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Emilia - Herzbeben

Emilia - Herzbeben

Titel: Emilia - Herzbeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Nell
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sie sich wieder umdrehte, bevor er vom Ast hinunter sprang. Als es dann unter seinen Füßen raschelte, blieb sie kurz stehen. Doch sie drehte sich nicht um. Er wartete noch einen Moment, lehnte an dem Baum und lauschte, bis es in dem Haus ganz still war. Erst dann ging er hinein. Sie hatte die Tür offen gelassen. Wie immer. Doch er schloss hinter sich ab. Als er die Kellertür öffnete und die Stufen hinab stieg, sah er schon die kleine Kerze brennen, die sie immer für ihn anzündete. Es stand ein Bett ganz hinten im Raum, hinter den Weinregalen. Daneben stand ein kleiner Tisch, auf dem die Kerze unruhig flackerte. Es kam ein kühler Luftzug durch die Wand. Auf dem kleinen Zettel, der daneben lag, stand: Es tut mir leid. Wir werden das Loch in der Wand reparieren. Schlaf gut. Und danke! XXX
    Er lächelte gerührt und hielt den Zettel in die Kerzenflamme, um ihn zu verbrennen. Dann setzte er sich leise auf das Bett und lauschte. Er hörte sie von hier unten aus genauso gut wie von draußen. Das beruhigte ihn. Sie schlief. Der Streit hatte sie nicht geweckt. Und das war auch gut so. Sie durfte nicht erfahren, warum sie wirklich hier war. Und dennoch gab er Walt Recht. Er hatte sich all seine Gedanken angehört. Sie war nicht dumm. Schon bald würde sie das Geheimnis, das sie umgab, lüften. Ihre Kraft wuchs von Tag zu Tag. Und je mehr ihre Kraft wuchs, umso deutlicher konnte man sie spüren. Er hoffte nur, dass René rechtzeitig einen Weg fand, sie weiterhin zu schützen. Denn er wusste nicht, wie viel Zeit ihnen noch blieb.

4
    Mia war so aufgeregt, dass sie ihr Herz in den Ohren hämmern spürte. Sie kannte diese ganze Prozedur schon, doch es war jedes Mal ein Höllentrip. Sie betrachtete sich verzweifelt im Spiegel und hätte ihn am Liebsten zertrümmert. So sehr sie es auch versuchte, sie konnte nichts gegen ihr Aussehen tun. Der Eyeliner, den sie ausprobiert hatte, betonte nur ihre erschreckenden Augen und das bisschen Rouge, das sie sich auf die Wangen gepudert hatte, wirkte lächerlich auf ihrer blassen Haut. Also hatte sie sich alles wieder abgewischt und sah nun aus wie immer. Blass, angsteinflößend, gespenstisch. Ihr pechschwarzes Haar bildete einen beleidigenden Kontrast zu ihrem bleichen Gesicht. Und ihre Augen, diese Augen … Sie senkte den Blick und seufzte. Sie würden sie wieder anstarren und sich vor diesen Augen erschrecken. Wie immer. Warum versuchte sie es überhaupt? Es gab nichts, das sie dagegen tun konnte, also öffnete sie endlich die Tür und trat hinaus. Ihre Mutter unterhielt sich in der Küche mit Walt und grüßte sie fröhlich, als sie herein kam.
    »Wir müssen gleich los«, sagte Walt. »Fertig?«
    Mia nickte seufzend und setzte sich kurz, um zumindest ihren Orangensaft zu trinken. Sie hatte so viel Zeit im Bad vertrödelt, dass sie nun keine Zeit mehr zum Frühstücken hatte. Ihre Mutter stellte ihr die Dose mit ihren Pausenbroten vor die Nase und schob ihr auch noch ein kleines Glas Medizin hin.
    Mia sah irritiert auf. »Die habe ich oben schon genommen.«
    »Nimm besser zwei«, sagte ihre Mutter beiläufig. »Du sagtest doch sie wirkt in letzter Zeit nicht mehr so gut.«
    Mia seufzte, nahm das Glas und kippte sich die rote Flüssigkeit hinunter. Walt suchte indessen die Sachen zusammen, die er fürdie Schule brauchte.
    »Die Papiere dort noch«, sagte er zu Anna, verstaute die Unterlagen, die seine Tochter ihm reichte, in seiner Tasche und schnappte sich auch gleich Mias Rucksack. »Meine Güte!«, ächzte er. »Der wiegt ja Tonnen!«
    Mia lachte leise. Schwere Rucksäcke machten ihr nichts aus. Man sah es ihr nicht an, aber sie war sehr kräftig. Sie stand auf und schmiss ihn sich mit Leichtigkeit über die Schulter. Walt blickte sie dabei entsetzt an. Mia nahm sich ein paar Apfelstücke, gab ihrer Mutter noch einen Kuss und trat dann ohne noch ein Wort zu sagen aus der Küche. Sie wollte den ersten Tag schnell hinter sich bringen.
    »Pass auf dich auf, Mia!«, rief ihre Mutter noch, als Mia schon mit Walt zum Wagen ging, woraufhin sie ihr gespielt unbekümmert zuwinkte. Dann senkte sie jedoch den Kopf und atmete tief ein. Sie wollte nicht, dass ihre Mutter sah, wie sehr sie sich vor diesem Tag fürchtete.
    In Walts Wagen roch es noch viel intensiver nach Kräutern, als in seinem Haus. An seinem Rückspiegel hing ein Büschel getrockneter Pflanzen, deren Geruch in ihrer Nase brannte, so stark war er. »Also dann los!«, sagte Walt voll fröhlicher Erwartung. Er ahnte nicht,

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