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Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Titel: Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Brontë
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festhielten, und wir sahen — oh, es war wunderbar — einen prächtigen Raum mit roten Teppichen, rot bezogenen Möbeln und einer schneeweissen, von einer goldenen Kante eingefassten Zimmerdecke; von ihrer Mitte hingen viele Glastropfen an silbernen Ketten herab, die im Glanz von kleinen zarten Kerzen erstrahlten. Die alten Lintons waren nicht da, Edgar und seine Schwester hatten das Reich ganz für sich. Hätten sie nicht glücklich sein müssen? Wir wären uns wie im Himmel vorgekommen! Und nun rate, was deine ›artigen Kinder‹ taten. Isabella — ich glaube, sie ist elf, ein Jahr jünger als Cathy — lag schreiend in der hintersten Ecke des Zimmers und kreischte, als ob sie von Hexen mit glühenden Nadeln gestochen würde. Edgar stand am Kamin und weinte still vor sich hin, und in der Mitte des Tisches saß ein kleiner Hund, hob jämmerlich seine Pfote und kläffte, denn die Kinder hatten ihn, wie sie sich gegenseitig beschuldigten, fast in zwei Hälften gerissen. Solche Dummköpfe! Das war ihr Vergnügen! Sich zu zanken, wer von ihnen ein Bündel warmes Fell im Arm haben sollte, und hernach zu heulen, weil jeder nach dem Kampf sich weigerte, es zu nehmen. Wir lachten laut auf über die verhätschelten Dinger, wir verachteten sie. Wann hättest du erlebt, dass ich etwas haben wollte, was Catherine sich wünschte, oder dass wir allein zusammen wären und uns mit Schreien und Schluchzen unterhielten und, durch das ganze Zimmer voneinander getrennt, uns auf dem Boden umherwälzten? Nicht für tausend Leben würde ich mit Edgar Linton in Thrushcross Grange tauschen, selbst dann nicht, wenn ich Joseph vom höchsten Giebel hinunterstoßen und die Hauswand mit Hindleys Blut bestreichen dürfte.«
    »Pst, pst!« unterbrach ich. »Heathcliff, du hast mir immer noch nicht erzählt, wie du Catherine zurückgelassen hast.« »Ich sagte dir ja, dass wir lachten«, antwortete er. »Die Lintons hörten uns und schossen gleichzeitig wie Pfeile auf die Tür zu. Erst war Ruhe, dann kam ein Schrei: ›Oh, Mama, Mama! Oh, Papa! Oh, Mama, kommt her! Oh, Papa, oh!‹ Wirklich, so ein Geheul ließen sie hören. Wir machten einen furchtbaren Lärm, um sie noch mehr zu erschrecken, und dann ließen wir den Sims los, weil jemand den Riegel zurückschob und wir meinten, es sei besser, auszurücken. Ich hielt Cathy bei der Hand und zog sie fort, als sie mit einem Mal hinfiel. ›Lauf, Heathcliff, lauf!‹ flüsterte sie. Sie haben die Bulldogge losgelassen, und sie hat mich gefasst. Der Teufel hatte sie beim Fußknöchel gepackt, Nelly, ich hörte sein abscheuliches Schnaufen. Sie schrie nicht, nein! Sie hätte nicht geschrien, selbst wenn sie von einem wilden Stier auf die Hörner gespiesst worden wäre. Aber ich tat es! Ich stiess Flüche aus, die genügt hätten, alle bösen Feinde der Christenheit zu vernichten, und ich ergriff einen Stein und stiess ihn dem Hund in den Rachen und versuchte mit aller Kraft, ihn in seine Kehle hineinzuzwängen. Endlich kam ein ungeschlachter Knecht mit einer Laterne herbei und schrie: ›Halt ihn fest, Skulker, halt ihn fest!‹ Er änderte seinen Ton, als er sah, wie es um Skulker stand. Der Hund war abgewürgt, seine gewaltige, purpurrote Zunge hing ihm lang aus dem Maul, und von seinen hängenden Lefzen floss blutiger Geifer. Der Mann hob Cathy auf; ihr war übel, nicht vor Angst, das weiss ich, sondern vor Schmerzen. Er trug sie hinein; ich folgte, Verwünschungen und Drohungen vor mich hin brummend. ›Was bringst du, Robert?‹ rief Linton vom Eingang her. ›Skulker hat ein kleines Mädchen gefasst, Herr‹, erwiderte er, ›und hier ist ein Junge‹, fügte er hinzu und griff nach mir, ›der ganz verboten aussieht. Wahrscheinlich wollten die Räuber sie durchs Fenster schieben, damit sie der Bande die Tür öffneten, wenn wir alle schliefen, damit sie uns bequem ermorden konnten. — Halt dein loses Maul, du Dieb, du! Du sollst dafür an den Galgen kommen! Mr. Linton, legen Sie Ihre Flinte nicht weg!‹ ›Nein, nein, Robert!‹ sagte der alte Narr. ›Die Schurken wussten, dass gestern Zinstag war, und glaubten mich überrumpeln zu können. Kommt herein, ich werde ihnen einen Empfang bereiten! So, John, leg die Kette vor! Gib Skulker etwas Wasser, Jenny! Einen Friedensrichter in seinem Haus zu überfallen, noch dazu am Sonntag! Wovor wird ihre Frechheit haltmachen? Liebe Mary, sieh her! Erschrick nicht, es ist nur ein Junge, aber die Schlechtigkeit steht ihm im Gesicht geschrieben; wäre

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