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Emilia - Herzbeben

Emilia - Herzbeben

Titel: Emilia - Herzbeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Nell
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Geschäften hingen Schilder, die Aktionen zum Lichterfest ankündigten. »Hier muss ja bald die Fete schlechthin steigen«, murmelte er, schmiss sich die große Tasche über den Rücken und ging zum Eingang. Doch seine Schritte wurden immer langsamer. Er sah sich in der Glasscheibe des Eingangs und bemerkte den Schrecken in seinem und auch in Malinas Gesicht. Es ging schon wieder los. Das Gefühl bohrte sich in ihre Leiber wie ein Parasit. Er drehte sich um, ließ die Tasche sinken und trat noch einmal zurück an die Straße. Malina folgte ihm.
    »Kannst du es orten?«, fragte er seine Schwester, während sie ihre Blicke durch die Straßen schweifen ließen.
    »Nein«, hauchte sie. »Es fühlt sich an, als sei es überall. Aber es ist jetzt stärker. Wir sind ihm ganz nah.«
    »Ihm, es, was auch immer«, sagte Kell. »Er wird nicht mehr lange stillhalten. Er spürt es genauso wie wir. Wir machen uns noch heute Nacht auf sie Suche.«

14
    Mia saß im Schneidersitz auf ihrem Bett und blickte gedankenverloren ihr Tagebuch an. Das silberne Herz schimmerte in dem hereinfallenden Sonnenlicht und verleitete sie immer wieder dazu, mit dem Finger darüber zu fahren. Sie war fasziniert von diesem Herz. Es war anders. So, wie sie. Und so, wie ihre neuen Freunde. So, wie ihr ganzes Leben, das sie nun Seite für Seite in dieses Buch schrieb. Sie war erst ein paar Tage hier und ihr Leben hatte sich vollständig auf den Kopf gestellt. Es war nichts mehr wie vorher. Sie hatte Freunde, was sie wirklich niemals in ihrem Leben für möglich gehalten hätte. Sie war jetzt keine Außenseiterin mehr, sondern eine von ihnen. Es gab nun Menschen in ihrem Leben, die sich für sie interessierten und die sich nicht erschreckten, wenn sie sie ansahen. Es gab sogar einen Jungen, den sie mochte. Und der sie offenbar auch mochte, sofern sie das bisher deuten konnte. Sie glaubte fast normal zu sein. Wäre da nicht diese Geschichte mit den dunklen Wesen. Den Schatten und den Vampiren. Ihr Verstand versuchte immer noch ihr einzureden, dass das alles nur Spinnerei war. Dass diese übersinnlichen Teenager niemals irgendwelchen Vampiren begegnet waren, sondern nur Psychopathen mit spitzen Zähnen. Davon gab es sicherlich genug auf der Welt. Aber warum dann der ganze Aufwand die Schüler mit Waffen auszustatten? War ihr Großvater vielleicht paranoid? War er verrückt und steckte all diese Schüler mit seinen Geschichten an? Warum hatten ihre Eltern nie gewollt, dass sie von dieser Geschichte erfuhr? Weil das alles nur ein Hirngespinst war?
    Sie klappte das Buch auf und blätterte durch die Seiten. Wie sollte sie die Wahrheit herausfinden? Sie las noch einmal, was sieaufgeschrieben hatte. Sie konnte in ihrer Schrift ihre Aufregung erkennen. Zwischen den Seiten lag das Bild, das sie im Keller unter dem Kopfkissen gefunden hatte. Sie nahm es in die Hand und überlegte erneut, wie es entstanden sein könnte. Irgendjemand musste in ihrer Nähe gewesen sein. Aber wer? Ihr Vater war zu dem Zeitpunkt nicht da gewesen. Oder erinnerte sie sich einfach nur nicht mehr? Sie strich mit den Fingern über das Foto und seufzte. Dieses Bild war das einzige Foto, das sie besaß. Und es gehörte nicht einmal ihr. Gehörte es vielleicht ihrem Großvater? Schlief er da unten im Keller? Aber warum sollte er das tun? Sie legte das Foto zurück und blätterte nachdenklich weiter. Das Busunglück, der Mann, der den Bus geschubst hatte, der Einbrecher, die Unwetter … sie konnte das alles nicht zuordnen. Sie fühlte sich, als säße sie vor einem riesigen Puzzle und schaffte es nicht es zusammenzusetzen, weil die Teile einfach nicht ineinander passten. Auf der letzten Seite lag ein Stück des Kräuterbüschels, das sie aus dem Fenster geworfen hatte. Sie war an dem Tag hinunter gelaufen, um es aufzusammeln. Sie hatte es mit zwei Gabeln auseinander gerupft und ein Stück davon in ihr Tagebuch getan. Seit dem hatte sie das mit Tesafilm festgeklebte Kraut immer wieder betrachtet. Doch sie hatte es nicht mehr angefasst. Als sie ihren Großvater gefragt hatte, woraus diese Kräuterbüschel bestanden, hatte er nur ratlos mit den Schultern gezuckt. »Ich kenne mich damit nicht aus. Da musst du Alva fragen«, hatte er gesagt. »Ich weiß nur, dass die uns beschützen.« Auf ihre Frage hin, ob sie gefährlich waren, hatte er sie nur empört angesehen und gemeint, dass Alva ihnen doch kein gefährliches Kraut aushändigte! Mias Hände waren wieder verheilt, doch der Schmerz haftete immer

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