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Emerald: Hörspiel

Titel: Emerald: Hörspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Stephens , Alexandra Ernst
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gesehen, wie ganze Armeen in heilloser Panik davor flohen.« Sie trank einen Schluck von der roten Flüssigkeit. »Ein großartiger Anblick.«
    Kate stellte sich vor, wie eine Mutter durch den Wald rannte, wie ihre Beine schwer wurden und wie sie die Schreie hörte, die näher kamen…
    »Au«, sagte Emma.

    Kate hätte ihrer Schwester fast die Hand zerquetscht. Sie lockerte ihren Griff und flüsterte: »Entschuldige.«
    »Welch eine Hingabe an deine Geschwister«, gurrte die Gräfin. »Doch ich erkenne die Wahrheit.« Sie beugte sich über den Tisch und legte einen Finger an den Ansatz von Kates Kehle. »Verlassen von den am meisten geliebten Menschen. Die Wunde hängt über dir wie ein Schatten. Ich könnte sie vertreiben. Es wäre so leicht …«
    Sie zog ihre Hand weg. Ein fedriger grauer Schwaden hing an ihrer Fingerspitze. Sie schien ihn aus Kates Brust zu ziehen. Als er sich von ihrem Körper löste, keuchte Kate auf.
    »Was haben Sie …?«
    »Was ich getan habe? Meine süße kleine Kate, ich habe dich befreit! Oh, diese Last, die auf deinen Schultern ruhte! Hast du nicht gespürt, wie sie dich Tag für Tag immer heftiger niederdrückte, immer stärker auslaugte? Aber jetzt ist es fort – der ganze Schmerz, das Leid und die Angst. Ich habe es weggenommen. Stell dir vor, wie es wäre, von nun an ohne diese Last zu leben.«
    Sie hat recht, dachte Kate. Es war, als ob sie das erste Mal seit Jahren wieder frei atmen konnte.
    »Sag nur ein Wort und du wirst es niemals mehr spüren.«
    Der graue Schwaden zog noch immer durch die Luft, klammerte sich immer noch an die Fingerspitze. Kate dachte daran, wie sich ihre Mutter über sie beugte und sie bat, auf ihre Geschwister aufzupassen, und obwohl die Erinnerung da war, war das Gefühl, das die Liebe ihrer Mutter in ihr auslöste, das Gefühl jenes letzten Kusses, verschwunden.
    »Geben Sie es mir wieder.«
    »Bist du sicher, mon ange ? Das ist eine ganze Menge Schmerz und Leid.«

    »Geben Sie es mir wieder.« Wenn dieser Moment ihrer Erinnerung nur zu dem Preis eines lebenslangen Schmerzes erkauft werden konnte, dann würde Kate diesen Preis zahlen.
    Die Gräfin zuckte mit den Schultern und berührte ihre Brust. Kate fühlte, wie sich das Gewicht wie ein schwerer Mantel auf sie legte.
    »Nun, dann wollen wir uns doch einmal anschauen, was ihr mir mitgebracht habt.«
    Der Sekretär hatte im Hintergrund gewartet, beide Arme gierig um das Buch geschlungen. Jetzt hastete er herbei und legte es in die ausgestreckten Hände der Gräfin. Sie stieß ein leises Keuchen aus, als ihre Finger den smaragdgrünen Einband berührten.
    Es war deutlich zu erkennen, dass sie Mühe hatte, nicht die Beherrschung zu verlieren. Ihre Finger zitterten, als sie das Buch aufklappte und durchblätterte. Nach etwa einer Minute legte sie es – augenscheinlich widerstrebend – zur Seite.
    »Endlich!«, hörte Kate sie flüstern.
    Die Gräfin schaute zu den Kindern. Ihre Augen strahlten heller als je zuvor. » Alors, mes enfants , wollt ihr wissen, was ihr da gefunden habt?«
     
     
    Die Gräfin begann ihre Erzählung mit der Erklärung, um den Ursprung des Buches zu verstehen, sei es nötig zu wissen, dass in früheren Zeiten die Welt der Magie und die Welt der Menschen miteinander verbunden waren, bevor sich die magische Welt zurückzog und die Menschheit zum Vergessen verdammt wurde …
    »Ja, ja«, unterbrach Emma sie unhöflich. »Das wissen wir alles. «

    Mit nach wie vor süßer und weicher Stimme fuhr die Gräfin fort: »Nun, das Zentrum der magischen Welt, der Ort der höchsten Gelehrsamkeit und größten Macht, war Alexandria. Oder Rhakotis, wie es damals genannt wurde, an der Mündung des großen Nils. Die Stadt wurde von einem Rat aus Zauberern regiert, die ihre Ahnenreihen bis zu den Anfängen der Welt zurückverfolgen konnten. Ihr Wissen war uralt und ursprünglich, weitergegeben vom Meister zum Lehrling, jahrtausendelang. Aber so mächtig sie auch waren, sie begriffen doch, dass ihre Zeit sich dem Ende zuneigte. Das Zeitalter der Menschen begann, und sie fürchteten den Tag, an dem sie der Vergessenheit anheimfallen würden.«
    Die Gräfin lächelte Kate und Emma an und fuhr fort: »Ihr müsst wissen, dass die Zauberer auch Menschen waren. Und wie alle Menschen konnten auch sie sich eine Welt, in der sie selbst keine Bedeutung mehr hatten, nicht vorstellen. Und was taten sie also, diese klugen, närrischen Menschen? Sie schrieben ihre Geheimnisse auf, jenes Wissen, das bei der

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