Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)
Weg von Bächen überquert, die gurgelnd vom Hochland niederstürzten. Meine Füsse waren völlig durchnässt. Ich war verdriesslich und niedergeschlagen, gerade in der Stimmung, die zu unserem unerquicklichen Vorhaben passte. Wir betraten das Gutshaus durch die Küche, um uns Gewissheit zu verschaffen, ob Mr. Heathcliff wirklich nicht da sei, denn ich traute ihm nicht.
Joseph saß anscheinend ganz allein in einer Art Elysium neben einem knatternden Feuer, seine kurze schwarze Pfeife im Mund, ein Viertel Bier vor sich auf dem Tisch, der mit großen Stücken von geröstetem Haferkuchen beladen war. Catherine lief zum Herd, um sich zu wärmen. Ich fragte, ob der Herr zu Hause sei; doch blieb meine Frage so lange unbeantwortet, dass ich glaubte, der alte Mann wäre taub geworden, und sie lauter wiederholte.
»Nee«, knurrte oder vielmehr stiess er durch die Nase hervor. »Macht, dass ’r hingeht, wo ’r hergekommen seid.«
»Joseph!« Gleichzeitig mit mir rief das eine grämliche Stimme aus dem inneren Zimmer. »Wie oft soll ich dich rufen? Hier ist kaum noch etwas Glut. Joseph, komm sofort her!«
Ein kräftiges Paffen aus der Pfeife und der unbewegte starre Blick ins Herdfeuer bekundeten, dass er diesem Ruf keine Folge leisten wollte. Die Haushälterin und Hareton waren unsichtbar; wahrscheinlich machte sie eine Besorgung, und er war bei seiner Arbeit. Wir hatten Lintons Stimme erkannt und traten ein.
»Oh, ich wünsche dir, dass du in einer Bodenkammer verhungerst«, sagte der Junge, der uns kommen hörte und glaubte, es sei der pflichtvergessene Knecht. Er hielt inne, als er seinen Irrtum bemerkte, und seine Kusine flog auf ihn zu.
»Sind Sie es, Miss Linton?« sagte er und hob seinen Kopf von der Lehne des großen Sessels, in dem er ruhte. »Nein, küssen Sie mich nicht, es benimmt mir den Atem. Du meine Güte! Papa sagte, Sie kämen«, fuhr er fort, nachdem er sich etwas von Catherines Umarmungen erholt hatte, während sie sehr zerknirscht dastand. »Wollen Sie bitte die Tür schließen? Sie haben sie offen gelassen, und diese — diese abscheulichen Geschöpfe wollen keine Kohlen für den Kamin bringen. Es ist so kalt.«
Ich schürte in der Asche und holte selbst einen Korb Kohlen. Der Kranke beschwerte sich, ich hätte ihn mit Asche bestäubt; aber da er einen quälenden Husten hatte und fiebrig und krank aussah, nahm ich seine schlechte Laune ohne Vorwurf hin.
»Nun, Linton«, murmelte Catherine, als die Falten seiner Stirn sich geglättet hatten, »freust du dich, mich zu sehen? Kann ich irgend etwas für dich tun?«
»Warum sind Sie nicht eher gekommen?« sagte er. »Sie hätten herkommen sollen, statt zu schreiben. Es war grässlich ermüdend, so lange Briefe zu schreiben. Ich hätte mich viel lieber mit Ihnen unterhalten. Jetzt kann ich weder sprechen noch sonst etwas vertragen. Ich möchte wissen, wo Zillah ist. Willst du«, mit einem Blick auf mich, »mal in die Küche gehen und nachsehen?«
Ich hatte keinen Dank für meine anderen Dienste geerntet, und da ich keine Lust hatte, auf sein Geheiss hin und her zu laufen, erwiderte ich: »Dort ist niemand ausser Joseph.«
»Ich habe Durst«, sagte er, sich verdriesslich abwendend. »Zillah läuft immer nach Gimmerton, seit Papa fort ist. Es ist ein Elend. Und ich muss hier herunterkommen, denn sie haben sich vorgenommen, mich überhaupt nicht zu hören, wenn ich oben bin.«
»Kümmert sich Ihr Vater um Sie, Master Heathcliff?« fragte ich, als ich merkte, dass Catherines freundliches Entgegenkommen abgelehnt wurde.
»Kümmern? Zum mindesten sorgt er dafür, dass sie sich etwas mehr um mich kümmern«, schrie er. »Die Bande! Wissen Sie, Miss Linton, dieses Scheusal, der Hareton, macht sich über mich lustig. Ich hasse ihn. Wirklich, ich hasse sie alle; sie sind widerwärtige Geschöpfe.«
Cathy suchte nach etwas Wasser; im Schrank stiess sie auf einen Krug, füllte ein Glas und brachte es ihm. Er bat sie, einen Löffel Wein aus der Flasche auf dem Tisch hinzuzufügen, wurde, nachdem er etwas davon getrunken hatte, ruhiger und sagte, sie wäre sehr freundlich.
»Und freust du dich, mich zu sehen?« sagte sie, ihre frühere Frage wiederholend und froh, die schwache Andeutung eines Lächelns bei ihm zu entdecken.
»Ja, ich freue mich. Es ist mal etwas anderes, eine Stimme wie die Ihre zu hören«, entgegnete er. »Aber ich bin sehr ärgerlich gewesen, weil Sie nicht herkommen wollten. Und Papa schwor, ich sei daran schuld; er nannte mich einen
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