Emilia - Herzbeben
Monster aus ihrer Vision tatsächlich vor ihr gestanden hatte. Sie hatte nicht daran glauben wollen, dass es diese Wesen tatsächlich gab. Wer konnte sich so etwas denn auch vorstellen, wenn einem jemand davon erzählte? Doch jetzt hatte sie es mit eigenen Augen gesehen. All ihre Zweifel waren plötzlich dahin. Sie zweifelte nicht einmal mehr daran, dass es den Teufel gab. Denn wer sollte sonst dazu in der Lage sein, solch ein Wesen zu erschaffen? Das konnte wohl kaum die Schöpfung eines Vampirs sein. Wieder sah sie Ramon an. Er holte immer wieder tief Luft und drückte das Lenkrad so fest, dass man es knirschen hörte.
Auf einmal klingelte das Telefon. Alva war dran. Sie teilte Ramon mit, dass einige von ihnen den nächsten Zug nahmen und der Rest mit dem Auto die Stadt verließ. »Vielleicht sollten wir einen Treffpunkt ausmachen«, schlug sie vor, »wo wir besprechen können, wie es weiter geht.«
»Da gibt’s nichts zu besprechen«, brummte Ramon ablehnend. »Wir haben alle dasselbe Ziel. Wir fahren zu diesem Alchimisten, lassen Mias Energie von ihm tarnen und fahren wieder zurück. Wir treffen uns dort.«
Mia sah ihn erschrocken an und einen Moment lang war es still am Telefon. »Einige von Mias Freunden möchten sich davon überzeugen, dass es ihr gut geht«, sagte Alva wütend. »Und der Plan war, dass sie in ihrer Nähe bleiben, um sie zu beschützen.«
»Der Plan hat sich geändert!«, schnauzte Ramon. »Es ist wohl eurer Aufmerksamkeit entgangen, dass ein Schatten in der Stadt war!«
»Nein, das ist mir vollkommen bewusst!«, schnauzte sie zurück. »Einige von uns hat er ziemlich in Mitleidenschaft gezogen. Ich verlange ja auch nicht, dass du sofort anhältst! Aber wir brauchen einen Treffpunkt, um uns zu organisieren und zu versammeln.«
Ramon dachte eine Weile still nach. Mia sah, dass er dabei die Zähne zusammen biss. Dann tippte er auf seinem Navigationsgerät herum. »Wie viele seid ihr?«, fragte er dann.
»Ich habe nicht die leiseste Ahnung. Einige reisen auch aus anderen Städten an. Von hier sind es mindestens 100.«
Ramon seufzte. »Wir müssen teilweise durch die Schweiz fahren. Ich mache nicht Halt, bevor wir nicht zumindest dort sind. Sucht euch eine Raststätte aus. Wir werden dort sein.«
»Gut«, sagte Alva und legte auf.
Mia lehnte sich jetzt vor und sah ihn erneut durch den Rückspiegel an. Seine Augen waren immer noch schwarz. »Ramon«, sagte sie. »Was ist los? Du bist so…«
»Es geht mir gut, Mia!«, fuhr er sie an, biss sich dann auf die Unterlippe und griff sich wütend ins Haar. Dann holte er tief Luft und sagte leiser: »Entschuldige. Ich fange mich schon wieder.«
Mia ließ jedoch nicht locker. Sie sah, wie manchmal seine Hände zitterten und sich seine Brust hastig auf und ab bewegte. »Was hat der Schatten mit dir gemacht?«, wollte sie wissen.
Er antwortete lange nicht und versuchte ihren Blicken auszuweichen. Doch irgendwann sagte er mit leiser Stimme: »Er hat nichts mit mir gemacht, Mia. Ich habe seine Energie absorbiert und ihn damit vernichtet. Das hat mich einfach etwas … mitgenommen.«
Mia sah ihn erschrocken an. Er hatte was ? Den Schatten absorbiert ? Sie wusste gar nicht, dass das für einen Vampir möglich war! Sie sah erneut die Szene vor sich, wie der Schatten in seineBrust eingedrungen war und bekam eine Gänsehaut. Dann erinnerte sie sich an die Worte ihres Großvaters. Er hatte gesagt, dass Schatten aus purer negativer Energie bestünden. War Ramon deshalb jetzt so seltsam? Machte ihn diese negative Energie böse?
Er reagierte nicht auf ihre Gedanken. Und er sagte auch nichts mehr. Mia ließ ihn in Ruhe. Vielleicht brauchte er Zeit, um mit der Schattenenergie zurechtzukommen oder … sie zu verdauen. Wie auch immer, sie war froh, dass er nicht von dem Schatten angegriffen oder besetzt worden war. Sie wandte sich noch einmal zu Jona um, der immer noch bewusstlos dasaß. Sein Kopf lehnte an der Scheibe. Warum war er ihr nachgelaufen? Hatte sie ihn nicht erschreckt, als sie die Medizinbälle wie Hagel hatte hinunter regnen lassen? Hatte er nicht irgendwann genug von ihr? Außerdem hatte er doch genau gewusst, in welche Situation er da hinein rannte, als er ihr auf das Feld gefolgt war. Warum hatte er das getan? Er kannte sie doch kaum. Sie war erst seit ein paar Tagen hier und er rannte ihretwegen in den Tod. Und was war mit all den anderen? Warum taten sie das alles? Als er so mit geschlossenen Augen dalag und ihm sein dunkelblondes Haar in
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