Emma - endlich vom Glück umarmt
Ihnen, uns Adieu sagen zu wollen.“
Emma blieb stehen und zwang sich, ihre Schwester anzusehen. „Du wirst nicht ausfahren, Amy.“
Amy warf den Kopf so heftig in den Nacken, dass die blonden Locken unter dem schicken Strohhütchen tanzten. Störrisch entgegnete sie: „Doch! Es ist nichts dagegen einzuwenden, mit einem Herrn im offenen Wagen die Rotten Row entlangzufahren. Gleich ist es fünf, ganz London wird dort sein.“ Mit einem listigen Seitenblick auf Charles fuhr sie fort: „Und für mein Ansehen bei den anderen Herren wird es Wunder wirken, wenn sie mich in Mr. Hawthornes Begleitung sehen. Selbst du musst zugeben, dass er tonangebend ist.“
Einen Moment fragte Emma sich, warum sie sich Gedanken machen sollte, wenn Amy so versessen darauf war, ihren Ruf zu riskieren.
Charles Hawthorne lächelte ironisch. „Sosehr es mich schmerzt, arrogant zu erscheinen, muss ich doch Ihrer Schwester recht geben. Man betrachtet mich allgemein als modisches Vorbild und eifert mir nach.“
Verächtlich schnaubte Emma, errötete sofort ob dieser Ungehörigkeit, hielt aber tapfer Hawthornes amüsiertem Blick stand.
„Es ist ebenfalls richtig, dass man Sie noch nie der Bescheidenheit bezichtigen konnte.“
Er verneigte sich spöttisch.
„So gut sie Ihnen auch anstehen würde“, beendete Emma den Satz, ehe sie sich an ihre Schwester wandte. „Du hast recht, Amy, im offenen Wagen ist es erlaubt. Und da das Wetter so schön ist, werde ich dich begleiten.“
Missmutig verzog Amy den Mund, ehe ihr eine Entgegnung einfiel. „Aber, Emma, wo willst du denn sitzen? Mr. Hawthorne fährt eine Karriole; für mehr als zwei ist kein Platz.“
Emma stutzte kurz, dann ließ sie all ihre Würde fahren. „Ich werde schon zwischen euch beide passen.“
„Aber es wird schrecklich eng werden! Wirklich, Emma, warum musst du so sein!“
Ohne darauf einzugehen, erklärte Emma, dass sie nur rasch Hut und Pelisse holen werde. Sie eilte die Treppe hinauf in ihr Zimmer, kleidete sich in aller Hast zum Ausgehen an und drückte sich ohne Rücksicht auf ihre Frisur den Hut aufs Haar. Gordon würde das Paar hoffentlich aufhalten, bis sie wieder zurück war. Außer Atem erschien sie schließlich wieder in der Diele, wo sie die beiden Gott sei Dank immer noch vorfand.
Amy setzte gleich wieder da an, wo sie aufgehört hatte. „Ach, Emma, wir werden so gedrängt sitzen! Ich wäre nicht erstaunt, wenn Mr. Hawthorne gar nicht ordentlich kutschieren könnte. Das wäre zu arg, denn er gilt als hervorragender Fahrer.“
Immer noch lächelnd sagte Charles: „Danke für das Kompliment, Ms. Amy, ich werde alles tun, damit Sie nicht an meinen Fähigkeiten zweifeln müssen.“
Emma warf ihm einen scharfen Blick zu; sie fragte sich, ob er das zweideutig meinte. Seine Miene drückte nichts als Freundlichkeit aus. Missdeutete sie vielleicht seine Worte, weil ihre eigenen Gedanken ständig darum kreisten, dass er Amy verführen wollte?
„Brechen wir auf?“, sagte sie leichthin.
Amys gereiztes Schnauben ignorierte sie und wünschte nur, sie könnte das erregende Kribbeln, das Charles’ Nähe in ihr auslöste, ebenso ignorieren. Sie wollte nichts mit dem Mann zu tun haben, doch leider sagte ihr Körper etwas anderes. Entschlossen, sich zusammenzunehmen, straffte sie die Schultern und schritt zur Tür hinaus, die Gordon ihnen aufhielt.
Draußen stand jedoch keine Karriole, sondern eine prächtige, viersitzige Barouche, deren Verdeck wegen des guten Wetters herabgelassen war. Auf den Türen prangte das Wappen der Hawthornes. Emma konnte kaum ihren Drang bezwingen, diesen grässlichen Menschen wütend anzufahren, der sie in dem Glauben gelassen hatte, er sei mit seinem Sportgefährt gekommen.
Würdevoll ließ sie sich von dem livrierten Diener den Schlag öffnen und in den Wagen helfen, wo sie sich in Fahrtrichtung niederließ und, indem sie auf das samtbezogene Polster neben sich klopfte, Amy bedeutete, sich dorthin zu setzen.
Charles Hawthorne nahm den Platz ihnen gegenüber ein und wies den Kutscher an, loszufahren.
Plötzlich trafen sich Emmas und Charles’ Blicke, und sofort bereute sie, an der Ausfahrt teilzunehmen. In Gegenwart dieses Mannes verlor sie ständig ihr inneres Gleichgewicht.
„Einen Penny für Ihre Gedanken?“
Seine tiefe Stimme schien alle ihre Sinne zu berühren. Fand Emma auch seine Moral und seine Lebensführung äußerst beklagenswert, so hatte der Mann doch etwas an sich, das unziemliche Wünsche in ihr
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