Emilia - Herzbeben
Schulen, die ihr das Leben zur Hölle machten. Es lag an ihr. Nur an ihr. Und daran konnte er nichts ändern. Egal, was er versuchte. Aber sie war dankbar für seine Worte und nahm ihn in den Arm.
Beim Abendessen besprachen sie hauptsächlich organisatorische Dinge. Den Großteil der Schulsachen, die Mia brauchte, hatte Walt bereits besorgt. Einige wenige Bücher musste sie sich jedoch vorerst mit ihren Klassenkameraden teilen, bis sie geliefert wurden. Mia schluckte bei dieser Vorstellung. Die erste Zeit würde Walt sie zur Schule fahren, bis sie mit ihren neuen Freundenmitfuhr, erwähnte ihr Großvater, woraufhin Mia fast höhnisch gelacht hätte. Es war ihr wirklich ein Rätsel, warum sie alle so zuversichtlich waren, dass ihr Leben in dieser Stadt und an dieser Schule anders laufen würde, als sonst. Und selbst wenn, in einem Jahr würde sicher wieder etwas passieren, weshalb sie erneut umziehen mussten. Sie brauchte sich also gar nicht erst an diese Stadt gewöhnen. Als irgendwann ihr Vater zur Sprache kam, wurde Mia hellhörig.
»Er kommt bald nach. Er muss noch einiges erledigen, das Haus kündigen und so weiter«, berichtete ihre Mutter.
»Wenn es noch steht«, warf Mia ein und biss von ihrem Brot ab.
Walt guckte sie groß an. »Wie bitte?«
Mia erzählte ihm von dem Unwetter, woraufhin er so hastig nach Luft schnappte und Anna mit solch einem Schrecken in den Augen anblickte, dass Mia fast das Brot aus der Hand fiel. War das eine Familienkrankheit?, dachte sie sich. Fürchtete sich in dieser Familie jeder vor schlechtem Wetter? Dass ihre Mutter mit ihrer Angststörung panische Angst vor Unwetter hatte, war ihr klar. Aber ihr Großvater?
Anna hob beruhigend die Hände. »Es ist alles in Ordnung. Das Haus steht bestimmt noch und wir sind rechtzeitig weggekommen.«
Walt lehnte sich in seinem Stuhl zurück und wurde blass. Seinen Salat schob er von sich und rührte ihn nicht mehr an. »Du hast mir nur von einem Unwetter erzählt«, sagte Walt leise zu seiner Tochter.
Anna seufzte. »Das war vor ein paar Tagen über Mias Schule. Heute gab es noch eins. Aber«, sie sah ihn jetzt mit einem übertrieben bedeutsamen Gesichtsausdruck an, »wir sind ihm davon gefahren.«
Mia sah ihren Großvater prüfend an, der nun seine Ellenbogen auf dem Tisch aufstützte, seine Hände ineinander legte und sie vor dem Mund zu einer verkrampften Faust ballte. Sein Blick bohrte sich in das dunkle Holz des Tisches. Einen Moment lang sagte niemand etwas. Ihre Mutter versuchte zwar die Stille zu vertreiben, indem sie laut und beschäftigt mit dem Messer auf dem Teller herum klapperte, während sie sich noch ein Brot schmierte,aber die seltsame Atmosphäre konnte sie mit ihrer falschen Unbekümmertheit nicht überspielen.
»Es sind«, sagte Mia irgendwann, als ihr das besorgte Gesicht ihres Großvaters begann Angst einzujagen, »Meteorologen aus allen möglichen Ländern angereist, um zu untersuchen, was …«
»Ja«, unterbrach Walt sie und sah sie dann lange an. »Solche Wetterphänomene passieren in letzter Zeit häufiger. Sie tauchen plötzlich auf. Ohne Vorankündigung.« Dabei sah er wieder Anna an. Sein Gesicht wirkte angespannt.
»Wirklich?«, fragte Mia überrascht. »In den Nachrichten haben sie gesagt, dass es ein einzigartiges Phänomen war.« Mia sah von einem zum anderen. Sie wirkten beide angespannt und ihre Mutter sah etwas wütend aus.
Auf einmal schnaubte Walt ein lachen aus. »Glaub nicht alles, was dir die Nachrichten erzählen«, sagte er. »Ich verfolge diese Phänomene schon seit einer Weile und sie tauchen überall auf der Welt auf.« Als Anna ihm einen wütenden Blick zuwarf und das Messer auf dabei auf den Tisch knallte, fügte er noch hinzu: »Vermutlich ist es den Meteorologen peinlich, dass sie das Wetter nicht wirklich voraussagen können.« Und dann sagte er nichts mehr. Gar nichts.
Den Rest des Abends war es unangenehm still. Anna und Mia aßen stumm auf und danach ging Mia in ihr Zimmer und versuchte den Computer anzuschließen. Sie wollte ins Internet, um etwas über das Unwetter zu erfahren, das sie alle so erschreckte. Aber sie schaffte es nicht, die Kabel richtig einzustecken. Offenbar musste Walt doch jemanden herholen, der das für sie erledigte. Bis dahin würde sie noch warten müssen. Irgendetwas war mit diesem Unwetter, das ihre Familie nervös machte. Sehr nervös. Sie hatte gleich geahnt, dass die Angststörung ihrer Mutter nicht der Grund für diese helle Panik gewesen war. So
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