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Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Titel: Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Brontë
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erbärmlichen, wankelmütigen, unnützen Bengel und meinte, Sie verachteten mich. Er sagte, wenn er an meiner Stelle gewesen wäre, würde er bereits in Thrushcross Grange mehr zu sagen haben als Ihr Vater. Aber nicht wahr, Sie verachten mich nicht, Miss…«
    »Ich möchte, dass du Catherine oder Cathy zu mir sagst«, unterbrach meine junge Herrin. »Dich verachten? Nein. Nächst Papa und Ellen bist du mir der liebste Mensch auf Erden. Aber Mr. Heathcliff mag ich nicht, und ich wage nicht, herzukommen, wenn er wieder da ist. Wird er lange wegbleiben?«
    »Nicht lange«, antwortete Linton; »aber er geht häufig ins Moor, seit die Jagd begonnen hat, und du könntest während seiner Abwesenheit ein oder zwei Stunden bei mir sein. Ja? Sag, dass du es willst. Ich glaube, mit dir würde ich nicht so verdriesslich sein; du würdest mich nicht reizen, sondern immer bereit sein, mir zu helfen, nicht wahr?«
    »Ja«, sagte Catherine und streichelte sein langes, weiches Haar, »wenn ich nur von Papa die Erlaubnis bekommen könnte, würde ich die Hälfte meiner Zeit bei dir zubringen, lieber Linton. Ich wünschte, du wärst mein Bruder.«
    »Und dann würdest du mich so lieb haben wie deinen Vater?« bemerkte er, fröhlicher. »Aber Papa sagt, du würdest mich mehr als ihn und alle Welt lieben, wenn du meine Frau wärst; darum möchte ich eigentlich, du wärst es.«
    »Nein, ich könnte niemand mehr lieben als Papa«, erwiderte sie ernsthaft. »Und manche Männer hassen ihre Frauen, nicht aber ihre Schwestern und Brüder, und wenn du mein Bruder wärst, würdest du bei uns wohnen, und Papa würde dich genauso lieb haben wie mich.«
    Linton bestritt, dass Männer jemals ihre Frauen hassten, aber Cathy bestand darauf, dass es vorkäme, und führte in ihrer Weisheit die Abneigung seines eigenen Vaters gegen ihre Tante an. Ich versuchte ihr gedankenloses Mundwerk zum Schweigen zu bringen, doch gelang es mir nicht eher, als bis alles, was sie wusste, ausgeplaudert war. Master Heathcliff behauptete, sehr erzürnt, ihr Bericht sei unwahr.
    »Papa hat es mir gesagt, und Papa sagt keine Unwahrheit«, antwortete sie schnippisch.
    »Mein Vater verachtet deinen«, schrie Linton. »Er nennt ihn einen Leisetreter.«
    »Deiner ist ein schlechter Mensch«, gab Catherine scharf zurück, »und du bist sehr unartig, dass du zu wiederholen wagst, was er sagt. Er muss schlecht sein, weil er Tante Isabella dazu gebracht hat, ihn zu verlassen, so, wie sie es getan hat.«
    »Sie hat ihn nicht verlassen«, sagte der Junge; »du sollst mir nicht widersprechen.«
    »Doch«, schrie meine junge Herrin.
    »So, dann werde ich dir etwas erzählen«, sagte Linton.
    »Deine Mutter hat deinen Vater gehasst; nun weisst du’s.« »Oh«, rief Catherine, zu empört, um weiterzusprechen. »Und sie hat meinen geliebt«, fügte er hinzu.
    »Du alter Lügner! Jetzt hasse ich dich«, keuchte sie, und ihr Gesicht war rot vor Zorn.
    »Sie hat es getan, sie hat es getan«, sang Linton, in den Schutz des Sessels zurücksinkend und seinen Kopf zurücklehnend, um sich besser an der Aufregung seiner Partnerin weiden zu können, die hinter ihm stand.
    »Still, Master Heathcliff«, sagte ich, »das hat Ihnen wohl auch Ihr Vater vorerzählt.«
    »Nein, halt den Mund!« antwortete er. »Sie hat es getan, sie hat es getan, Catherine. Sie hat es getan, sie hat es getan.«
    Cathy, ausser sich, versetzte dem Stuhl einen heftigen Stoß, so dass Linton gegen eine der Armlehnen fiel. Sofort wurde er von einem erstickenden Husten befallen, der seinem Triumph ein schnelles Ende bereitete. Er dauerte so lange, dass selbst ich erschrocken war. Und seine Kusine, ach, sie weinte aus Leibeskräften, entsetzt über das Unheil, das sie angerichtet hatte, doch sagte sie nichts. Ich hielt ihn, bis der Anfall vorüber war, dann stiess er mich von sich und ließ schweigend den Kopf hängen. Catherine unterdrückte ihre Klagen ebenfalls, setzte sich ihm gegenüber und blickte ernst ins Feuer.
    »Wie fühlen Sie sich jetzt, Master Heathcliff?« fragte ich, als zehn Minuten verflossen waren.
    »Ich wünschte, sie fühlte sich so wie ich«, antwortete er. »Boshaftes, grausames Ding! Hareton rührt mich nie an; er hat mich noch nie im Leben geschlagen. Und heute ging es mir besser, und jetzt…«, seine Worte gingen in einem Wimmern unter.
    »Ich habe dich nicht geschlagen«, murmelte Cathy und biss sich auf die Lippen, um einen neuen Gefühlsausbruch zu verhindern.
    Er seufzte und stöhnte wie einer,

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