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Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Titel: Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Brontë
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meine Anwesenheit in Wuthering Heights zu ändern; er sagte mir nur, er brauche mich und hätte den Anblick von Catherine satt; ich solle das kleine Wohnzimmer für mich einrichten und sie dort bei mir behalten. Ihm genüge es, dass er sie ein- oder zweimal am Tage sehen müsse. Sie schien sich über diese Anordnung zu freuen, und nach und nach schmuggelte ich eine große Anzahl von Büchern und anderen Dingen hinein, an denen sie in Thrushcross Grange ihre Freude gehabt hatte. Ich wiegte mich in der Erwartung, dass wir so in leidlicher Bequemlichkeit weiterleben würden, aber diese Täuschung dauerte nicht lange. Catherine, die anfangs zufrieden war, wurde nach kurzer Zeit reizbar und unruhig. Einmal war es ihr verboten, sich ausserhalb des Gartens zu bewegen, und als der Frühling kam, grämte es sie sehr, auf einen so engen Raum beschränkt zu sein; und zum zweiten musste ich sie häufig allein lassen, wenn ich meinen häuslichen Pflichten nachging, so dass sie sich über Einsamkeit beklagte; sie stritt sich lieber mit Joseph in der Küche herum, als dass sie friedlich oben in der Stille saß. Mich ärgerten ihre Plänkeleien nicht, aber Hareton war auch oft gezwungen, in die Küche zu gehen, wenn der Herr das ›Haus‹ für sich allein haben wollte; und obwohl sie anfangs bei seinem Kommen hinausging oder mir ruhig bei meinen Verrichtungen half und es vermied, ihn anzureden oder Bemerkungen über ihn zu machen, und obwohl er auch weiterhin so mürrisch und schweigsam wie möglich war, wandelte sich nach einer Weile ihr Benehmen: sie konnte ihn durchaus nicht in Ruhe lassen. Sie sprach ihn an, machte Bemerkungen über seine Dummheit und Trägheit und wunderte sich darüber, wie er das Leben, das er führte, aushielte, wie er zum Beispiel einen ganzen Abend dasitzen und ins Feuer starren und vor sich hin dösen könnte.
    »Er ist genau wie ein Hund, nicht wahr, Ellen?« bemerkte sie einmal, »oder wie ein Ackergaul. Er tut seine Arbeit, isst seine Mahlzeit, und im übrigen schläft er. Wie öde und leer muss es in seinem Kopf aussehen! Träumst du jemals, Hareton? Und wenn du es tust, wovon träumst du? Ach, du kannst nicht einmal mit mir sprechen!«
    Dann blickte sie ihn an, aber er wollte weder den Mund auftun noch sie ansehen.
    »Vielleicht träumt er gerade«, fuhr sie fort. »Er hat mit der Schulter gezuckt, genau wie Juno. Frag du ihn mal, Ellen!«
    »Wenn Sie sich nicht benehmen können, wird Mr. Hareton den Herrn bitten, Sie hinaufzuschicken«, sagte ich. Er hatte nicht nur mit der Achsel gezuckt, sondern auch die Faust geballt, als ob er versucht wäre, Gebrauch von ihr zu machen.
    »Ich weiss, warum Hareton niemals redet, wenn ich in der Küche bin«, rief sie ein anderes Mal aus. »Er hat Angst davor, dass ich ihn auslache. Ellen, wie denkst du darüber? Er hat einmal selbst angefangen, lesen zu lernen, und weil ich darüber lachte, verbrannte er seine Bücher und ließ es sein; war das nicht töricht?«
    »Waren nicht Sie ungezogen?« sagte ich, »antworten Sie mir!«
    »Vielleicht war ich das«, fuhr sie fort, »aber ich hatte nicht erwartet, dass er so albern sein würde. Hareton, wenn ich dir ein Buch gäbe, würdest du es jetzt annehmen? Ich will’s versuchen!«
    Sie legte eines, in dem sie geblättert hatte, in seine Hand; er schleuderte es fort und knurrte, wenn sie ihn nicht in Ruhe ließe, werde er ihr den Hals umdrehen.
    »Nun, ich lege es hier in das Schubfach und gehe zu Bett.«
    Dann flüsterte sie mir zu, ich möchte achtgeben, ob er es nähme, und verschwand. Aber er ließ das Buch liegen, und sie war sehr enttäuscht, als sie das am nächsten Morgen von mir hörte. Ich sah, dass ihr seine dauernde schlechte Laune und Trägheit leid tat: ihr Gewissen plagte sie, weil sie ihm sein Bemühen, sich fortzubilden, verleidet hatte, und sie war wirklich daran schuld. Nun versuchte sie mit all ihrem Scharfsinn, den Schaden wiedergutzumachen. Wenn ich plättete oder eine andere Arbeit hatte, die sich nicht gut im Zimmer verrichten ließ, brachte sie ein gutes Buch an und las mir daraus vor. Wenn Hareton dabeisaß, hielt sie gewöhnlich bei einer spannenden Stelle inne und ließ das Buch umherliegen. Das versuchte sie mehrere Male, aber er war halsstarrig wie ein Maulesel, und statt ihren Köder anzunehmen, saß er bei schlechtem Wetter rauchend bei Joseph. Wie die Automaten hockten sie zu beiden Seiten des Feuers, der Ältere zum Glück zu schwerhörig, um zu verstehen, was er ›ihr dummes

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