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Emilia Galotti

Emilia Galotti

Titel: Emilia Galotti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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Sie? Oder sollten?
    MARINELLI. Immer besser! - Doch, gnädiger Herr, - ehe Sie mir es mit dem trocknen Worte sagen, wofür Sie mich halten - eine einzige Vor-stellung! Der Tod des Grafen ist mir nichts weniger, als gleichgültig. Ich hatte ihn ausgefodert; er war mir Genugtuung schuldig; er ist ohne diese 90
    aus der Welt gegangen; und meine Ehre bleibt beleidiget. Gesetzt, ich verdiente unter jeden andern Umständen den Verdacht, den Sie gegen mich hegen; aber auch unter diesen? - (Mit einer angenommenen Hitze) Wer das von mir denken kann! -
    DER PRINZ (nachgebend). Nun gut, nun gut -
    MARINELLI. Daß er noch lebte! O daß er noch lebte! Alles, alles in der Welt wollte ich darum geben - (bitter) selbst die Gnade meines Prinzen,
    - diese unschätzbare, nie zu verscherzende Gnade
    -wollt' ich drum geben!
    DER PRINZ. Ich verstehe. - Nun gut, nun gut.
    Sein Tod war Zufall, bloßer Zufall. Sie versi-chern es; und ich, ich glaub' es. - Aber wer mehr?
    Wer wird es mehr glauben? Auch der Vater?
    Auch die Mutter? Auch Emilia? - Auch die Welt?
    MARINELLI (kalt). Schwerlich.
    DER PRINZ. Und wenn man es nicht glaubt, was wird man denn glauben? - Sie zucken die Achsel?
    - Ihren Angelo wird man für das Werkzeug, und mich für den Täter halten -

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    MARINELLI(noch kälter). Wahrscheinlich genug.
    DER PRINZ. Mich! mich selbst! - Oder ich muß von Stund an alle Absicht auf Emilien aufgeben-MARINELLI(höchst gleichgültig). Was Sie auch gemußt hätten - wenn der Graf noch lebte. -
    DER PRINZ (heftig, aber sich gleich wieder fas-send). Marinelli! - Doch, Sie sollen mich nicht wild machen. - Es sei so - Es ist so! Und das wollen Sie doch nur sagen: der Tod des Grafen ist für mich ein Glück - das größte Glück, was mir begegnen konnte, - das einzige Glück, was meiner Liebe zu statten kommen konnte. Und als dieses, -mag er doch geschehen sein, wie er will! -
    Ein Graf mehr in der Welt, oder weniger! Denke ich Ihnen so recht? - Topp! auch ich erschrecke vor einem kleinen Verbrechen nicht. Nur, guter Freund, muß es ein kleines stilles Verbrechen, ein kleines heilsames Verbrechen sein.
    Und sehen Sie, unseres da, wäre nun gerade weder stille noch heilsam. Es hätte den Weg zwar gereiniget, aber zugleich gesperrt. Jedermann würde es uns auf den Kopf zusagen, - und leider hätten wir es gar nicht einmal begangen! - Das 92
    liegt doch wohl nur bloß an Ihren weisen, wun-derbaren Anstalten?
    MARINELLI. Wenn Sie so befehlen -
    DER PRINZ. Woran sonst? - Ich will Rede!
    MARINELLI.Es kömmt mehr auf meine Rech-
    nung, was nicht darauf gehört.
    DER PRINZ. Rede will ich!
    MARINELLI. Nun dann! Was läge an meinen
    Anstalten? daß den Prinzen bei diesem Unfalle ein so sichtbarer Verdacht trifft? - An dem Meis-terstreiche liegt das, den er selbst meinen Anstalten mit einzumengen die Gnade hatte.
    DER PRINZ. Ich?
    MARINELLI.Er erlaube mir, ihm zu sagen, daß der Schritt, den er heute Morgen in der Kirche getan, -mit so vielem Anstande er ihn auch getan
    - so unvermeidlich er ihn auch tun mußte - daß dieser Schritt dennoch nicht in den Tanz gehör-te.
    DER PRINZ. Was verdarb er denn auch?
    MARINELLI. Freilich nicht den ganzen Tanz; aber doch voritzo den Takt.
    DER PRINZ. Hm! Versteh' ich Sie?

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    MARINELLI. Also, kurz und einfältig. Da ich die Sache übernahm, nicht wahr, da wußte Emilia von der Liebe des Prinzen noch nichts? Emiliens Mutter noch weniger. Wenn ich nun auf diesen Umstand baute? und der Prinz indes den Grund meines Gebäudes untergrub? -
    DER PRINZ (sich vor die Stirne schlagend). Verwünscht!
    MARINELLI. Wenn er es nun selbst verriet, was er im Schilde führe?
    DER PRINZ. Verdammter Einfall!
    MARINELLI. Und wenn er es nicht selbst verra-ten hätte? - Traun! ich möchte doch wissen, aus welcher meiner Anstalten, Mutter oder Tochter den geringsten Argwohn gegen ihn schöpfen könnte?
    DER PRINZ. Daß Sie Recht haben!
    MARINELLI. Daran tu' ich freilich sehr Unrecht -Sie werden verzeihen, gnädiger Herr -

Zweiter Auftritt
    (Battista. Der Prinz. Marinelli)

    BATTISTA(eiligst). Eben kömmt die Gräfin an.

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    DER PRINZ. Die Gräfin? Was für eine Gräfin?
    BATTISTA. Orsina.
    DER PRINZ. Orsina? - Marinelli! - Orsina? - Marinelli!
    MARINELLI. Ich erstaune darüber, nicht weniger als Sie selbst.
    DER PRINZ. Geh, lauf, Battista: sie soll nicht aussteigen. Ich bin nicht hier. Ich bin für sie nicht hier. Sie soll augenblicklich wieder um-kehren. Geh, lauf! - (Battista geht ab) Was will die Närrin? Was untersteht sie sich? Wie

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