Emilia - Herzbeben
noch in ihrer Erinnerung. Wenn dieses Kraut Vampire abwehrte, warum verletzte es dann sie ? Sie konnte sich kaum vorstellen, dass es auch Walt verletzte. Er musste es ja in diese Schublade gestopft und im Haus aufgehängt haben. Sie ließ den Gedanken, der sie immer wieder beschlich, nicht zu, doch sie hatte seit dem immer mal wieder in den Spiegel gesehen und die Zähne gefletscht, um zu sehen, ob irgendetwas Ungewöhnliches an ihren Eckzähnen war. Und dann hatte sie sich selbst ausgelacht. Vielleicht wurde sie selbst langsam paranoid. Dann fiel ihr nochetwas ein: Das Fest, das an ihrem Geburtstag gefeiert wurde! Mia stand jetzt von ihrem Bett auf und ging zu ihrem Computer. Sie suchte nach Informationen zum Lichterfest und gelangte wieder auf die Webseite der Stadt. Als sie das Gründungsdatum las, erschrak sie. Es war nicht nur der Tag ihrer Geburt, sondern auch das Jahr ! Mia ließ sich entsetzt auf den Drehstuhl fallen und starrte das Datum an. Der Tag ihrer Geburt war der Auslöser für die Gründung des Lichterfestes! An diesem Tag war die Stadt ins Chaos gestürzt. Sie las den kurzen Text unter dem Datum und erfuhr, dass an diesem Tag nicht nur viele Menschen gestorben, sondern auch viele körperlich und seelisch zu Schaden gekommen waren. Mia dachte sofort an ihre Mutter und ihre Angststörung. Es war ja kein Wunder, dass sie Angst vor schlechtem Wetter hatte, wenn diese Katastrophe genau an dem Tag über die Stadt hereingebrochen war, als sie Mia zur Welt gebracht hatte. Mia klickte auf einen Link, der zu einer Seite führte, auf der die Opfer aufgelistet waren, die an diesem Tag gestorben waren. Sie scrollte hinunter und las die Namen. Und dann stutzte sie. Aina Emgau und Walter Emgau. Mia wusste nicht, warum ihr auf einmal eine Gänsehaut über die Arme schlich. War es Zufall, dass die Namen klangen wie Anna und Walt, die Namen ihrer Mutter und ihres Großvaters? Sie schüttelte mit dem Kopf und atmete tief ein. »Jetzt werd nicht paranoid«, flüsterte sie sich selbst zu und klickte die Todesliste schnell wieder weg. Doch der Gedanke blieb in ihrem Gehirn haften wie Kleber. Sie sah die alte Schatztruhe ihrer Mutter an und überlegte einen Moment. Dann kniete sie sich davor, öffnete sie und wühlte all ihre Sachen durch. Zeitschriften, Bücher, Make-Up Täschchen … alles durchsuchte sie nach einem Hinweis. Bis sie dann ganz unten auf ein altes Federetui stieß. Sie zog mit klopfendem Herzen den Reißverschluss auf, sah hinein und entdeckte an der Innenseite einen Namen. Aina Emgau.
Mia ließ es sofort fallen, sprang auf und stolperte rückwärts, bis sie gegen das Bett stieß und in die Kissen fiel. Mit aufgerissenen Augen und polterndem Herzen blickte sie immer noch das Etui an. Sie konnte es nicht glauben. Was hatte das zu bedeuten? War das etwa das Etui ihrer Mutter? Aber warum stand sie auf der Liste der Opfer? Sie schnappte nach Luft, immer wieder, aber sie konntesich kaum beruhigen. Was wurde hier gespielt? Was für ein Spiel spielten sie mit ihr?
In diesem Moment hörte sie, wie ein Wagen vor dem Haus hielt. Sie taumelte zum Fenster und sah, wie Jona, Nadja und Mike ausstiegen. Was wollten die hier? Es war doch Wochenende! War vielleicht etwas passiert? Mia klappte schnell die Kiste zu, lief aus dem Zimmer und stürmte die Stufen hinunter. Doch ihre Mutter stand schon an der Tür und öffnete. Alle drei grüßten sie fröhlich und als sie Mia entdeckten, fragte Jona auffordernd: »Hey Mia, Lust auf Kino und Pizza? Wir laden dich ein.«
Anna drehte sich zu ihrer Tochter um und sah sie erstaunt, jedoch erfreut an. Mia stand wie angewurzelt am Fuß der Treppe und blickte die Drei entgleist an. »Was??«
Nadja lachte. »Wir gehen ins Kino und anschließend in die Pizzabude. Über den Film können wir noch verhandeln. Kommst du mit?«
Mia sah sie groß an. Sie wollten mit ihr ausgehen? Sie blickte fassungslos ihre Mutter an, deren Augen hocherfreut funkelten und dann sah sie wieder Jona ins Gesicht. Er lächelte hoffnungsvoll. Sie wusste nicht, wie sie reagieren sollte. Das war das erste Mal in ihrem Leben, dass sie jemand einlud. Es war überhaupt das erste Mal, das sie ausging. Mit Freunden . Ohne Eltern. Was für Klamotten zog man sich dafür an?
»Natürlich kommt sie mit«, sagte ihre Mutter auf einmal und sah Mia unauffällig auffordernd an, »oder, Mia?« Dann schnappte sie sich den Minirucksack von der Kommode im Flur, steckte Mias Portemonnaie hinein und ihren Hausschlüssel und
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