Emma und der Rebell
ihr
gehört. »Sie können jetzt in den Saloon zurückkehren«, meinte sie streng. »Wir
brauchen Sie hier nicht.«
Darauf
schüttelte Callie den Kopf. »Damit Miss Chloe mich vor die Tür setzt, weil ich
ihren Befehl mißachtet habe? Ich wüßte nicht, wohin ich sonst gehen könnte.«
»Dann
werden Sie wohl bleiben müssen«, gab Emma seufzend zu. Obwohl sie sich ihrer
Eifersucht jetzt schämte, blieb das Gefühl unverändert stark. Nachdenklich
betrachtete sie Callies blonde Mähne und das tiefausgeschnittene rote Kleid.
»Allerdings werden wir Ihr Aussehen ein bißchen verändern müssen.«
Und so
wurde Miss Visco Steven eine Stunde später in einem schlichten Kattunkleid
präsentiert, ungeschminkt und das lockige blonde Haar zu einem strengen,
altjüngferlichen Knoten gebändigt. Doch Steven begrüßte sie wie einen Engel,
der gekommen war, ihn von seinen Qualen zu erlösen. »Hallo!« sagte er erfreut,
und wieder fühlte Emma Zorn in sich erwachen.
Callie
knickste ungeschickt und warf Emma einen unsicheren Blick zu. »Hallo«,
antwortete sie.
»Mr.
Fairfax«, sagte Emma förmlich, »das ist Miss Callie Visco. Sie wird Sie
pflegen, da ich ... in meiner Bibliothek zu tun habe.«
Steven
klappte das Buch zu, in dem er las. »Wie Sie wünschen, Miss Emma.«
Die Art,
wie er Callie musterte, gefiel Emma nicht. »Ich kann mich bestimmt darauf verlassen,
daß Sie sich wie ein Gentleman benehmen werden«, sagte sie steif.
»Wie kommen
Sie denn darauf?« entgegnete Steven amüsiert.
Emma ahnte,
daß sie jeden Augenblick einem Anfall von kindischer Eifersucht erliegen und
sich lächerlich machen würde. Entschlossen, Steven diese Freude nicht zu
machen, straffte sie die Schultern, sagte kühl: »Bis später, Mr. Fairfax«, und
verließ den Raum.
Nun blieb
ihr nicht anderes übrig, als in ihre Bibliothek zu gehen. Aber dort konnte sie
sich nicht auf ihre Arbeit konzentrieren.
Sie dachte nur an Callie und fragte sich, ob sie vielleicht in diesem
Augenblick bei Steven das tat, was Männer angeblich so liebten. Der Gedanke
entnervte sie, und sie war sehr gereizt, als Fulton wenig später die Bibliothek
betrat.
»Ich habe
ein Geschenk für dich«, sagte er und reichte Emma einen blauen Geschenkkarton.
»Der Wortwechsel, den wir vorhin hatten, tut mir leid, Emma. Wirst du nach dem
Abendessen mit mir spazierengehen?«
Emma warf
einen Blick auf den Karton mit den Pralinen, aber sie nahm ihn nicht an. »Ich
dachte, wir hätten uns darauf geeinigt, uns eine Zeitlang nicht zu sehen,
Fulton.«
Er stellte
den Karton auf den Schreibtisch und bemühte sich, ruhig zu erscheinen. »Wir
haben uns auf nichts dergleichen geeinigt«, entgegnete er nüchtern. »Emma,
dieser Mann paßt nicht zu dir. Er ist ein Vagabund, ein herumziehender Cowboy,
mehr nicht. Er kann dir kein Heim und keine Familie bieten, so wie ich.«
Emma dachte
an die süßen, köstlichen Gefühle, die sie in Stevens Armen erfahren hatte, und
empfand einen schmerzhaften Stich bei der Erinnerung daran. »Es hat nichts mit
Mr. Fairfax zu tun«, sagte sie leise. Und traurig – denn Fulton hatte zumindest
teilweise recht. Steven konnte ihr wirklich nicht das Leben bieten, das sie
sich wünschte; wahrscheinlich verspürte er nicht einmal den Wunsch, sich
irgendwo niederzulassen und eine Familie zu gründen. Fulton hingegen konnte ihr
all das geben, doch sie hatte bei den wenigen Küssen, die er ihr im Verlauf
ihrer Freundschaft abgerungen hatte, nie das geringste empfunden. Und jetzt
machte sie sich nicht länger vor, daß das nichts zu bedeuten hatte.
Fulton
seufzte. »Ich hoffe, daß du mir Gelegenheit gibst, dich umzustimmen, meine
Liebe. Trotz allem sind wir schließlich Freunde. Oder betrachtest du mich jetzt
als deinen Feind?«
Emma
schüttelte den Kopf. »Natürlich nicht«, entgegnete sie schnell, denn obwohl
Fulton ein bißchen langweilig und stur war, mochte sie ihn doch recht gern.
»Dann
besteht kein Grund, warum du meine Pralinen nicht annehmen solltest«, erklärte
er und reichte ihr die Schachtel. »Danke«, sagte Emma, weil ihr keine andere
Wahl blieb.
Callie
Visco war Steven
sympathisch. Obwohl sie die Idee nicht für vernünftig zu halten schien, hatte
sie ihm geholfen, aufzustehen und ihn fast eine Stunde lang durch das Zimmer
begleitet, während er das Gehen übte.
Jetzt, bei
Sonnenuntergang, war ihm fast übel vor Erschöpfung. Dankbar sank er auf das
Bett zurück und ließ sich von Callie zudecken wie ein Kind.
Mit der
Hand strich sie ihm
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