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Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Titel: Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Brontë
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du so verdriesslich? Du sahst nur so merkwürdig aus. Wenn du dein Gesicht wäschst und deine Haare bürstest, ist alles in Ordnung; aber du bist so schmutzig!«
    Sie blickte besorgt auf die schwärzlichen Finger, die sie in ihrer Hand hielt, und auf ihr Kleid, denn sie fürchtete, es werde durch die Berührung mit ihnen keine Verschönerung erfahren.
    »Du hättest mich nicht anzufassen brauchen!« antwortete er, ihrem Blick folgend, und zog seine Hand zurück.
    »Ich werde so schmutzig sein, wie es mir passt; ich bin gern schmutzig, und ich will schmutzig sein!«
    Damit stürzte er, mit dem Kopf voran, aus dem Zimmer, unter dem Gelächter des Herrn und der gnädigen Frau. Catherine aber war ernstlich bestürzt. Sie konnte nicht begreifen, warum ihre Bemerkungen einen derartigen Ausbruch hervorgerufen hatten.
    Nachdem ich bei Catherine Kammerzofe gespielt, meine Kuchen in den Ofen geschoben und im Haus und in der Küche, wie es sich am Weihnachtsabend geziemt, helle Feuer angefacht hatte, machte ich mich fertig und wollte mich hinsetzen und ganz allein zu meiner Freude Weihnachtslieder singen, unbekümmert um Josephs Behauptung, meine fröhlichen Weisen klängen fast wie Gassenhauer. Er hatte sich zu stillem Gebet in sein Zimmer zurückgezogen, und Mr. und Mrs. Earnshaw fesselten des Fräuleins Aufmerksamkeit mit verschiedenen bunten Kleinigkeiten, die sie den kleinen Lintons in Erwiderung ihrer Freundlichkeit schenken sollte. Sie hatten sie eingeladen, den morgigen Tag in Wuthering Heights zu verbringen, und die Einladung war angenommen worden, unter einer Bedingung: Mrs. Linton hatte gebeten, ihre Lieblinge möchten sorgfältig von dem ›unartigen, fluchenden Jungen‹ ferngehalten werden.
    Unter diesen Umständen blieb ich einsam. Ich roch den kräftigen Duft der heiss werdenden Gewürze und freute mich an den blanken Küchengeräten, an der polierten, mit Stechpalmen geschmückten Wanduhr, den silbernen Krügen, die auf ein Tablett gestellt waren, um beim Nachtessen mit gewürztem Bier gefüllt zu werden, und vor allem an der fleckenlosen Sauberkeit meines besonderen Sorgenkindes: des gescheuerten und rein gefegten Fußbodens.
    Ich zollte jedem Gegenstand innerlich meine Anerkennung, und dann dachte ich daran, wie der alte Earnshaw hereinzukommen pflegte, wenn alles rein gemacht war, mich ein scheinheiliges Mädchen nannte und einen Schilling als Weihnachtsgeschenk in meine Hand gleiten ließ. Von da wanderten meine Gedanken zu seiner Vorliebe für Heathcliff und seiner Befürchtung, er werde nach seinem Tode vernachlässigt werden, und das brachte mich dazu, über die jetzige Lage des armen Burschen nachzudenken — und aus dem Singen wurde Weinen. Dann aber fiel mir ein, dass es doch vernünftiger wäre, wenn ich mich bemühte, etwas von dem Unrecht gutzumachen, statt Tränen darüber zu vergiessen; darum stand ich auf und ging in den Hof, um ihn zu suchen. Er war nicht weit; ich fand ihn damit beschäftigt, das glänzende Fell des neuen Ponys zu striegeln und die anderen Tiere, wie er es gewohnt war, zu füttern.
    »Beeil dich, Heathcliff!« sagte ich, »in der Küche ist es so gemütlich; Joseph ist oben, mach schnell, damit ich dich hübsch anziehen kann, bevor Miss Cathy herauskommt, und dann könnt ihr den ganzen Herdplatz für euch allein haben und einen langen Schwatz machen bis zum Schlafengehen.«
    Er fuhr mit seiner Arbeit fort und wandte nicht einmal den Kopf nach mir um.
    »Komm! — Kommst du?« wiederholte ich. »Für jeden von euch ist ein kleiner Kuchen da, und du brauchst eine halbe Stunde zum Anziehen.«
    Ich wartete fünf Minuten, aber als immer noch keine Antwort kam, ging ich weg. Catherine aß mit ihrem Bruder und ihrer Schwägerin zu Abend, Joseph und ich fanden uns zu einem ungeselligen Mahl zusammen, das von der einen Seite mit Vorwürfen, von der anderen mit schnippischen Antworten gewürzt wurde. Heathcliffs Kuchen und Käse blieben die ganze Nacht auf dem Tisch für die Feen. Er brachte es fertig, seine Arbeit bis neun Uhr hinauszuziehen; dann ging er starr und stumm in sein Zimmer. Cathy blieb lange auf, da sie eine Menge Dinge zum Empfang ihrer neuen Freunde vorzubereiten hatte. Einmal kam sie in die Küche, um mit ihrem alten Freund zu sprechen; aber er war hinausgegangen, und sie fragte nur, was mit ihm los sei, und ging dann zurück. Am Morgen stand er früh auf, und da es Feiertag war, trug er seine schlechte Laune ins Moor spazieren und erschien erst wieder, als die Familie

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