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Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Titel: Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Brontë
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war, als du kamst, nicht so krank, wie ich jetzt bin, nicht wahr?«
    »Aber du hast dich selbst krank gemacht durch dein Weinen und Toben; es war nicht allein meine Schuld«, sagte seine Kusine. »Aber nun wollen wir wieder Freunde sein. Und du brauchst mich? Du möchtest mich wirklich manchmal sehen?«
    »Ich habe es dir doch schon gesagt«, entgegnete er ungeduldig. »Setz dich auf die Bank und lass mich meinen Kopf auf deinen Schoß legen. So hat es Mama ganze Nachmittage lang gemacht. Sitz ganz still und sprich nicht; aber du darfst ein Lied singen, wenn du singen kannst, oder du darfst eine lange, spannende Ballade aufsagen, eine von denen, die du mir beibringen wolltest, oder eine Geschichte. Aber lieber möchte ich von dir eine Ballade hören. Fang also an!«
    Catherine sagte die längste auf, die sie kannte. Das gefiel beiden über alle Maßen. Linton wollte noch eine hören und danach noch eine, ungeachtet meiner eifrigen Einwände, und so trieben sie es weiter, bis die Uhr zwölf schlug und wir im Hof Hareton hörten, der zum Mittagessen kam.
    »Und morgen, Catherine, wirst du morgen wieder hier sein?« fragte der junge Heathcliff und hielt sie am Kleid fest, als sie sich widerstrebend erhob.
    »Nein«, antwortete ich, »und übermorgen auch nicht.« Sie jedoch gab ihm offenbar einen anderen Bescheid; denn seine Stirn glättete sich, als sie sich niederbeugte und ihm etwas ins Ohr flüsterte.
    »Sie werden morgen nicht hingehen, denken Sie daran, Miss Cathy«, begann ich, als wir das Haus verlassen hatten. »Sie können doch nicht im Traum daran denken?«
    Sie lächelte.
    »Oh, ich werde schon gut achtgeben«, fuhr ich fort. »Ich werde das Schloss instand setzen lassen, und eine andere Stelle zum Entwischen gibt es nicht.«
    »Ich kann über die Mauer klettern«, sagte sie lachend. »Thrushcross Grange ist kein Gefängnis, Ellen, und du bist nicht mein Wärter. Ausserdem bin ich beinahe siebzehn Jahre, ich bin erwachsen. Und ich bin sicher, Linton würde sich schnell erholen, wenn ich nach ihm sähe. Ich bin älter als er, denke daran, und klüger, weniger kindisch, nicht wahr? Er wird bald tun, was ich ihm sage, wenn ich ihm nur ein bisschen zurede. Er ist so ein niedlicher, lieber kleiner Kerl, wenn er brav ist. Ich würde eine Hätschelpuppe aus ihm machen, wenn er mir gehörte. Wir würden uns nie zanken, wenn wir uns aneinander gewöhnt hätten, nicht wahr? Hast du ihn nicht gern, Ellen?«
    »Ich ihn gern haben?« rief ich aus. »Diesen übellaunigsten aller kränklichen Sprösslinge, die es je gegeben hat? Zum Glück wird er, wie Mr. Heathcliff vermutet, gar nicht zwanzig Jahre alt werden. Ja, ich bezweifle sogar, dass er den Frühling erleben wird. Es wird kein großer Verlust für seine Familie sein, wenn er entschläft. Und ein Glück für uns, dass sein Vater ihn zu sich genommen hat; denn je freundlicher er behandelt worden wäre, desto anspruchsvoller und selbstsüchtiger wäre er geworden. Ich bin froh, dass keine Möglichkeit für Sie besteht, ihn zu heiraten, Miss Catherine.«
    Meine Begleiterin wurde ernst bei meinen Worten. Dass ich so gleichgültig von seinem Tod sprechen konnte, verletzte ihre Gefühle.
    »Er ist jünger als ich«, antwortete sie nach einer langen Pause des Nachdenkens, »und er sollte länger leben; er wird, er muss so lange leben wie ich. Er ist jetzt genauso kräftig wie damals, als er zu uns in den Norden kam, davon bin ich überzeugt. Es ist nur eine Erkältung, die ihn plagt, so eine, wie Papa sie hat. Du sagst, Papa wird gesund werden, warum also er nicht auch?«
    »Nun ja«, rief ich, »im übrigen brauchen wir uns keine Gedanken darüber zu machen; denn, hören Sie gut zu, Miss Cathy, und bedenken Sie, dass ich mein Wort halten werde: wenn Sie versuchen, noch einmal nach Wuthering Heights zu gehen — ob mit mir oder allein —, werde ich Mr. Linton davon in Kenntnis setzen, und wenn er es nicht gestattet, soll die Freundschaft mit Ihrem Vetter nicht erneuert werden.«
    »Sie ist bereits erneuert worden«, murmelte Cathy verdrossen.
    »Dann soll sie nicht fortgesetzt werden«, sagte ich.
    »Wir werden sehen«, war ihre Entgegnung, dann ritt sie im Galopp voran und ließ mich mühselig nachfolgen.
    Wir kamen beide noch vor dem Mittagessen nach Hause. Mein Herr nahm an, wir wären durch den Park gestreift, darum forderte er keine Erklärung für unser Fernbleiben. Sobald ich im Hause war, beeilte ich mich, meine durchnässten Schuhe und Strümpfe zu wechseln; aber

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