Emma will’s wissen
Garten stand. Ich blieb stehen und schluckte zweimal. Dann sagte ich: »Hallo, Herr Marten. Was machen Sie denn da?«
Er drehte sich um. »Die Tür geht nicht auf.« Er sah mich vorwurfsvoll an.
»Sie müssen den Riegel zurückschieben.« Ich zeigte auf den schweren Eisenriegel. »Sehen Sie? So!« Ich ging hin und schob den Riegel zurück. Die Tür schwang auf.
Herr Marten lächelte. »Vielen Dank, mein Kind.« Er runzelte die Stirn. »Wie heißt du noch mal?«
»Emma«, sagte ich. Wenigstens wusste er noch, dass ich nicht Pummelchen war. »Was wollen Sie denn im Schuppen?«
»Brennholz holen natürlich. Es ist kalt im Haus. Ich muss den Ofen in der Küche anfeuern.«
Ich sah zu Boden und bekam einen Schreck. Herr Marten hatte gar keine Schuhe an! Seine nackten Füße versanken im Schnee.
Ich wollte etwas sagen, aber ich wusste nicht, was. Ich räusperte mich. »Mein Hund ist heute gestorben.« Die Worte kamen einfach so aus meinem Mund.
»Oh.« Herr Marten runzelte die Stirn. »Das tut mir leid. Ich wusste nicht, dass du einen Hund hast.«
»Er hieß Paul. Und er war schon sehr alt. In letzter Zeit habe ich manchmal vergessen, mit ihm rauszugehen.« Ich hatte einen Kloß im Hals. Ich wollte nicht schon wieder heulen, darum schluckte ich die Tränen hinunter.
»Du solltest ihn beerdigen«, sagte Herr Marten. »Das hilft. Dann kannst du immer zu seinem Grab gehen und mit ihm sprechen, wenn du etwas auf dem Herzen hast. Das mache ich mit meiner Hilda auch so. Ich erzähle ihr alles. Genauso wie zu ihren Lebzeiten.«
Ich überlegte. Ein Grab für Paul. Die Idee gefiel mir. »Kann man Hunde denn beerdigen?«, fragte ich.
»Natürlich. Warum sollte man es nicht können?« Herr Marten öffnete die Schuppentür. »Jetzt hole ich erst mal Brennholz und wir machen ein hübsches Feuerchen.«
Im Schuppen war es düster und kalt. Es roch staubig. An der Wand lehnten mehrere Harken und ein rostiger Spaten. In einer Ecke stand ein alter Rasenmäher, in der anderen zusammengeklappte Gartenmöbel. Sie sahen so aus, als wären sie lange nicht mehr benutzt worden. Aber es gab kein Brennholz. Nicht ein einziges kleines Holzscheit.
Herr Marten kratzte sich am Kopf. »Wo ist denn das ganze Brennholz geblieben? Ich hab doch erst letzte Woche Holz gehackt. Oder war das letzten Monat?«
Eins war klar: Es war bestimmt viel, viel länger her, dass Herr Marten Holz gehackt hatte. Ich nahm seine Hand und zog ihn aus dem Schuppen.
»Kommen Sie, wir gehen rein«, sagte ich. »Es ist viel zu kalt draußen. Sie holen sich noch eine Erkältung.«
In der Küche war es tatsächlich nicht besonders warm. Kein Wunder, die Heizung war heruntergedreht. Ich drehte sie auf. Dann sah ich mich um, doch ich konnte keinen Ofen entdecken. Eigentlich hatte ich das auch nicht erwartet.
»Sie müssen Strümpfe anziehen.« Ich zeigte auf Herrn Martens nackte Füße. »Und Hausschuhe.«
Herr Marten nickte und ging brav nach oben. Ich räumte in der Zwischenzeit die Küche auf. Es sah ziemlich chaotisch aus. Ich warf einen Blick in den Kühlschrank, aber die Milch war alle. Also würde es heute doch keinen Kakao geben. Auf dem Tisch stapelten sich die Kartons vom Essen-auf-Rädern-Service. Ich öffnete den obersten und verzog das Gesicht. Auf dem Essen hatte sich eine dicke grüne Schimmelschicht gebildet. Es roch furchtbar. Die anderen Schachteln machte ich gar nicht erst auf. Ich nahm den ganzen Stapel und warf ihn in die Mülltonne vor dem Haus. Als ich in die Küche zurückkam, saß Herr Marten am Tisch. Er hatte sich tatsächlich Strümpfe und Pantoffeln angezogen. Die Strümpfe passten nicht zusammen, aber immerhin.
»Warum haben Sie denn Ihr Essen nicht angerührt?«, fragte ich. »Es ist alles verschimmelt.«
Herr Marten sah mich an. »Das Essen ist vergiftet.«
»Was?« Ich musste mich erst mal setzen.
Herr Marten nickte. »Aber ich habe es natürlich gemerkt. Darum esse ich nichts mehr.«
»Wer will Sie denn vergiften?«, fragte ich.
»Diese Verbrecher vom Essen-auf-Rädern-Service«, erklärte Herr Marten. »Ich glaube, sie haben es auf das Haus abgesehen. Oder auf Hildas Schmuck, da bin ich mir nicht ganz sicher. Zum Glück ist der Schmuck gut versteckt.«
»Aber Sie müssen doch etwas essen!« Ich durchforstete den Küchenschrank und fand ganz hinten eine Dose Gemüsesuppe, die noch nicht abgelaufen war. Ich wärmte sie auf und stellte den Teller mit der dampfenden Suppe vor Herrn Marten auf den Küchentisch. »Das können Sie
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