Emma - endlich vom Glück umarmt
war von dem Schlafmittel sowieso nichts mehr übrig. Sie musste ihm überzeugend erklären, dass sein Herr dieses Haus gestern Abend wieder verlassen hatte. Ob ihr das gelang? Aber warum sollte er ihr nicht glauben? Dass sie einen Mann in ihrem Haus verbergen würde, und gar noch gegen dessen Willen, war doch wohl zu weit hergeholt! Energisch stand sie auf und marschierte durch die Diele, wo Gordon ausgeharrt hatte und ihr nun die Tür zum Salon öffnete.
„Guten Tag, Stoner, was führt Sie her?“ Sie sprach bewusst überheblich.
Der Mann drehte unbehaglich seinen Hut in den Händen. „Ich wollte Mr. Hawthorne abholen, Miss.“
Emma brachte es nicht über sich, ganz offenkundig zu lügen. „Mr. Charles Hawthorne? Warum sollte er hier sein?“
Stoner drehte den Hut noch schneller. „Miss, er bekam gestern eine Nachricht von Ihnen und ging, um Sie aufzusuchen. Seither ist er nicht heimgekommen.“ Er sprach bedächtig, offensichtlich um korrekte Aussprache bemüht.
„Vielleicht besuchte er anschließend noch … einen … äh … Freund?“ Sie versuchte, es wie ‚einen weiblichen Freund‘ klingen zu lassen.
„Wann ging denn Mr. Hawthorne von hier fort?“ Sein Tonfall ließ deutlich erkennen, dass er ihr nicht glaubte.
Mit einer vagen Geste tat sie die Frage ab. „Oh, ich achtete nicht darauf. Wir hatten etwas zu besprechen …“
„Und dann ging er gleich?“ Er beobachtete sie scharf.
„Hören Sie zu! Ihr Herr ist erwachsen. Wenn Mr. Hawthorne gestern nicht heimkam, wird er Gründe haben. Bestimmt sorgen Sie sich umsonst; Mr. Hawthorne ist wahrscheinlich bei seiner Mätresse.“ Da, sie hatte es ausgesprochen. Der Diener würde ihr zustimmen, und sie hätte die Gewissheit, dass Charles eine Geliebte hatte. Auch wenn es sie nichts anging, wurde ihr doch bei dem Gedanken das Herz eng.
Bedächtig schüttelte der Mann den Kopf. „Das war mal. Nu’ hat er schon lange keine mehr.“
„Tatsächlich?“ Kaum hatte sie es gesagt, klappte sie den Mund zu. Erleichterung durchströmte sie, gefolgt von Hoffnung. Nur hatte sie gelernt, wie zerbrechlich Hoffnung war. Außerdem war nicht anzunehmen, dass Charles nur ihretwegen keine Geliebte hatte. Vielleicht war ja Amy der Grund. Umso verwerflicher, dass er ihr, Emma, dann diesen ungehörigen Vorschlag machte. Der Mensch war wirklich unverbesserlich.
Stoner unterbrach ihre Überlegungen. „Miss, es stimmt was nich’, und ich bin verantwortlich für Mr. Hawthorne. Sagen Sie mir, wo er is’, dann will ich gehen. Sonst müsst’ ich mich hier umseh’n.“ Damit trat er näher an Emma heran.
Zurückweichend rief sie: „Wollen Sie mich einschüchtern? Was fällt Ihnen ein! Im Übrigen kann Mr. Hawthorne sich gut selbst schützen.“
Störrisch sagte der Mann: „Mag sein, Miss. Aber es stimmt was nich’. Ich muss ihn finden.“
„Nun, aber nicht hier, Stoner. Ich muss Sie bitten, nun zu gehen. Ihrem Herrn wird sicher nichts geschehen sein. Oder vielleicht hat man ihn unterwegs überfallen?“, fügte sie verzweifelt hinzu.
„Nein, Miss. Das glaub’ ich erst, wenn ich ihn hier nicht finde.“ Stoner schritt langsam, aber unaufhaltsam auf sie zu.
Emma ging rasch zur offenen Tür, um ihm den Durchgang zu versperren.
„Machen Sie Platz, Miss, sonst muss ich Sie wegtragen.“
Emma atmete tief und zitternd ein, rückte aber nicht vom Fleck.
In diesem Moment sagte eine bekannte Stimme hinter ihr: „Das wird nicht nötig sein, Stoner.“
Entsetzt drehte sie sich um. Hinter ihr in der Diele stand Charles Hawthorne.
„Wie haben Sie sich befreit?“
Er wies seine zerschrammten Handgelenke vor. „Oh, ich habe eben gezerrt, bis Ihre Str… Stricke rissen!“
Bewundernd registrierte sie, dass es ihm tatsächlich selbst in dieser Situation gelang, das peinliche Wort zu vermeiden.
„Immerhin muss ich ein Duell bestreiten. Sagen Sie Ihrem Bruder, ich werde pünktlich sein“, fuhr Charles spöttisch fort. Dann winkte er Stoner und ging, seinen getreuen Diener auf den Fersen, hinaus.
„Ich schwöre, mein Bruder wusste nichts von dieser Sache!“, rief Emma ihm verzweifelt nach. Zumindest sollte er nicht glauben, dass Bertram sie vorgeschoben habe, um sich vor dem Duell zu drücken.
Über die Schulter antwortete er: „Das hatte ich nie angenommen. Dazu war die Idee viel zu klug.“
Als sie allein war, wurde sie von Erschöpfung übermannt. Schlaff sank sie in einen Sessel. Sie hatte es verpatzt und sich fürchterlich blamiert! Ob sie Charles
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