Emily, allein
gemacht», bemerkte Marcia.
«Wenn man halbwüchsige Kinder hat, lernt man so was», sagte Emily, bereute es aber sofort. Die Coles waren kinderlos, und obwohl sie noch nie über das Thema gesprochen hatten, vermutete Emily, dass sie es nicht freiwillig waren. Wenn sie es sich auf ihrer hinteren Veranda gemütlich machten oder wenn Emily auf dem Treppenabsatz stehenblieb, um in das Wohnzimmerfenster der Coles zu blicken, sah sie manchmal, wie Marcia oder Jim Buster auf den Arm nahm und ihn wie ein Baby wiegte.
Emily ging von einer Batterie zur anderen, schob sich an der Wand entlang und drückte die Klemmen mit beiden Händen auf. Als sie das Massekabel an einem Flansch am Motorblock des Olds befestigte, gab es einen Funken.
«Muss das so sein?», fragte Marcia.
«Es bedeutet, dass die Verbindung steht. Jetzt warten wir, bis sich die Batterie ein bisschen aufgeladen hat.»
Beim Warten hatte Emily die Gelegenheit, sich Marcias Wagen näher anzusehen. Neben dem Olds sah er schnittig und futuristisch aus, wie eine makellose weiße Raumkapsel. Er war erstaunlich geräumig. Marcia sagte, man brauche keinen Schlüssel, sondern müsse bloß einen Knopf drücken, um ihn zu starten. Die Bedienelemente befänden sich alle dicht nebeneinander auf dem Armaturenbrett, auch der Schalthebel.
«Das ist ja ganz anders», sagte Emily.
«Anfangs ist es seltsam, aber man gewöhnt sich dran.»
«Und wie fährt er sich auf dem Highway?»
«Genau wie ein normaler Wagen. Er schafft nicht gerade hundertsechzig, aber hundertdreißig sind kein Problem, und man braucht nicht zu tanken.»
«Gar nicht mehr?»
«So gut wie nie. Ich glaube, auf dem Highway verbraucht er vier Liter auf hundert Kilometer. Und Ihrer?»
«Auf alle Fälle mehr», sagte Emily.
Wieder in den Olds zu steigen war wie eine Zeitreise. Die sofaartige Sitzbank, die olivgrünen Polster, die Holzimitationen am Armaturenbrett, die Chromknöpfe des Radios - all das gehörte einer Zeit an, die sie und Henry erlebt hatten, doch eigentlich nicht als die ihre bezeichnen konnten. Er war Baujahr ’82, das hieß, Henry war damals erst dreiundfünfzig gewesen - noch ziemlich jung. Es war der größte Olds, der je hergestellt wurde, ein langer, stabiler Wagen, der zu einem Abteilungsleiter bei Westinghouse passte, aber völlig unpraktisch war. Die Kinder waren aus dem Haus, und sie waren nur noch zu zweit gewesen, doch Emily war klar: Er stellte Henrys Belohnung dar. Arlene machte sich darüber lustig und nannte den Wagen Henrys Braddock Cadillac, nach den verrosteten Sechziger-Jahre-Ungetümen, die in den ärmeren Gegenden des East Ends herumfuhren, und obwohl Emily nicht über die Stichelei lachen konnte, dachte sie insgeheim, dass Arlene nicht ganz falsch lag. Wenn man den größten Wagen fuhr, sollte das etwas aussagen. Im Gegensatz zu Arlene fand sie Statussymbole nicht schlimm, besonders wenn man dafür hart gearbeitet hatte, und niemand hatte härter gearbeitet als Henry.
Sie steckte den Schlüssel ins Zündschloss. «Wird schon schiefgehen», sagte sie zu Rufus und drehte das Handgelenk.
Der Anlasser tuckerte, und der Olds ruckelte und spie eine blauweiße Abgaswolke über Marcias Wagen, begann dann zu stottern und ging wieder aus.
Beim zweiten Versuch sprang er an und lief ziemlich unruhig, bis er in einen gleichmäßigen Leerlauf überging. Zur Sicherheit ließ sie den Motor ein paarmal aufheulen, stieg dann aus und löste die Kabel in umgekehrter Reihenfolge.
«Wo ich Sie schon mal hier habe, macht es Ihnen hoffentlieh nichts aus, wenn ich Sie noch mal einspanne», sagte sie und bat Marcia aufzupassen, während sie rückwärts aus der Garage fuhr.
Sie musste nur die Räder gerade halten. Doch obwohl sie das wusste, fuhr sie vorsichtig, da sie nicht genau sehen konnte, wo die Kotflügel aufhörten.
«Sieht gut aus», rief Marcia, die sie mit gerecktem Hals weiterwinkte, bis Emily, schon zur Hälfte draußen, etwas mehr von der Bremse ging und voller Gottvertrauen den Olds - ziemlich schnell - rückwärts auf den Hof gleiten ließ. Dass sie nirgends anstieß, schrieb sie dem Glück und ihrer Angst zu.
Marcia klatschte Beifall. «Gut gemacht.»
«Danke. Das hätte ich allein niemals geschafft.»
«Sieht aus, als hätte Ihnen jemand einen Besuch abgestattet.» Marcia deutete auf die Pfotenspuren auf der Haube.
«Das ist schon in Ordnung, ich muss den Wagen sowieso waschen.»
«Ich frage mich, ob das der große Schildpattkater war, der sich hier in der Gegend
Weitere Kostenlose Bücher