Emilia - Herzbeben
mir eine Vorstellung von dem Ausmaß ihrer Macht. Du magst dich damit auskennen, weil du teilweise dieselbe Macht besitzt«, sagte sie zu ihm, »aber mein Metier ist die menschliche Macht, die Macht des Geistes. Und diese solltest du nicht unterschätzen! Ich weiß, was ich tue!«
Ramon sah sie missbilligend an und wich von ihr zurück. Ihm war selbst klar, dass es vermutlich keinen anderen Weg gab, als ihr zu vertrauen. Die Kraft, die Mia ausstrahlte wurde immer stärker. Sie würden sie bald finden. »In Ordnung«, grummelte er. »Was ist das für ein Typ?«
»Er ist ein alter Alchimist. Er arbeitet sehr intensiv mit Energien. Ich habe ihm schon Bescheid gesagt. Er erwartet uns in den nächsten Tagen.« Sie deutete auf die Karte und zeigte mit dem Finger direkt in den Norden Frankreichs, wobei sie sagte: »Wir haben nicht viel Zeit das Ganze zu organisieren. Jeder plant die Reise für sich, aber wir sollten alle zeitgleich und möglichst gemeinsam fahren, um ständig in Mias Nähe sein zu können.« Alva wandte sich jetzt wieder Mia zu. »Mia, ich buche für uns beide die kürzeste Route. Die anderen können sich daran orientieren. Wir sollten so bald wie möglich aufbrechen. Doch vorher«, sie sah auf und rief jetzt wieder in den Raum, »sollten sich alle auf eine eventuelle Konfrontation vorbereiten und sich von Ramon und den anderen beiden Vampiren zeigen lassen, wie man sich am besten zur Wehr setzt.« Sie sah Ramon an. »Die Sporthalle der Schule gehört morgen den ganzen Tag euch. Übermorgen geht es los.«
26
Ramon hatte ihr so viele hundert Euro Scheine in die Hand gedrückt, als sei es Spielgeld und sie mit Nadja und Emma in die Stadt gefahren. Jetzt gingen sie von Laden zu Laden, doch Mia hatte keine Ahnung, was für ein Kleidungsstil ihr gefiel. Sie hatte noch nie nach ihrem Geschmack eingekauft, sondern sich immer nur danach gerichtet, welche Klamotten am unauffälligsten waren. Und am liebsten hätte sie auch jetzt wieder auf diese Weise eingekauft. Aber Nadja und Emma redeten ihr die immer grauen Sweatshirts und blauen Jeans aus und hielten ganze Reden davon, dass man mit seiner Kleidung seine Persönlichkeit zum Ausdruck brachte.
»Du bist nicht grau und langweilig, Mia«, bekräftigte Emma. »Du bist außergewöhnlich und einzigartig! Und du bist unglaublich stark. Du hast diesen Ramon durchs Wohnzimmer geschleudert!«, jetzt kicherten beide. »Und du bist Reces Tochter! Du kannst nicht wie ein graues Mäuschen rumrennen.«
Mia sah sich peinlich berührt um.
»Keine Sorge«, lachte Nadja. »Niemand von denen hier weiß, wer Rece ist.«
Sie konnte nicht fassen, dass sie damit so locker umgingen und obendrein auch noch vor Begeisterung und Faszination fast platzten. Hatten sie die ganze Sache vielleicht nicht richtig verstanden? Sie war das Kind des Bösen ! Obwohl sie sich das selbst immer noch nicht vorstellen konnte und sie allein die Vorstellung eher zum lachen brachte. Ihr Vater war nicht einmal annähernd und im entferntesten Sinn teuflisch. Im Gegenteil! Er war der wunderbarste Mensch der Welt! Er war zwar sehr selbstbewusst und wirkte manchmal überheblich und arrogant, womit er dieLeute schon mal einschüchterte, aber er war doch nicht böse!
Emma und Nadja waren der Meinung, dass Mia Kleidung tragen sollte, die sowohl ihre dunkle Seite, als auch das Gute in ihr ausdrückte, ihre Weiblichkeit unterstrich und ihre Macht und Größe zeigte und so flitzten sie wie Profis durch den Laden und türmten Mia Klamotten auf, die sie sich nie im Leben selbst ausgesucht hätte. Kräftige Farben, viel rot und schwarz, Stiefel, die bis zu den Knien gingen, Push-up BHs, hautenge Oberteile und immer wieder Lederjacken, weil sie fanden, dass ihr die Jacke ihrer Mutter so gut stand. Am Ende waren sie bepackt mit unzähligen Einkaufstaschen und als sie nicht mehr wussten wohin damit, tauchte Ramon wieder auf. Die ganze Zeit hatte er sich nicht blicken lassen, um Mia das Gefühl zu geben mit ihren Freundinnen ganz allein zu sein. Doch jetzt stand er wie bestellt mit seinem Wagen vor ihnen und öffnete den Kofferraum. Sie luden alles ein und teilten Ramon mit, dass sie irgendwo in der Stadt noch ein Eis zusammen essen wollten. Ramon willigte ohne zu zögern ein und verschwand sofort wieder.
»Ich glaube, es wird in den nächsten Tagen stressig genug«, sagte Nadja, als sie die Eisdiele im Zentrum betraten. »Ein bisschen Entspannung wird uns gut tun.«
Sie setzten sich gemeinsam an einen Tisch am
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