    Ich
stau­ne den Welt­mann an. Er lä­chelt über­le­gen. Das Bre­vier für gu­te Ma­nie­ren ist
für ihn über­flüs­sig. Ich ver­zich­te auf Spott. Spott wird dünn, wenn je­mand
Ame­thystrin­ge ver­schen­ken kann. Die Rin­ge­rin­nen er­he­ben sich läs­sig und ma­chen
ein paar Grif­fe. Wil­ly sieht in­ter­es­siert zu. «Ka­pi­ta­le Wei­ber», flüs­tert er,
wie ein ak­ti­ver Ober­leut­nant vor dem Krie­ge.
    «Was
fällt Ih­nen ein? Au­gen rechts! Still­ge­stan­den!» brüllt ei­ne mar­ki­ge Stim­me
hin­ter uns.
    Wil­ly
fährt zu­sam­men. Es ist Renée, die ring­ge­schmückt hin­ter ihm lä­chelt. «Siehst du
jetzt, was ich mei­ne?» fragt Wil­ly mich.
    Ich
se­he es. Die bei­den zie­hen ab. Drau­ßen war­tet Wil­lys Au­to, das ro­te Ka­brio­lett
mit den ro­ten Le­der­sit­zen. Ich bin froh, daß Ger­da län­ger braucht, um sich
an­zu­zie­hen. Sie sieht so we­nigs­tens das Ka­brio­lett nicht. Ich über­le­ge, was ich
ihr heu­te bie­ten könn­te. Das ein­zi­ge, was ich au­ßer dem Bre­vier für Welt­leu­te
ha­be, sind die Eß­mar­ken Eduard Kno­blochs, und die sind lei­der abends nicht
gül­tig. Ich be­schlie­ße, es trotz­dem mit ih­nen zu ver­su­chen, in­dem ich Eduard
vor­lü­ge, es sei­en die bei­den letz­ten.
    Ger­da
kommt. «Weißt du, was ich möch­te, Schatz?» sagt sie, be­vor ich den Mund öff­nen
kann. «Laß uns et­was ins Grü­ne fah­ren. Mit der Stra­ßen­bahn hin­aus. Ich möch­te
Spa­zie­ren­ge­hen.»
    Ich
star­re sie an und traue mei­nen Oh­ren nicht. Ins Grü­ne spa­zie­ren – ge­nau das war
es, was Er­na, die Schlan­ge, mir in ver­gif­te­ten Wor­ten vor­ge­wor­fen hat. Soll­te
sie Ger­da et­was er­zählt ha­ben? Zu­zu­trau­en wä­re es ihr.
    «Ich
dach­te, wir könn­ten zur ,Wal­hal­la‘ ge­hen», sa­ge ich vor­sich­tig und miß­trau­isch.
«Man ißt dort groß­ar­tig.»
    Ger­da
winkt ab. «Wo­zu? Es ist viel zu schön da­zu. Ich ha­be heu­te nach­mit­tag et­was
Kar­tof­fel­sa­lat ge­macht. Hier!» Sie hält ein Pa­ket hoch. «Den es­sen wir drau­ßen
und kau­fen uns Würst­chen und Bier da­zu. Recht?»
    Ich
ni­cke stumm, arg­wöh­ni­scher als vor­her. Er­nas Vor­wurf mit dem bil­li­gen Wein oh­ne
Jahr­gang ist noch un­ver­ges­sen. «Ich muß ja um neun schon zu­rück in die
ekel­haf­te Stink­bu­de, die Ro­te Müh­le», er­klärt Ger­da.
    Ekel­haf­te
Stink­bu­de? Ich star­re sie wie­der an. Aber ih­re Au­gen sind klar und un­schul­dig,
oh­ne je­de Iro­nie. Und plötz­lich be­grei­fe ich! Er­nas Pa­ra­dies ist für Ger­da
nichts an­de­res als ei­ne Ar­beits­stät­te! Sie haßt die Bu­de, die Er­na liebt!
Ge­ret­tet, den­ke ich. Gott­lob! Die Ro­te Müh­le mit ih­ren

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