Emma - endlich vom Glück umarmt
sein Glas aufs Neue. „Nein, ich trete nicht zurück.“
Seine leichthin gesprochenen Worte ließen ihren Herzschlag stocken. Also hatte er ihr diesen Köder hingeworfen, um zu sehen, ob er sie verwirren konnte, und sie hatte ihm den Erfolg beschert. Sie fühlte sich tief beschämt.
Nachdem er das dritte Glas geleert hatte, stand er auf. Plötzlich schwankte er leicht. Emma saß wie angewurzelt.
„Mir ist irgendwie seltsam …“, sagte er ein wenig undeutlich.
„Nun, dafür, dass Sie Portwein gewöhnlich nicht den Vorzug geben, haben Sie eine beträchtliche Menge zu sich genommen.“ Sie sprach bewusst boshaft, um ihre gespannte Erwartung nicht zu verraten. „Vielleicht etwas zu viel?“
Sein nächster Schritt ließ ihn stolpern. Misstrauisch verzog er das Gesicht. „Was ist mit dem Wein?“
Emma hüstelte. „Sie haben zu viel getrunken.“
Verschwommen murmelte er: „Ich kann auch nach zwei Flaschen Wein noch gerade gehen. Was haben Sie in den Port getan?“ Er ging auf sie zu und beugte sich vor. Das dunkle Haar fiel ihm verwegen in die Stirn, und seine breiten Schultern wirkten auf Emma gleichzeitig drohend und erregend.
Ihr Mund war so trocken, sie konnte kaum sprechen. „Ein Schlafmittel.“
„Für so hinterhältig hätte ich Sie nicht gehalten!“, sagte er schleppend.
Bald würde die Droge wirken. Zwar bedauerte Emma, was sie ihm antat, doch sie fand, er hatte ihr keine Wahl gelassen. „Ich wusste mir nicht anders zu helfen. Ich muss Bertram schützen.“
Rau lachte er auf. „Wenn er für Sie das Gleiche empfände, müssten Sie überhaupt nichts.“
Tief getroffen sagte sie: „Das ist jetzt unerheblich.“
Er tat ein paar unsichere Schritte und ließ sich in seinen Sessel fallen. „Was haben Sie mit mir vor?“
„Sie festhalten, bis der Termin für das Duell verstrichen ist.“
Er schüttelte den Kopf, schloss jedoch rasch die Augen. Nach einem Moment riss er sie krampfhaft wieder auf. „Ich sagte doch, dass ich danebenschießen würde …“
„Darauf will ich es nicht ankommen lassen.“
„Sie könnten mir einfach vertrauen.“
Selbst in seinem betäubten Zustand nahm er sie noch für ihn ein. Wie gern hätte sie ihm vertraut, doch sie wagte es nicht, denn bisher hatte sie noch jeder Mann enttäuscht. Jeder. Nein, sie durfte ihm nicht trauen.
Schwer sanken ihm die Lider über die Augen, aus seinem Gesicht löste sich die Spannung, und er sank schlaff in dem Sessel zusammen.
Emma stand auf und zog die Glocke, die jedoch kaum verklungen war, als auch schon ihre Getreuen herbeieilten.
„Rasch, bringt ihn nach oben“, drängte sie. „Wer weiß, wie lange das Mittel wirkt!“
Ohne zu zögern, machten Gordon und David sich daran, den Gefangenen fortzutragen. Groß, kraftvoll und muskulös, wie er war, bereitete es den beiden Männern, von denen einer schon recht betagt war, allerdings die größte Mühe, ihn die Treppen hinaufzuschaffen. Endlich wuchteten sie ihn auf das Bett in der schmalen Dachkammer, die eigentlich als Dienstbotenunterkunft vorgesehen war.
Emma war ihnen gefolgt und betrachtete nun besorgt die reglose Gestalt. Hoffentlich hatte sie ihm nicht zu viel von dem Mittel verabreicht; sie wollte ihm ja nichts zuleide tun. Erleichtert sah sie, dass er tief und ruhig atmete.
Sie zog ein Paar ihrer Seidenstrümpfe aus ihrer Rocktasche und reichte sie David. „Hier, er darf sich nicht losreißen können! Binde ihn ans Bett!“
Erst als das geschehen war, spürte Emma, wie die Anspannung von ihr wich.
„David, jemand muss ihn bewachen. Sei so gut und schlag dir hier ein Lager auf. Wenn er erwacht, ruf mich.“
Der junge Mann nickte.
Emma warf einen letzten Blick auf ihren Gefangenen. Wie ein gefallener Engel sah er aus, ein dunkler Engel. Sicher würde ihm schwindlig sein, wenn er wach wurde, und die Fesseln würden ihn schmerzhaft einengen, aber sie konnte es nicht ändern.
Warum hatte er auch ihrer Bitte nicht nachgegeben?
10. KAPITEL
Als Charles erwachte, hatte er einen abscheulichen Geschmack im Mund, und sein Kopf dröhnte … ah, besser die Augen nicht öffnen und still liegen bleiben. Nur, wo war er eigentlich? Er lag auf dem Rücken, anscheinend auf einer Bettstatt, und konnte sich kaum rühren, denn seine Arme waren irgendwo hinter seinem Kopf … angebunden? Sein gesamter Körper schmerzte. Doch zumindest war er bekleidet. Wann hatte er sich zuletzt dermaßen unbehaglich gefühlt?
Behutsam öffnete er die Augen, doch außer einem schmalen
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