Emma und der Rebell
bemerkte sie.
»Es geht
mir schon sehr viel besser«, versicherte Steven. »Was ich Ihnen zu verdanken
habe. Was bin ich Ihnen schuldig?«
Chloe
wirkte gekränkt. »Wollen Sie mich beleidigen, Mr. Fairfax? Nehmen Ihre Leute
unten im Süden keine Verwundeten bei sich auf?«
Er lächelte
wehmütig. »In meiner Familie nicht.«
Bevor Chloe
etwas dazu sagen konnte, öffnete sich eine Tür, und ein großer, untersetzter
Gast kam herein, dem nicht nur eine, sondern gleich zwei Frauen folgten.
Ein
Instinkt verriet Steven, wer dieser Frauenheld sein mußte, noch bevor Chloe
etwas sagte. »Sie waren so neugierig auf Mr. Fairfax, Fulton«, wandte sie sich
an den Mann. »Hier ist er.«
Der
Bankier. Steven
erhob sich, aber nicht aus Höflichkeit, sondern damit Fulton nicht auf ihn
herabsehen konnte.
»Fulton
Whitney«, stellte der Bankier sich mürrisch vor.
Steven zog
weder seinen Hut, noch grüßte er den Mann. Er fragte sich nur, was für ein
Schuft dieser Kerl sein mußte, wenn er – obwohl er mit einer Frau wie Emma
verlobt war – gleich mit zwei Prostituierten ins Bett stieg.
Whitney
räusperte sich unbehaglich, und Chloe stand von ihrem Sofa auf. »Ich muß für
einen Moment nach unten«, sagte sie und ging.
»Sie reisen
also ab«, meinte Fulton schließlich. »Bei einem Mann wie Ihnen kann ich mir
auch nicht vorstellen, daß es ihn lange an einem Ort hält.«
Steven
verschränkte die Arme. »Bis vor wenigen Minuten hatte ich das vor«, antwortete
er. »Jetzt bin ich nicht mehr so sicher.«
Das Blut
stieg Whitney in die bleichen Wangen. »Aus welchem Grund könnten Sie denn
bleiben wollen?«
»Aus einem
einzigen. Emma.«
Der Bankier
starrte ihn verächtlich an, und Steven vermutete, daß er in seinen Augen wie
ein Vagabund aussah. Er hatte sich schon tagelang nicht mehr rasiert, und sein
Haar war seit über zwei Monaten nicht mehr geschnitten worden. »Sie sind nicht
gut genug, um ihr die Schuhsohlen zu lecken«, knurrte Fulton böse.
Steven
lächelte. »Habe ich Sie richtig verstanden?« erkundigte er sich gedehnt. »Ich bin also nicht gut genug für Emma, aber Sie, ihr Verlobter, steigt
gleich mit zwei Huren ins Bett?«
Wieder
errötete Whitney. »Ich brauche Ihnen keine Erklärungen abzugeben«, sagte er
unfreundlich und wandte sich zum Gehen.
Wilder
Zorn, wie bisher nur Macon in ihm ausgelöst hatte, erfaßte Steven. Er packte
den Bankier am Arm, drehte ihn grob zu sich herum und hieb ihm die geballte
Faust ans Kinn.
Fulton
stieß einen erschrockenen Schrei aus, prallte gegen die Wand, glitt an ihr
hinunter und preßte eine Hand an seinen blutenden Mund.
»So«, sagte
Steven, »jetzt wissen wir wenigstens, woran wir miteinander sind.« Dann wandte
er sich ab und schritt gelassen die Treppe hinunter.
Bis er
Fulton Whitney gesehen hatte, hatte er fest vorgehabt, sein Pferd zu nehmen und
nach Kalifornien zu reiten, oder nach Oregon. Früher oder später, mit Hilfe von
Whiskey, harter Arbeit und Frauen wäre es ihm gelungen, Emma Chalmers zu
vergessen.
Aber jetzt
war alles anders. Er konnte sie nicht diesem heuchlerischen Narren überlassen,
den sie zu heiraten beabsichtigte; falls er das tat, würde das Strahlen in
ihren blauen Augen ver blassen und eines Tages, in nicht allzu ferner Zukunft,
ganz ersterben.
Draußen
überquerte er die Straße und betrat das Warenhaus. Wenn er in Whitneyville
bleiben wollte, benötigte er Geld. Da er es nicht wagte, seinem Großvater zu
telegrafieren – auf so etwas warteten Macons Leute vermutlich nur –, würde er
sich eben um Arbeit bemühen. Und Händler wußten im allgemeinen am besten über
Jobs Bescheid.
Emma biß
sich auf die Lippen
und drückte sich in den schattigen Eingang ihres Ladens. Steven wiederzusehen,
war erschütternd genug gewesen, aber mit ansehen zu müssen, wie er den Saloon
betrat, war eine noch sehr viel niederschmetterndere Erfahrung.
Doch ihre
Neugier war größer als ihr Stolz, nach wenigen Minuten trat sie wieder auf die
Straße hinaus und schlenderte zu den geöffneten Schwingtüren des Stardust
Saloons. Entsetzt beobachtete sie, wie Steven sich von einer Dirne an der Bar
entfernte und die Treppe zum, berüchtigten zweiten Stock hinaufstieg.
Emma preßte
eine Hand auf ihr heftig pochendes Herz. Nur mit Mühe gelang es ihr, Steven
nicht zu folgen und ihn zu fragen, was er dort im Salon zu suchen hatte.
Stolz und
Eifersucht kämpften in Emma, und es war ihr Stolz, der schließlich gewann. Mit
zusammengekniffenen Lippen, um nicht
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