Emma - endlich vom Glück umarmt
wohl alle dem ton angehörten, fand sich vielleicht doch noch ein passender Gatte für Amy. Wenn sie hingegen heim nach Hopewell fuhren, waren alle Chancen dahin.
Also setzte Emma sich an ihren Sekretär, schrieb eine zustimmende Antwort und ließ sie sogleich von David austragen. Anschließend wies sie Betty an, die Koffer für einen Landhausaufenthalt zu packen und sich ebenfalls bereit zu machen, um sie und Amy als Kammerzofe zu begleiten.
Nun blieb bis zur Abreise in zwei Tagen nur noch die drängende Frage zu klären, wie sie an ihr Ziel gelangen sollten. Einen Reisewagen besaßen sie nicht, und um eine private Chaise zu mieten, fehlte das Geld. Und die Postkutsche? Nein, die hielt nur an festen Haltepunkten, von dort aus brauchten sie immer noch eine standesgemäße Fahrgelegenheit für den restlichen Weg.
Aus der Diele drangen Stimmen an ihr Ohr. Zuerst glaubte sie, es sei Bertram, der ihr seit seinen letzten hohen Verlusten nicht mehr unter die Augen getreten war. Wütend eilte sie ins Foyer, um ihn gehörig zurechtzustutzen, verharrte jedoch jäh, denn auf der Schwelle stand Lady Juliet Glenfinning.
„Lady Glenfinning!“
Juliet hob den Blick. „Stehen wir so förmlich miteinander, Emma? Ich hoffte eigentlich, dass das, was zwischen dir und meinem Bruder war, unsere Beziehung nicht in Mitleidenschaft gezogen hätte.“
Mühsam unterdrückte Emma eine scharfe Antwort. „Wenn ich vielleicht mehr von dir sähe als einen kurzen Blick quer durch einen überfüllten Saal …“
Errötend entgegnete Juliet: „Natürlich hast du recht, als Entschuldigung kann ich nur anführen, dass ich im letzten Jahr selten in der Stadt war.“
Wie Emma wusste, war das keine Ausrede. Himmel, Juliet Glenfinning war nicht nur Georges, sondern auch Charles Hawthornes Schwester. Was für ein Wirrwarr! „Was führt dich her?“
Juliet wirkte ein wenig unsicher. Schließlich sagte sie, ihre Worte sorgfältig wägend: „Sicher bin ich ein wenig vorwitzig … aber ich hörte, dass Lady Johnstone dich und deine Schwester auf ihren Landsitz eingeladen hat.“
Verdutzt trat Emma einen Schritt zurück. „Woher weißt du das? Die Einladung kam eben erst an.“
„Äh … nun, von Lady Johnstone selbst.“ Verlegen fügte sie hinzu: „Können wir unter vier Augen reden?“
Jetzt erst wurde Emma bewusst, dass Gordon immer noch an der Tür wartete. Sie befahl ihm, Tee zu servieren, dann führte sie ihre Besucherin in den Salon und bot ihr Platz an.
Nachdem Juliet sich gesetzt hatte, nahm sie den Faden wieder auf. „Lady Johnstone ist die Patin von uns drei Geschwistern. Sie sagte mir, dass sie euch einladen wollte, weil sie sehr mit dir sympathisiert. Weißt du, ihr erster Mann war ein leidenschaftlicher Spieler. Erst ihre zweite Ehe sicherte ihr nennenswerte Einkünfte. Sie pflegt zu sagen, es sei ein Segen, dass ihr erster Mann starb, ehe er auch noch das Dach über ihrem Kopf verspielt hatte.“
Voller Scham fragte Emma leise: „Weiß es denn jeder?“
Juliet heuchelte kein Unverständnis. „Nicht jeder, aber doch viele. Weder aus dem Duell noch aus der Tatsache, dass er Charles verwundete, hat dein Bruder ein Geheimnis gemacht. Und die Sache öffnete ihm Zugang zu Etablissements, die ihm besser verschlossen geblieben wären. Auf jeden Fall hat, seit Brummel wegen seiner Schulden fliehen musste, noch nie wieder jemand so ruinös verloren.“
„Leider kann ich mich nicht geschmeichelt fühlen, weil Bertram sich in so erhabener Gesellschaft befindet“, sagte Emma trocken.
„Verständlich.“ Juliet hob ein wenig hilflos die Hände. „Ach, ich weiß nicht, wie ich es sagen soll: Also, ich möchte dir und Amy anbieten, mit mir in meiner Chaise zu Lady Johnstone zu fahren. Ich bin nämlich auch eingeladen.“
Emma überlegte eine Weile, ehe sie sich äußerte. „Ich will offen sein. Seitdem ich vor zwei Jahren mein Verlöbnis mit deinem Bruder löste, habe ich mit eurer Familie nichts mehr zu tun gehabt, sieht man von deinem jüngeren Bruder ab. Warum also dieses jähe Interesse deinerseits?“
Inzwischen hatte Gordon den Tee serviert. Emma schenkte ein und reichte Juliet die gefüllte Tasse.
Nach kurzem Schweigen, währenddessen Juliet sich angelegentlich ihrem Tee widmete, erklärte sie schließlich: „Zunächst waren wir natürlich alle entsetzt über Georges Betragen, aber heute wissen wir, dass es für ihn so am besten war. Ihr beide wäret nie glücklich miteinander geworden. Dazu kommt noch Charles’
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