Emily und der Playboy-Prinz
Nonchalance raste sein Puls, und seine Schultern waren so schmerzhaft verspannt, dass er alles dafür gegeben hätte, sich ausgiebig strecken zu können. Damit würde er die erzwungene Geduld seines Assistenten aber wahrscheinlich doch überstrapazieren.
„Aber, Sir“, bemühte Tomás sich noch einmal um seine Aufmerksamkeit. „Ich dachte, wir seien uns einig gewesen …“
„Das war doch nicht geplant, Tomás“, knirschte Luis. „Es war …“
Ja, was? Unwiderstehlich? Unvermeidlich? Unausweichlich?
Oder einfach nur das, was er in jenem Moment gefühlt hatte? Egal, wenn die auf ihm lastende Schuld und die Erinnerung an Rico und Christiana ihn schon nicht davon hatten abhalten können, welche Chancen blieben dann Tomás und Josefina?
„Sir?“, meldete sich die Presseagentin wie auf ein Stichwort. „Ich hasse es, Sie auf Ihr Privatleben ansprechen zu müssen, aber …“
„Tatsächlich?“, unterbrach Luis sie mit ätzendem Sarkasmus und starrte auf die rubinroten langen Fingernägel, die wie die Klauen eines Greifs wirkten, bereit, sich in sein schwaches Fleisch zu schlagen. „Und ich dachte, Sie würden es sogar außerordentlich genießen, sich mit jedem noch so winzigen Detail meines Privatlebens zu beschäftigen. Sie genauso wie die weltweite Meute gieriger Pressegeier und der gesamte Hofstaat von Santosa.“
Josefinas ebenfalls rubinrote Lippen weiteten sich zu einem sparsamen, um Verzeihung heischenden Lächeln. „Nun, Sir, Sie müssen verstehen, dass die aktuell unsichere politische Lage unseres geliebten Königreichs absoluten Vorrang vor Ihren Privatinteressen einnimmt. Wenn wir die Bevölkerung von Santosa nicht davon überzeugen können, dass Sie wilde Partys, schnelle Wagen und heiße Affären endgültig hinter sich gelassen haben, geraten der Thron und damit die Macht des königlichen Hauses von Cordoba nach fünfhundert Jahren Regentschaft bedenklich ins Wanken. Das Volk will einen Herrscher, zu dem es aufschauen kann, Euer Hoheit. Jemand mit einem königlichen Habitus.“
„Vielleicht sollten wir den Job öffentlich ausschreiben“, murmelte Luis, anscheinend vertieft in die Betrachtung der diesjährigen Schönheitskönigin von Santosa, die sich dem geneigten Leser im knappen Bikini und strahlendem Lächeln unter der funkelnden Tiara präsentierte.
Daraufhin erhob sich Josefina und legte mit wiegendem Gang die beachtliche Strecke entlang des riesigen Konferenztischs zurück, wobei sie Luis einen eindrucksvollen Blick auf ihre üppigen Kurven gewährte, die in dem smaragdgrünen hautengen Kleid perfekt zur Geltung kamen. „Sir, das ist kein Job , sondern eine Berufung“, tadelte sie sanft. „Ein Vermächtnis … Ihr Geburtsrecht.“
Spontan wollte Luis ihr entgegenhalten, dass es Ricos Geburtsrecht gewesen war und nicht seines, doch dann ließ er es bleiben. Warum sinnlos argumentieren? Rico war tot, und jetzt lag die Verantwortung bei ihm.
Ungeduldig fuhr er sich mit der Hand übers Gesicht und schenkte der Presseberaterin ein reuiges Lächeln. „Natürlich, danke, dass Sie mich daran erinnert haben, Josefina. Also, was liegt als Nächstes an?“
„Es ist Zeit für dich, zu heiraten“, sagte die Königin zu dem attraktiven jungen Prinzen. „Morgen Abend werden alle standesgemäßen, hochwohlgeborenen jungen Damen des Königreichs auf dem Ball im Schloss anwesend sein, und du musst eine von ihnen als deine zukünftige Gemahlin erwählen …“
Emily machte eine Pause und hielt das Buch so, dass die kleine Prinzessin das dazugehörige Bild sehen konnte. Luciana saß ihr gegenüber auf der anderen Seite der tiefen gepolsterten Fensternische, die dunklen Augen fest auf Emilys Gesicht geheftet. Jetzt beugte sie sich vor, um ins Buch schauen zu können, und rückte dabei unmerklich näher.
Mit einem aufmunternden Lächeln zeigte Emily auf den blonden Prinzen. „Sieh mal, er trägt schon seine Festkleider. Sieht er nicht einfach großartig aus?“
Luciana nickte ernsthaft. „Wie Onkel Luis“, flüsterte sie so leise, dass Emily den Kopf weit vorneigen musste, um sie zu verstehen. „Onkel Luis ist der Prinz von Santosa und auch sehr hübsch.“
Sofort setzte Emily sich wieder kerzengerade hin und räusperte sich. „Ja, das ist er wirklich, nicht wahr?“, erwiderte sie leichthin, um das Kind nicht zu irritieren. Dann hielt sie das Buch zum Weiterlesen vor ihr Gesicht, damit Luciana ihre Verwirrung nicht bemerkte und sagte: „Also … wo waren wir im Schwanensee ? Ah,
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