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Emilia - Herzbeben

Emilia - Herzbeben

Titel: Emilia - Herzbeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Nell
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schlimmer waren. Sie setzte sich einen Moment und nach ein paar Minuten war es wieder vorbei. Doch dieses Mal blieb etwas zurück. Ihr Herz beruhigte sich nicht. Es bebte weiterhin unruhig in ihrer Brust. Und es polterte dabei so laut, dass es sich fast anfühlte, als wollte es ihren Körper wecken. Jede Zelle, jeden Muskel und jedes Organ. Wie ein lästiger, unaufhörlicher Trommelschlag pocherte es hinter ihren Rippen. Und immer wieder blitzte dabei das Bild des Schattens vor ihrem inneren Auge auf, als riefe ihr Herz es bewusst hervor. Und je mehr sie versuchte das Bild zu verdrängen, umso deutlicher und erschreckender wurde es. Ihr Vater hatte ihr beigebracht, dass alles, was man bekämpfte, stärker wurde. Sie wusste, was sie damit anrichtete, wenn sie dieses Bild verdrängte. Doch sie konnte nicht anders. Sie wollte es nicht sehen. Nicht nur, weil sie sich gegen all das, was ihr Großvater ihr gerade gesagt hatte, wehrte, sondern, weil dadurch immer wieder mit ansehen musste, wie Jona starb.

10
    Kell lehnte über der Landkarte und seufzte: »Er verwischt seine Spuren ziemlich gut.«
    »Das muss er auch«, sagte Malina, als sie aus dem Badezimmer kam und sich die Haare abtrocknete, »sonst hätte Angor ihn doch schon längst gekillt.«
    Kell zuckte zusammen und sah sie wütend an: »Du sollst das lassen!«
    Malina stöhnte genervt und rollte mit den Augen. »Meine Güte, stell dich doch nicht immer so an. Er ist wie ein Vater für mich. Warum darf ich da seinen Namen nicht aussprechen?«
    »Weil er heilig ist«, knurrte Kell, »und wir seiner nicht würdig sind!«
    Malina schmiss sich das Handtuch über die Schulter und schnalzte mit der Zunge. »Blablabla«, machte sie und formte mit ihrer Hand einen Schnabel, der immer auf und zu ging. Dann lehnte sie sich ebenfalls über die Karte. »Also, wo hätte er uns als Nächstes auflaufen lassen?«
    Kell deutete mit einem Finger auf eine Stadt, deren Anreise etwa sechs Stunden dauern würde. Malina seufzte. »Er schickt uns quer durch das Land. Und jede Adresse, die wir verfolgen, ist eine Sackgasse. Entweder landen wir in einem Altersheim, in einem Vergnügungspark oder bei Fernsehstars.« Sie sah ihren Bruder an und schnaufte. »Er spekuliert darauf, dass wir irgendwann aufgeben.«
    Kell lachte leise, richtete sich auf und verschränkte die Arme vor der Brust. »Aber er hat Humor. Er hat die Datenbank der Stadtverwaltung manipuliert und irgendwelche ominösen Adressen eingegeben, um uns auf eine falsche Fährte zu locken.«Er kaute mit zusammengekniffenen Augenbrauen nachdenklich auf seinem Fingernagel herum. »Wenn wir auf der Flucht wären und nicht gefunden werden wollten«, sinnierte er dann, »wohin würden wir ziehen, wenn wir versehentlich Aufmerksamkeit erregt hätten und uns nun verstecken müssten?«
    Malina stemmte ihre Hände in die Hüften. »Dorthin, wo man uns am wenigsten vermuten würde.«
    Ihnen beiden kam sofort eine Stadt in den Sinn und ihre Blicke senkten sich unmittelbar auf den kleinen Ort im Süden des Landes. Eingebettet in eine Hügellandschaft und umgeben von tief dunklen Wäldern. Dort hatte vor über 16 Jahren der größte Kampf der Weltgeschichte stattgefunden. Auch, wenn er nicht lange angehalten hatte, prägte er die große Geschichte ihrer Art und so wurde diese Stadt immer noch als Trauermahnmal angesehen und gemieden. Denn dort waren zu dieser Zeit nicht nur viele ihrer Artgenossen gestorben, sondern auch jemand viel Größeres. Sie sahen sich an.
    »Du hast doch wohl keine Angst«, sagte Kell zu ihr.
    Malina senkte traurig den Blick.
    »Meine Güte, trauerst du etwa immer noch um ihn?« Kell schnappte sich jetzt seine Jacke vom Stuhl und sah sie genervt an.
    »Als würdest du nicht um ihn trauern. Er war unser König«, sagte sie ehrfurchtsvoll, »unser … Gott.«
    Kell senkte jetzt ebenfalls den Blick und biss die Zähne zusammen. »Er ist abtrünnig geworden.«
    Malina kam jetzt auf ihren Bruder zu und sagte gefühlvoll: »Hast du dich nie gefragt, warum? Was an dieser Menschenfrau war, das ihn …«
    »Das spielt jetzt keine Rolle mehr!«, unterbrach er sie unsanft. »Sie sind beide tot! Die ganze Familie von ihr ist tot! Und das wird mit uns auch passieren, wenn wir nicht gehorchen oder uns an ihn hängen, wie diese Verräter, die wir jagen.«
    Malina nahm sich jetzt ebenfalls ihre Jacke und sah zu, wie Kell alles zusammenpackte. »Manchmal kann ich diese Verräter verstehen«, sagte sie auf einmal, was bei Kell ein

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