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Emily, allein

Emily, allein

Titel: Emily, allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stewart O'Nan
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Abendessen als Bühne genutzt, und wenn Henry so klug war, sich nicht ködern zu lassen, hatte sie ihnen vorgeworfen, sie verhielten sich wie Schafe. Auch vierzig Jahre später hatte Margaret sich kein bisschen geändert. Sie war noch genauso pathetisch und unnachgiebig, genauso scharf und geringschätzig. Und was noch schlimmer war, sie schien aus ihren eigenen Erfahrungen keine Lehren ziehen zu können, als seien ihre politischen Ansichten nicht mitschuldig an ihrer derzeitigen Situation. Da Emily wusste, wie empfindlich sie reagierte, wenn Margaret darüber schimpfte, dass die Republikaner immer mehr Schulden machten, verkniff sie sich, daraufhinzuweisen, dass eine Republikanerin Margarets Hypothek abtrug.
    Arlene hatte schon früh zu verstehen gegeben, dass sie für Hillary stimme und sich als Frau riesig freue, diese Gelegenheit zu bekommen. Emily, die die Ehe der Clintons als ganz faulen Kompromiss betrachtete, hielt Hillary für ein schlechtes Vorbild. Sie verstand, dass Arlene begeistert war, endlich eine brauchbare Kandidatin zu haben. Doch leider handelte es sich dabei um Lady Macbeth.
    Nach den Schildern zu urteilen, die in der ganzen Straße auf dem Rasen standen, waren Emilys Nachbarn geschlossen für Obama. Auf dem Aufkleber an der Stoßstange von Marcia Coles Hybridwagen stand: WANDEL, AN DEN WIR GLAUBEN KÖNNEN. Emily fand, dass Marcia zu alt war, um an solche hochtrabenden Slogans zu glauben, doch Marcia tat vieles, wofür sie eigentlich zu alt war. Vielleicht war das Ganze ein Generationskonflikt, und die alternden Kinder der sechziger Jahre rächten sich mit der perfekten positiven Diskriminierung. Obama war nicht einmal zwei Jahre Senator, und Emily hatte aus seinem Mund nichts als Platitüden gehört. Es brachte sie auf die Palme, dass er in den Medien mit Jack Kennedy verglichen wurde, als ob das etwas Gutes sei.
    Sie würde eher für John McCain stimmen, wenn er bloß nicht so ein fanatischer Kriegsbefürworter wäre. Wenn er nicht zu den Keating Five gehört hätte. Und seine erste Frau nach ihrem Unfall nicht sitzengelassen hätte.
    Weder Mitt Romney, der ihr zu glatt vorkam, noch Mike Huckabee, der wie Hillary nicht genug Vernunft oder Anstand besaß, um aufzugeben, wären ihr lieber gewesen. Lieber hätte sie Bob Dole gewählt oder den ersten George Bush, der noch eine Amtszeit bewältigen könnte. War es zu viel verlangt, jemanden haben zu wollen, an den sie glauben konnte?
    Bis zum letzten Moment sagte sie sich immer wieder, dass sie diesmal nicht wählen gehe. Mehr aus Pflichtgefühl als aus Überzeugung fuhr sie dann doch zur Fulton-Grundschule (inzwischen Fulton Academy), wo eine Reihe von Polizisten in Leuchtwesten die Autos über den belebten Parkplatz winkten. Sie hatte bis zum Vormittag gewartet, um dem größten Andrang aus dem Weg zu gehen, doch in der hallenden Turnhalle standen schon Dutzende von Menschen an - größtenteils Schwarze, alles Demokraten. Am republikanischen Tisch war alles leer. Emily zeigte Hazel Sayers von der Kirche ihre Registrierung, zog den Vorhang der Wahlkabine zu und stimmte, das Gesicht verziehend, für John McCain. Beim Verlassen der Turnhalle reichte ihr ein freiwilliger Helfer den vertrauten Aufkleber, auf dem stand: ICH HABE HEUTE GEWÄHLT. Emily drückte ihn an den Busen und trug ihn voller Stolz in die Welt hinaus.
     
    Das Rätsel um Marcia Cole
     
    Mit dem Frühling kamen nicht nur die Knospen und Blüten, sondern auch die Paarungsrituale - die, wie es Emily vorkam, alle nachts stattfanden. Die Frösche quakten, Buster und seine Freunde streiften hinterm Haus herum und hielten sie mit ihren Ständchen und ihrem Liebeszank wach. Sie musste die Schlafzimmerfenster schließen, um diese Oper der Fleischeslust auszusperren.
    Das waren die Stunden, in denen ihr Henry besonders fehlte, sein großer, warmer Körper beruhigend an sie geschmiegt. Sein Arm wie ein herabgefallener Zweig um ihre Rippen gehakt, seine Knie in ihre Kniekehlen geschoben, lagen sie aneinandergekuschelt da, dann rollten sich beide wortlos auf die andere Seite, und sie umarmte ihn, küsste seinen Rücken. Morgens hatte er sie voll Verlangen mit dem Finger angestoßen, und obwohl sie genüssliche Erinnerungen an dieses Beisammenliegen bewahrte, fehlte ihr der Geruch seiner Haut am meisten.
    Als sie eines Nachts wegen des Lärms nicht schlafen konnte, warf sie die Decke von sich und tappte ins Bad, um Bufferin einzunehmen und ihr Wasserglas wieder aufzufüllen. Der Mond schien hell

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