Emma
Antonios Handrücken fiel.
„Ich
hoffe nicht, dass das die einzige Antwort war, die ich bekomme!“, presste er
heraus. Auch ihm war die Kehle eng geworden.
„Nein“,
ihre Stimme kehrte zurück, „nein, Antonio, keine Bange! Ich habe dir nichts zu
verzeihen, ich war ein egoistisches, unsensibles und rücksichtsloses Miststück
und ich habe jeden Tadel von dir mehr als verdient! Und wenn du mir wirklich
deine Freundschaft anbieten willst, dann werde ich sie mit Freuden annehmen!“
„Gut,
dann – danke!“ Er drückte ihr kurz und intensiv die Hand, ehe er aufstand. „Ich
gehe dann mal …“
Er
nickte ihr noch einmal zu und verschwand hinter dieser schicksalhaften Tür.
Emma
blieb sitzen. Ihre Nervosität hatte sich mit einem Schlag gelegt. Ein dumpfes
Unbehagen war geblieben und summte im Hintergrund vor sich hin, doch ihre
panische Angst war dahinter verschwunden. Das hier konnte sie ertragen. Das war
nichts mehr im Vergleich zu den vergangenen Stunden.
Davide
war mit dem Leben davongekommen. Das war alles was zählte! Das war das Einzige,
was in ihrem Leben noch Bedeutung hatte.
Sie
holte tief Luft und lehnte sich zum ersten Mal, seit sie hier war, einigermaßen
entspannt zurück.
Draußen
war es inzwischen dunkel geworden. Vor den Fenstern erkannte sie die Lichter
der verschiedenen Kliniken. Im Hintergrund blinkten der Straßenverkehr, die Ampeln,
die Lichter der Stadt…
Ein
Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht.
Davide
würde überleben!
Kapitel 8
Wenig
später an diesem Abend durfte Emma Davide endlich das erste Mal sehen.
Was
sie erwartet hatte, wusste sie selbst nicht so genau, aber sie war irgendwie
erstaunt und überrascht, ihn so scheinbar unversehrt in seinem Bett liegen zu
sehen. Nach den Ängsten zu urteilen, die sie um ihn ausgestanden hatte, hätte
sie mit einem wesentlich schlimmeren Anblick gerechnet, doch Davide sah überaus
friedlich aus.
Emma
schluckte hart, als sie sich auf Zehenspitzen dem Bett näherte. Nun erkannte
sie, dass er auf der ihr abgewandten Seite seines Gesichts ein ziemlich großes
blaues Auge hatte. Offensichtlich war auch seine Nase gebrochen, die Oberlippe
war aufgeplatzt und der linke Jochbogen angeschwollen. Dennoch fiel es ihr
schwer sich vorzustellen, dass dieser Bär von Mann, so wie er da lag und zu
schlafen schien, nur knapp mit dem Leben davongekommen war.
Sie
wagte kaum zu atmen, als sie sich leise einen Stuhl heranzog und sich neben ihn
ans Bett setzte. Vorsichtig nahm sie seine Hand in die ihre und hielt sie sanft
fest, lehnte schließlich ihre Wange an seinen Handrücken und atmete tief seinen
vertrauten Duft ein, der trotz aller Desinfektionsmittel und Medikamente und
sonstiger Krankenhausgerüche noch immer für sie spürbar war.
So
fand Antonio sie, als er etwas später kam, um sie abzuholen. Behutsam, um sie
nicht zu erschrecken, legte er ihr eine Hand auf die Schulter.
Sie
sah auf.
„Bitte
komm, Emma, wir müssen reden, es gibt einiges zu tun! Du kannst morgen wieder
zu ihm.“
Sie
nickte stumm, wischte sich hastig eine Träne von der Wange und folgte ihm.
Als
sie draußen ankamen, wartete bereits Ettore auf sie. Auch er schien sich etwas
beruhigt zu haben, denn seine Miene war weniger angespannt als noch am Nachmittag.
Als er ihre verweinten Augen sah, blickte er dezent zu Boden.
„Wir
müssen uns jetzt organisieren“, begann Antonio, „und wir sollten besprechen,
wie wir hier weitermachen!“
„Okay!“,
stimmte sie zu, wenn sie auch keinerlei klare Vorstellung davon hatte, was nun
überhaupt weiter zu tun war.
„Paola
hat in der Zwischenzeit für uns drei in einer Pension hier in der Nähe Zimmer
reserviert, ich gehe davon aus, dass du mit diesem Arrangement einverstanden
bist, Emma?“
Sie
nickte in seinen fragenden Blick hinein.
„Dann
schlage ich vor, dass wir uns heute Abend von Ettore nach Bologna bringen
lassen, um die nötigen Dinge zu erledigen“, begann Antonio seine Gedanken zu
erläutern. „Persönliche Sachen holen, Familienmitglieder informieren und
dergleichen mehr. Solange Davide im Koma liegt, ist es unsinnig, wenn wir die
ganze Nacht hier sitzen und warten, es ist wichtiger, die nächsten Schritte
vorzubereiten. Ich werde mit den Abteilungsleitern Kontakt aufnehmen und in den
nächsten Tagen so viel wie möglich von hier aus steuern.“
Er
holte tief Luft und wandte sich direkt an Emma.
„Davide
wird ebenfalls ein paar persönliche Dinge brauchen – ich könnte auch den Butler
anrufen,
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