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Emil oder Ueber die Erziehung

Emil oder Ueber die Erziehung

Titel: Emil oder Ueber die Erziehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Jacques Rousseau
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deswegen schon im Voraus Vorkehrungen.
    Da habe ich mich wiederum auf weitschweifige und kleinliche Einzelheiten eingelassen. Ich höre, lieber Leser, schon dein Murren, allein ich trotze ihm. Ich kann es nicht über mich gewinnen, deiner Ungeduld den nützlichsten Theil dieses Buches zum Opfer zu bringen. Fasse deinen Entschluß, wie du dich meiner Weitschweifigkeit gegenüberzu verhalten gedenkst, denn was mich anlangt, so habe ich den meinigen hinsichtlich deiner Klagen schon gefaßt.
    Bereits seit langer Zeit hatten wir, mein Zögling und ich, die Wahrnehmung gemacht, daß Bernstein, Glas, Siegellack und verschiedene andere Körper, sobald sie gerieben werden, Strohhalme anziehen, während anderen diese Eigenschaft fehlt. Zufällig finden wir einen, dem eine noch merkwürdigere Kraft inne wohnt, nämlich die, in einiger Entfernung, und noch dazu ohne erst gerieben zu werden, Eisenfeilspäne und andere Eisenstückchen anzuziehen. Wie lange gewährt uns diese Eigenschaft Zeitvertreib, ohne daß wir irgend etwas Weiteres darin erblicken. Endlich entdecken wir aber auch, daß sie sich dem Eisen selbst mittheilt, wenn es in einer bestimmten Richtung mit einem Magnete gestrichen wird. Eines Tages besuchen wir den Jahrmarkt [1] Ein Taschenspieler zieht mit einem Stückchen Brod eine Ente von Wachs an, welche auf einem Wasserbecken schwimmt. Trotz unserer großen Ueberraschung glauben wir doch nicht, daß wir es mit einem Hexenmeister zu thun haben, denn wir wissen gar nicht, was ein Hexenmeister ist. Da uns schon oft Wirkungen, deren Ursachen wir nicht kennen, Verwunderung abgenöthigt haben, so übereilen wir uns nicht, ein Urtheil zu fällen, sondern bleiben ruhig in unserer Unwissenheit, bis sich uns eine Gelegenheit darbietet, von derselben frei zu werden.
    Nach Hause zurückgekehrt, verfallen wir, da sich das Gespräch immer wieder von Neuem um die Ente auf dem Jahrmärkte dreht, endlich auf den Gedanken, das Kunststück nachzumachen. Wir nehmen eine taugliche Nadel, die stark magnetisch ist und umhüllen sie mit weißem Wachs,dem wir, so gut wir es vermögen, die Gestalt einer Ente zu geben suchen, so daß die Nadel durch die ganze Länge des Körpers geht und die Spitze den Schnabel bildet. Nun setzen wir die Ente auf das Wasser, halten einen Schlüsselring in einiger Entfernung von dem Schnabel, und sehen mit leicht begreiflicher Freude, daß unsere Ente dem Schlüssel gerade eben so folgt, wie die auf dem Jahrmarkte dem Stücke Brod folgte. Nach welcher Richtung hin die Ente auf dem Wasser Halt macht, wenn man sie in Ruhe läßt, das zu beobachten wird sich ein anderes Mal Gelegenheit darbieten. Da wir augenblicklich mit unserem Gegenstande vollauf beschäftigt sind, verlangen wir nichts weiter.
    Noch an dem nämlichen Abende kehren wir mit einem Stücke gut präparirten Brodes in der Tasche auf den Jahrmarkt zurück, und sobald der Taschenspieler sein Kunststück gemacht hat, sagt mein kleiner Gelehrter, der kaum noch an sich zu halten vermag, zu ihm, daß dies Kunststück nicht schwierig sei und er es eben so gut machen könne. Er wird beim Worte genommen. Sofort zieht er das Brod, in welchem das Stückchen Eisen verborgen ist, aus der Tasche. Während er sich dem Tische nähert, klopft ihm das Herz. Fast zitternd hält er der Ente das Brod hin; sie kommt und folgt ihm. Das Kind jauchzt vor Wonne auf und hüpft vor Freude. Bei dem Händeklatschen und den Beifallsäußerungen der versammelten Menge schwindelt ihm den Kopf; es ist außer sich. So betroffen der Gaukler auch scheint, so nähert sich ihm derselbe doch, um es zu umarmen und zu beglückwünschen. Er bittet es, ihn auch am folgenden Tage mit seiner Gegenwart zu beehren, indem er hinzufügt, er werde dafür Sorge tragen, eine noch größere Menschenmenge um sich zu versammeln, um seiner Geschicklichkeit Beifall zu spenden. Mein kleiner Naturforscher, dessen Stolz erwacht ist, macht Miene, sein Geheimniß auszuplaudern; aber augenblicklich verschließe ich ihm den Mund und führe ihn, von Lobsprüchen überhäuft, hinweg.
    Das Kind zählt mit lächerlicher Ungeduld die Minuten bis zum nächsten Tage. Alle, die ihm begegnen, ladet esein. Es wünschte, die ganze Menschheit könnte Zeuge seines Ruhmes sein. Es kann kaum die Stunde erwarten und möchte die Uhr vorstellen. Wir fliegen förmlich nach dem Orte des Zusammentreffens; der Saal ist bereits gefüllt. Beim Eintreten zieht Freude in sein junges Herz ein. Andere Taschenspielerkunststücke sollen

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