Emilia - Herzbeben
Hände über seinem Kopf. Sie wollte es nicht anders. Sie würde dabei sterben, wenn er jetzt das tat, was er die ganze Zeit vorgehabt hatte. Die Kraft würde sie zerfetzen. Er atmete tief ein und konzentrierte sich auf seine Macht, wobei sofort der Boden unter ihnen begann zu vibrieren.
»Tu das nicht«, sagte Emilia warnend. Als sie aber seinen Körper beben spürte, packte sie ihn am Kragen, riss ihn hoch und schleuderte ihn mit einer solchen Gewalt gegen eine Felsformation, dass sie unter seinem Aufprall in sich zusammenfiel. Rece stürzte zu Boden, rappelte sich aber sofort wieder knurrend vor Wut auf. »Verdammt, Emilia!«, schrie er sie an. Seine Stimme donnerte in ihren Knochen. Sie klang fast wie damals. »Ich habe keine andere Wahl!«
Sie kam wütend zu ihm gelaufen, während sie rief: »Du rettest sie damit nicht, du zerstörst ihr Leben! Was denkst du, waspassiert, wenn er erfährt, dass er deine Macht damals nicht wirklich absorbiert hat und du in deiner alten Gestalt zurückkommst? Hast du dir das genau überlegt?«
Rece stand mit geballten Fäusten vor ihr und sah mit seinem wütenden Gesicht fast so aus wie damals. Voller Dunkelheit, Macht und grenzenloser Überlegenheit. Trotz seiner veränderten Gestalt. An seinen Augen und seiner Mimik konnte man immer noch sein altes Wesen erkennen. Es würde immer zu sehen sein. Egal, in welcher Hülle er steckte.
»Wenn er herausfindet, dass er dich nicht töten kann «, sagte Emilia jetzt ruhiger, »wird er einen anderen Weg finden, dich zu zerstören, Rece.«
»Er wird nicht dazu kommen«, sagte er ebenso ruhig. »Ich werde ihn vernichten, mir seine Macht nehmen und in die Gestalt zurückkehren, die ich einst war. Ohne Körper.«
Emilia trat nun ganz nah an ihn heran und sah ihm tief in die Augen. »Und woher weißt du, dass sich die Geschichte nicht wiederholen wird? Dass er seine Energie nicht wieder von deiner abspalten und sich erneut in einem menschlichen Körper manifestieren wird? Dann musst du zurückkommen, um deine Tochter zu schützen. Dieser Kampf wird ewig weitergehen.« Sie strich sanft mit einer Hand über seine Wange. »Du kannst ihn genauso wenig töten, wie er dich töten kann. Ihr seid eins.«
Auf einmal sah sie in seinem Gesicht so etwas wie Zustimmung. Doch gleichzeitig auch Verzweiflung. Sie hatte recht. Er wollte es nicht wahrhaben, aber sie hatte recht. Angor hatte es damals nicht geschafft ihn zu töten und Rece würde auch ihn nie vollständig vernichten können. Reine Energie war nicht zerstörbar. Er würde eine Möglichkeit finden, zurückzukommen. Aber was blieb ihm anderes übrig?
»Ich kenne ihn«, sagte Emilia. »Und du kennst ihn auch. Wenn er weiß, dass er dich nicht töten kann, wird er einen anderen Weg finden, um dich zu vernichten. Und es gibt nur eins, womit er dich wirklich zerstören kann.«
Er sah zu ihr auf und ahnte schon, was sie sagen würde. Doch sein Gesicht wirkte dennoch entsetzt und schmerzverzerrt.
»Mia«, sagte Emilia. »Er wird sie nutzen, um dich zu quälen.Und genauso wird er Aina nutzen. Alles, was du liebst, wird er zerstören, nur um deine Seele zu zerreißen. Er darf nicht erfahren, dass du noch lebst, Rece«, sagte sie beschwörend. »Und schon gar nicht darf er erfahren, dass all deine Macht immer noch da ist. Dass du nur deshalb als Vampir zurückgekommen bist, damit er dich nicht mehr spürt und weiterhin glaubt, er habe deine Macht in sich aufgenommen.«
Rece löste sich jetzt von ihr und ging ein paar Schritte. »Ich kann nicht untätig hier herumstehen«, sagte er. »Mias Macht wächst und er spürt sie immer deutlicher. Er wird sie bald finden.«
»Wird er nicht«, sagte Emilia selbstsicher. »Es gibt eine Möglichkeit, sie weiterhin vor ihm zu verstecken, so dass er sie nicht mehr aufspüren kann.« Rece sah sie interessiert an und bemerkte, dass sie jetzt einen silbernen Herzanhänger aus ihrem Oberteil zog. Sie hielt ihn in der Hand und streichelte ihn mit ihren schlanken Fingern. »Wir verfolgen unseren eigenen Plan. Es ist schon alles in die Wege geleitet.«
Rece blickte ihr lange und nachdenklich in die Augen. Es keimte ein wenig Hoffnung in ihm auf, doch er wusste auch, dass Angor nicht dumm war. Er mochte manchmal blind vor Zorn sein, aber er war auch das hinterlistigste, mächtigste Wesen der Welt. Er ließ sich nicht einfach überlisten, denn er war die List. Er würde sich weiterhin für seinen eigenen Plan bereithalten. Wenn alles eskalierte, würde er ihn im
Weitere Kostenlose Bücher