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Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Titel: Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Brontë
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Liebling! Heathcliff ist wiedergekommen, denk dir!« Und sie presste ihn noch fester an sich.
    »Nun, nun«, meinte ihr Mann verdriesslich, »deshalb brauchst du mich nicht zu erwürgen! Ich habe ihn nie für eine solche Kostbarkeit gehalten. Seinetwegen brauchst du dich nicht so rasend zu gebärden!«
    »Ich weiss, dass du ihn nicht leiden konntest«, antwortete sie, ihre Freude ein wenig dämpfend. »Aber um meinetwillen müsst ihr nun Freunde werden. Darf ich ihn jetzt heraufkommen lassen?«
    »Hierher«, sagte er, »ins Wohnzimmer?«
    »Wohin sonst?« fragte sie.
    Er sah ärgerlich aus und schlug die Küche als passenderen Ort für ihn vor. Mrs. Linton musterte ihn mit einem spaßigen Ausdruck, halb ärgerlich, halb belustigt über seine dünkelhafte Art.
    »Nein«, entschied sie nach einer Weile, »ich kann nicht in der Küche sitzen. Stell zwei Tische her, Ellen: einen für deinen Herrn und Isabella, die Herrschaften, den andern für Heathcliff und mich, die wir geringeren Standes sind. Ist dir das so recht, Lieber? Oder soll ich anderswo Feuer machen lassen? Wenn du das willst, so gib Anordnungen. Ich werde hinunterlaufen und mir meinen Gast sichern; die Freude ist so groß, dass ich fürchte, alles ist am Ende nicht wahr!«
    Sie wollte forteilen, aber Edgar hielt sie fest.
    »Du kannst ihm sagen, er möchte heraufkommen«, sagte er, sich an mich wendend, »und nun, Catherine, versuche dich zu freuen, ohne albern zu sein! Es ist nicht nötig, dass der ganze Haushalt Zeuge wird, wenn du einen davongelaufenen Knecht als Bruder willkommen heisst.«
    Ich ging hinunter und fand Heathcliff, der unter dem Torbogen wartete und offenbar damit rechnete, hinaufgebeten zu werden. Er folgte mir, ohne ein Wort zu verlieren, und ich führte ihn hinein zum Herrn und zur gnädigen Frau, deren rote Wangen Spuren einer hitzigen Unterhaltung verrieten. Aber noch viel tiefer erglühten Mrs. Lintons Wangen, als ihr Freund in der Tür erschien: sie sprang ihm entgegen, ergriff seine beiden Hände und führte ihn zu ihrem Mann; dann fasste sie Lintons widerstrebende Hände und drückte sie in seine. Nun, da sich Heathcliffs Erscheinung beim Feuer und Kerzenlicht voll zeigte, setzte mich seine Verwandlung noch mehr als zuvor in Erstaunen. Er war ein großer, kräftiger, gutgewachsener Mann geworden, neben dem mein Herr ganz schlank und jünglinghaft wirkte. Seine aufrechte Haltung ließ vermuten, dass er Soldat gewesen war. Sein Gesicht wirkte durch den Ausdruck und die Energie der Züge älter als das Mr. Lintons; er sah klug aus und zeigte keine Spur der früheren Erniedrigung mehr. Eine halb gezähmte unterdrückte Wildheit lauerte unter den zusammengezogenen Brauen und in den düster feurigen Augen; sein Wesen war würdig: frei von aller Schroffheit, doch zu streng, als dass es anmutig wirkte. Meines Herrn Überraschung war nicht geringer als meine, ja übertraf sie noch; er zögerte eine Minute, denn er war in Verlegenheit, auf welche Weise er den Ackerknecht, wie er ihn genannt hatte, begrüssen sollte. Heathcliff ließ seine schmale Hand los und stand, ihn kühl ansehend, da, bis er ihn anredete.
    »Nehmen Sie Platz, Sir«, sagte er schließlich. »Mrs. Linton, die sich alter Zeiten erinnert, wünscht, dass ich Sie freundlich empfange, und ich bin selbstverständlich froh, wenn ihr etwas Vergnügen macht.«
    »Ich ebenfalls«, antwortete Heathcliff, »besonders, wenn es sich um etwas handelt, woran ich beteiligt bin. Ich werde gern ein oder zwei Stunden bleiben.«
    Er setzte sich Catherine gegenüber, die ihren Blick auf ihn gerichtet hielt, als fürchtete sie, Heathcliff könnte verschwinden, wenn sie ihn abwandte. Er sah sie nicht oft an, ein schneller Blick dann und wann genügte; doch strahlte er mit jedem Mal deutlicher die unverhüllte Freude wider, die er aus ihren Blicken trank. Sie waren zu sehr in ihre gegenseitige Freude vertieft, als dass sie Verlegenheit empfunden hätten. Mr. Edgar dagegen wurde bleich vor Ärger, der seinen Höhepunkt erreichte, als seine Frau aufstand, über den Teppich schritt, Heathcliffs Hände von neuem ergriff und wie von Sinnen lachte.
    »Morgen werde ich denken, es war ein Traum«, rief sie. »Ich werde einfach nicht mehr fassen können, dass ich dich wiedergesehen, berührt und gesprochen habe. Und dabei, grausamer Heathcliff, verdienst du gar nicht, so willkommen geheissen zu werden. Drei Jahre wegzubleiben, ohne etwas von dir hören zu lassen, und nicht mehr an mich zu

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