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Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Titel: Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Brontë
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sein, ob sie nach dem launenhaften und ungeduldigen Leben, das sie geführt hatte, ein Eingehen in den Hafen des Friedens verdiente. In Zeiten kühler Überlegung konnte man vielleicht daran zweifeln, aber nicht damals, angesichts der Toten. Die Ruhe, die sie offenbarte, schien eine Bürgschaft dafür zu sein, dass ihre Seele diese Ruhe gefunden hatte. –
    Glauben Sie, dass solche Menschen in der anderen Welt wirklich glücklich sind, Mr. Lockwood? Ich würde viel darum geben, wenn ich das wüsste.
    Ich lehnte es ab, Mrs. Deans Frage zu beantworten, die mir wenig zu unserem Glauben zu passen schien. Sie fuhr fort:
    Wenn wir den Lebenslauf von Catherine Linton zurückverfolgen, haben wir, fürchte ich, nicht das Recht, zu glauben, dass sie glücklich ist, aber wir wollen sie ihrem Schöpfer empfehlen.
    Der Herr sah aus, als ob er schliefe, so wagte ich denn, kurz nach Sonnenaufgang, mich aus dem Zimmer zu stehlen und in die reine frische Luft hinauszugehen. Das Gesinde dachte, ich wäre gegangen, um mir nach der langen Nachtwache die Müdigkeit aus den Gliedern zu treiben; in Wirclichkeit wollte ich Mr. Heathcliff aufsuchen. Wenn er die ganze Nacht unter den Lärchen geblieben war, würde er nichts von der Aufregung im Gehöft gehört haben, es sei denn, er hätte das Galoppieren des Boten, der nach Gimmerton ritt, wahrgenommen. Wäre er näher gekommen, so wäre er wahrscheinlich durch die hin und her irrenden Lichter und durch das Öffnen und Schließen der Aussentüren gewahr geworden, dass drinnen etwas nicht stimmte. Ich wünschte und fürchtete mich gleichzeitig davor, ihm zu begegnen. Ich wusste, die schreckliche Kunde musste überbracht werden, und ich sehnte mich danach, es hinter mir zu haben; aber wie ich es tun sollte, wusste ich nicht. Er war da, einige Meter tiefer im Park, lehnte an einer alten Esche, ohne Hut, sein Haar durchnässt vom Tau, der sich an den Knospen der Zweige gesammelt hatte und tropfend auf ihn niederfiel. Er musste lange Zeit in dieser Stellung verharrt haben, denn ich sah ein Amselpärchen kaum drei Fuß von ihm entfernt hin und her fliegen, emsig mit seinem Nestbau beschäftigt und seine Nähe nicht mehr beachtend als die irgendeines Baumes. Sie flogen davon, als ich mich näherte.
    Er hob den Blick und sagte: »Sie ist tot. Ich habe nicht auf dich gewartet, um das zu erfahren. Steck dein Taschentuch weg, heul mir nichts vor. Der Teufel hole euch alle! Sie bedarf eurer Tränen nicht.«
    Ich weinte ebensosehr um ihn wie um sie. Wir haben oft Mitleid für Geschöpfe, die dieses Gefühl weder für sich noch für andere kennen, und gleich als ich ihm ins Gesicht blickte, sah ich, dass er von der Katastrophe wusste, und ein törichter Gedanke ergriff mich: sein Herz sei demütig geworden und er bete, weil seine Lippen sich bewegten und sein Blick zu Boden gerichtet war.
    »Ja, sie ist tot«, antwortete ich, unterdrückte mein Schluchzen und trocknete meine Tränen, »und ich hoffe, in den Himmel eingegangen, wo wir alle mit ihr vereint sein werden, wenn wir uns rechtzeitig warnen und unseren schlechten Tagen gute folgen lassen.«
    »Hat sie sich etwa rechtzeitig warnen lassen?« fragte Heathcliff mit dem Versuch, höhnisch zu lachen. »Ist sie wie eine Heilige gestorben? Komm, gib mir eine genaue Beschreibung des Vorganges. Wie ist…«
    Er bemühte sich, den Namen auszusprechen, brachte es aber nicht zustande. Mit zusammengepresstem Mund focht er einen stummen Kampf mit seiner inneren Qual aus und bot dabei meiner Teilnahme Trotz, indem er mich herausfordernd und wild anstarrte. »Wie starb sie?« fuhr er endlich fort, trotz seiner sonstigen Unerschrockenheit froh, eine Stütze hinter sich zu haben; denn nach dem Kampf zitterte er wider Willen am ganzen Körper.
    ›Armer Kerl‹, dachte ich, ›du hast ein Herz und hast Nerven genau wie deine Mitmenschen. Warum bist du so ängstlich darauf bedacht, sie zu verbergen? Dein Stolz kann Gott nicht täuschen. Du reizt ihn, dich zu martern, bis er dir einen Schrei der Demütigung abzwingt.‹
    »Sanft wie ein Lamm«, sagte ich laut. »Sie seufzte und streckte sich aus wie ein Kind, das erwacht und wieder in Schlaf sinkt. Fünf Minuten später spürte ich noch einen schwachen Schlag ihres Herzens, und dann nichts mehr.«
    »Und — hat sie mich noch erwähnt?« fragte er zögernd, als ob er fürchtete, die Antwort auf seine Frage würde Einzelheiten aufdecken, die zu hören er nicht ertragen könnte.
    »Sie hat das Bewusstsein nicht

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