Emily und der Playboy-Prinz
tust du da?“, fragte sie regelrecht schockiert. Als sie an sich herunterschaute, sah sie, dass er die obersten drei Knöpfe geöffnet hatte.
„Dich abkühlen“, kam es ausdruckslos zurück. „Sonst bekommst du noch einen Hitzschlag.“
Fast hätte Emily hysterisch losgekichert, denn gegen die glühende Lava, die plötzlich durch ihre Adern rann, war die sengende Außentemperatur nur ein laues Lüftchen. Lieber Himmel! Genau das hatte sie befürchtet. Sie hätte den Job niemals annehmen dürfen, weil sie längst ahnte, dass sie den ebenso lässigen wie arroganten Flirtversuchen des Prinzen von Santosa auf Dauer nicht widerstehen konnte.
Dabei war der Ausdruck auf dem dunklen, markanten Gesicht momentan alles andere als arrogant. Auch kein Anzeichen von Spott oder Sarkasmus war zu erkennen, sondern eine ruhige Nachdenklichkeit, die ihr Herz zum Klopfen brachte. Sekundenlang bewegte sich keiner von ihnen. Ihre Blicke versanken ineinander, und Emily erinnerte sich daran, wie es war, von Luis Cordoba geküsst zu werden.
Unbewusst öffnete sie leicht den Mund und fuhr sich mit der rosa Zungenspitze über die Lippen. Luis erstarrte, dann neigte er wie unter Zwang den Kopf und küsste sie mit einer Inbrunst, die Emily völlig mitriss. Sie spürte, wie sich sein Griff um ihre Taille verstärkte, und gab sich ganz dem beseligenden Gefühl des Augenblicks hin … verloren für ihre Umgebung und jeden klaren Gedanken.
Doch schneller, als ihr lieb war, wurden sie aus ihrer Versunkenheit gerissen.
„Euer Hoheit?“, erklang Tomás’ nüchterne Stimme hinter ihnen. „Der Wagen wartet.“
In der schweren Limousine gab es glücklicherweise eine Klimaanlage.
Emily wagte nicht, Luis anzuschauen, der viel zu dicht an ihrer Seite saß. Was sie im Stillen befürchtet und unbedingt hatte vermeiden wollen, war bereits in den ersten Minuten geschehen, nachdem sie den Fuß auf den Boden der Insel gesetzt hatte, die, laut Reiseführer, als einer der bezauberndsten Plätze der Welt galt!
Ihre Finger krampften sich um Kikis Abschiedsgeschenk. Diesen Gefühlsaufruhr konnte ihre Freundin dabei auf keinen Fall beabsichtigt haben, oder?
Um sich abzulenken, konzentrierte Emily sich auf die bunte Landschaft, die an ihnen vorüberflog. Sie fuhren eine von Palmen gesäumte, relativ breite Straße entlang, die flache Häuser säumten, die in allen Schattierungen eines Kindermalkastens leuchteten. Alles wirkte fremd und gleichzeitig ungeheuer anziehend, besonders die üppigen Blumen und Pflanzen, von denen Emily viele nicht kannte – eine Symphonie aus Scharlachrot, Magenta und goldenen Sprenkeln zwischen violetten Blütenteichen.
Nichts von alldem erinnerte sie an das nüchterne London der letzten Monate. Am wenigsten sie selbst.
„Verzeih, ich hätte das nicht tun dürfen“, riss Luis’ tiefe Stimme sie aus ihrer Versunkenheit.
Irritiert wandte sie den Kopf und sah Luis an, der sie offenbar beobachtet hatte. Sein Blick war grimmig. Und seine Entschuldigung traf sie wie ein Schlag ins Gesicht.
„Nein … bitte“, murmelte sie rau. „Es war ebenso meine Schuld. Ich … ich war noch halb im Schlaf und … ich wollte es“, fügte sie hinzu, entschlossen, sich das Ruder nicht schon wieder aus der Hand nehmen zu lassen.
Luis seufzte. „Trotzdem war es nicht richtig.“
Nicht richtig? Etwas, das sich so gut angefühlt hatte?
Emily wandte sich ab und starrte ausdruckslos in die vorüberziehende Landschaft. Nach einer Weile gab sie sich einen Ruck, drehte den Kopf und musterte fast neugierig Luis’ hartes Profil. Es wirkte wie aus Granit gemeißelt. Starr, leblos und unbewegt. War das der gleiche Mann, der sie noch vor wenigen Minuten mit verzehrender Leidenschaft geküsst hatte? Kaum vorstellbar!
„Es war nur ein Kuss“, sagte sie.
Luis reagierte nicht. Er schien meilenweit entfernt zu sein. Emily wartete, bis sich ihr Pulsschlag beruhigte. Dann schlug sie ihren Reiseführer auf und widmete sich scheinbar hochinteressiert der Geschichte von Santosa – ihrem neuen Arbeitsplatz!
Portugiesische Eroberer entdeckten Santosa quasi aus Versehen während ihrer Heimreise durch die „Neue Welt“. Ihre Schiffe, die schwer mit brasilianischem Holz beladen waren, zerschellten an der felsigen Küste, und viele Seeleute verloren dabei ihr Leben.
Einer der Eroberer war Henrique Cordoba, Herzog von Santosa – ein extravaganter Adeliger, notorischer Lebemann, Wüstling und Günstling des Königs, der ihn persönlich auf die Seereise
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