Emma - endlich vom Glück umarmt
nicht drängt, dich fortzuschicken, werde ich es tun. Gleich morgen schreibe ich an Papa, damit er erfährt, dass du nicht zu spielen aufhörst und Amy alle Chancen auf einen Ehemann verdirbst.“
Bertram hatte ein Taschentuch hervorgezogen und tupfte sich das Blut vom Mund. Er wich ihrem Blick aus. „Also verbündest du dich mit diesem Schuft gegen dein eigen Fleisch und Blut!“
„Nein, ich tue nur, was ich bisher versäumt habe. Ich weiß, dass es Papa gleichgültig ist, ob du all unseren Besitz durchbringst – selbst das, was wir schon längst nicht mehr haben –, aber gewiss ist er nicht erfreut, zu hören, dass du Amy selbst diese letzte Möglichkeit, die sich ihr hier bietet, verdirbst.“
Während sie die Worte aussprach, wurde ihr die Lage erst wahrhaft bewusst. Bisher war ihr nicht klar gewesen, welch große Hoffnungen sie auf ihren Aufenthalt hier gesetzt hatte. Sie hätte davonlaufen mögen, aber das würde auch nicht helfen. Wie nur konnte sie Bertram vom Glücksspiel kurieren?
In ihre Gedanken sagte Bertram, nun gar nicht mehr aufsässig: „Schreib nicht an Papa, dann fahre ich freiwillig ab.“
Er wollte tatsächlich mit ihr handeln? „Nein, du fährst zwar, doch ich schreibe trotzdem. Du wirst dich nach Hause begeben und darüber nachdenken, was du angerichtet hast. Und lass dir nicht einfallen, nach London zu verschwinden und munter weiterzuspielen. Weißt du, du ruinierst nicht nur dich selbst!“
„Hört, hört!“, warf Charles bewundernd ein. „Zum ersten Mal wehren Sie sich!“
Sie fuhr zu ihm herum. „Und was Sie angeht …“ Ihr blieben die Worte im Mund stecken. Immerhin hatte er recht.
„Ja?“, fragte er erwartungsvoll und hob ironisch eine Braue.
Ohne auf seine Herausforderung einzugehen, nahm sie sich Bertram wieder vor: „Du wirst morgen nach Hopewell abreisen.“
„Du kannst mich nicht herumkommandieren! Ich werde abreisen, aber ich gehe, wohin ich will.“
„Dann schreibe ich Papa, dass Amy und ich wegen deines unmöglichen Betragens vorzeitig heimkommen müssen, das du zu ebendem Zeitpunkt hervorzukehren beliebst, wo Amy einen passenden jungen Mann gefunden hat, den sie noch dazu mag. Das wird Papa nicht gefallen.“
In Bertrams Augen erschien ein gehetzter Blick, doch ohne zu antworten, stakste er davon und verschwand in dem dunklen Park.
„Bravo, Emma, Sie waren großartig!“
„Mit Schmeicheleien erreichen Sie gar nichts.“
„Das war keine Schmeichelei“, sagte er steif.
„Ha, das kann ich kaum glauben.“ Obwohl eine innere Stimme sagte, dass sie es nur zu gern glauben wollte.
„Dürfen Sie aber. Sie haben ihm zum ersten Mal die Stirn geboten. Möglicherweise bringt ihn das endlich zum Nachdenken, und wenn nicht, ist es nicht mehr Ihre Sache.“ Er trat einen Schritt auf sie zu, hielt jedoch vor ihrem durchdringenden Blick inne. „Vielleicht macht es Ihnen das ein wenig leichter. Und wenn unter Umständen gar der junge Mann um Amy anhält …“
Immer noch wütete der Ärger in ihr. „Sofern Sie sie nicht durch Ihre unverhohlenen Aufmerksamkeiten unmöglich gemacht haben.“
Er trat mit unlesbarer Miene von ihr zurück. „Oh, nicht bei diesem jungen Herrn!“
„Aber bei all den anderen!“ Da hatte sie es gesagt! Dabei wusste sie genau, dass es nicht stimmte, denn es war Bertram gewesen, der Amy geschadet hatte, nicht Charles Hawthorne.
„Nein, den Schaden richteten einzig und allein Ihr Vater und Ihr Bruder an, denen einzig das Glücksspiel etwas bedeutet.“
Scham und Wut vereinten sich zu einem brisanten Gemisch und übermannten Emma. Seine ehrlichen Worte, nachdem sie ihn zu Unrecht beschuldigt hatte, waren zu viel. Sie schlug ihm ins Gesicht.
„O mein Gott!“ Sie wankte rückwärts, bis sie gegen die steinerne Balustrade sank. Entsetzt die Hand vor den Mund pressend, flüsterte sie: „Es tut mir so leid, ich wollte Sie nicht …“ Ihr fehlten die Worte, hastig floh sie ins Haus zurück und hinauf in ihr Zimmer.
Was hatte sie getan? Sie hatte ihn geschlagen, nur weil er die Wahrheit gesagt hatte! Beschämt warf sie sich auf ihr Bett und schlug die Hände vors Gesicht.
Sie musste Charles Hawthorne aufsuchen; der Anstand gebot, dass sie ihn um Verzeihung bat. Sie hätte ihn nicht schlagen dürfen. Auf keinen Fall. Gleich, was er sagte. Doch es machte ihr Angst, dass er die Macht hatte, sie in blinde Wut zu versetzen.
Im Übrigen schien er ihr in letzter Zeit ständig über den Weg zu laufen. Was sie tat oder wohin sie ging,
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