Emma will’s wissen
aufgeregt. Oder es hatte zu viel herumgestrampelt. Ich wollte nicht noch etwas Dummes sagen, darum fragte ich nicht nach.
»Oh.« Mama legte die Hände auf ihren Bauch und lächelte. »Die Kleine hat Schluckauf.«
»Schluckauf?«, fragte ich überrascht. Ich hatte nicht gewusst, dass Babys Schluckauf bekommen können. Das Baby tat mir ein bisschen leid. Ich hasse es, wenn ich Schluckauf habe.
»Fühl mal!« Mama griff nach meiner Hand und legte sie auf ihren Bauch. Er fühlte sich ganz hart an. Und dann spürte ich es. Ein Zucken. Ganz leicht nur. Es tauchte in regelmäßigen Abständen auf.
»Das ist das Baby?«, fragte ich ungläubig.
Mama nickte.
»Babys trinken im Bauch der Mutter oft Fruchtwasser«, erklärte Babsi. »Und manchmal bekommen sie davon Schluckauf. Das ist völlig normal.«
Ich hörte nicht richtig zu, denn plötzlich spürte ich einen Stoß. Genau da, wo meine Hand lag. Schnell zog ich die Hand weg.
»War das etwa auch das Baby?«, fragte ich. Ich konnte es einfach nicht glauben.
»Ja«, sagte Mama. »Es ist schon ziemlich kräftig, was?«
An der Stelle, wo eben noch meine Hand gelegen hatte, erschien für einen kurzen Moment eine kleine Beule. Das Baby hatte wieder zugetreten.
»Tut das nicht weh?«, fragte ich.
Mama schüttelte den Kopf. »Meistens nicht.«
Ich war ein bisschen durcheinander. Bisher hatte ich mir das Baby eigentlich gar nicht richtig vorgestellt. Ich hatte versucht, möglichst wenig daran zu denken. Und wenn ich es mir doch vorgestellt hatte, hatte es eher wie eine kleine Kaulquappe ausgesehen, die in Mamas Bauch herumschwamm. Aber jetzt war aus der Kaulquappe innerhalb weniger Sekunden ein richtiger Mensch geworden. Ein Baby, das Schluckauf hatte. Und einen Herzschlag wie ein galoppierendes Rennpferd. Und Arme und Beine, mit denen es Beulen in Mamas Bauch treten konnte. Ich wusste nicht so richtig, was ich davon halten sollte.
»Das Baby hat Kontakt zu dir aufgenommen.« Babsi machte ein zufriedenes Gesicht. »Das ist ein sehr wichtiger Schritt.«
»Aha«, sagte ich. Eigentlich hatte es ja nur gegen meine Hand getreten. Das konnte auch reiner Zufall gewesen sein.
»Du kannst ebenfalls Kontakt zu dem Baby aufnehmen, wenn du möchtest«, sagte Babsi. »Du kannst zum Beispiel mit ihm reden oder ihm etwas vorsingen.«
Ich verzog das Gesicht. »Ihm etwas vorsingen?«
Babsi nickte eifrig. »Babys mögen Musik.« Sie schien es tatsächlich ernst zu meinen. Sie war eindeutig noch verrückter, als ich gedacht hatte.
»Ich kann aber nicht singen.« Ich verschränkte die Arme vor der Brust. »Und ich will auch nicht.«
Mama zog ihren Pullover wieder über ihren Bauch und setzte sich schwerfällig auf. »Du musst nicht, wenn du nicht möchtest.«
»Natürlich nicht«, sagte Babsi schnell. »Das Baby hört deine Stimme ja auch, wenn du dich mit uns unterhältst. Du kannst ihm alles erzählen, was du willst.«
Ich wollte dem Baby gar nichts erzählen. Ich wollte weg hier und sonst nichts. »Ich muss jetzt wirklich los«, sagte ich. »Bin sowieso schon zu spät dran.«
»Gehst du zu Lea?«, fragte Mama. Sie war in letzter Zeit so mit dem ganzen Babykram beschäftigt, dass sie von Leas und meinem Streit gar nichts mitbekommen hatte. Und ich hatte es ihr auch nicht erzählt.
»Hmhm«, machte ich. Ich wollte nicht direkt lügen. Aber ich wollte auch nicht, dass Mama weiter nachfragte. Es war ganz praktisch, dass sie dachte, Lea und ich wären noch Freundinnen.
»Schöne Grüße«, sagte Mama.
»Hmhm«, machte ich noch mal. Dann lief ich schnell aus dem Wohnzimmer.
Es war nicht gerade das optimale Wetter für einen Spaziergang. Der Himmel hing grau und schwer über dem Dorf. Es sah aus, als hätte er es sich auf den Dächern der Häuser gemütlich gemacht. Neben dem Bürgersteig türmte sich dreckiger Schneematsch. Es war kalt und windig. Während ich durch die Straßen lief, überlegte ich, ob wir den Spaziergang besser verschieben sollten. Bei dem Wetter sollte man zu Hause bleiben und heißen Kakao trinken. Beim letzten Einkauf für Herrn Marten hatte ich eine Packung Schokoladenkekse besorgt. Die schmeckten prima zu heißem Kakao.
Aber dann kam alles ganz anders.
Ich sprang die Treppe zu Herrn Martens Haus hinauf und klingelte. Niemand öffnete. Das kannte ich schon. Entweder war Herr Marten eingeschlafen und hörte das Klingeln nicht oder er hatte mal wieder einen schlechten Tag. Ich hoffte, dass es die erste Möglichkeit war.
Ich klingelte Sturm und wartete.
Weitere Kostenlose Bücher