Emmas Geheimnis: Roman (German Edition)
Flieger. Hab ich ihm auch gesagt. Er freut sich. Oh, du lächelst. Du freust dich also auch. Ha. Und jetzt komm. Der halbe Ort ist schon da.«
Sie drehte sich gerade um zum Gehen, blieb aber dann in der Tür stehen. »Ach. Und ich habe bei Emma angerufen.«
»Du hast sie eingeladen?«
»Quatsch. Ich hab mich nach Kaelynn erkundigt.« Sie sah mich scharf an. »Ich denke, es interessiert dich auch, wie es Brians Tochter geht.«
Die brutale Wahrheit aus ihrem Mund ließ mich zusammenzucken. Brians Tochter. Ich wollte nicht, dass sie es sagte. Dass es überhaupt jemand aussprach. Aber ich nickte nur, sagte nichts.
»Okay. Sie haben einen Spender und bereiten die Kleine auf die Chemo vor.«
»Chemo«, wiederholte ich. »Kann so ein winziges Wesen das überhaupt überleben?«
Sophie öffnete schon den Mund, um etwas zu erwidern, aber sie schien es sich anders zu überlegen. Sie zögerte einen Moment, dann sagte sie: »Es gibt Fakten, mit denen man klarkommen muss, ob man will oder nicht. Dass Kaelynn Brians Tochter ist, ist so ein Fakt. Wenn es dich so im Detail interessiert, schau im Internet nach. Ich sage nicht, ruf Emma an, das ist zu früh, klar. Aber irgendwann wirst du dich damit befassen müssen. Und zwar von dir aus.«
»Du bist ganz schön hart«, sagte ich.
»Du kannst es jetzt vertragen«, sagte sie nur.
Als ich runter ins Pub kam, blieb mir fast die Luft weg: Sie hatten eigens für mich die Dekoration, die ich zum Mittsommerfest organisiert hatte, wiederaufgebaut, und all die Menschen waren da, die in der Zeit nach Brians Tod in Kinsale wichtig für mich gewesen waren. Sie standen auf, als ich hereinkam, strömten zu mir, umarmten mich und wünschten mir Glück. Sie hatten sogar Geschenke mitgebracht, kleine Glücksbringer und Andenken, und ich war so überwältigt, dass ich mich zusammenreißen musste, um nicht zu weinen.
»Ich komme doch wieder, es sind doch nur drei Monate«, sagte ich immer wieder. Die Musiker, die jeden Freitag im Jacob’s Ladder spielten, stimmten irische Lieder an, Tina reichte mir ein perfekt gezapftes Guinness, und dann stand Sam vor mir, der es kaum fertigbrachte, mir in die Augen zu sehen.
»’tschuldige«, murmelte er verlegen. »Hab mich benommen wie ein Idiot.«
Ich nahm die Hand, die er mir hinhielt, um sie zu schütteln, aber dann umarmte ich ihn und sagte: »Es ist in Ordnung. Ich freu mich, dass du hier bist.«
Matt stand grinsend hinter der Theke. Er hatte lässig die Arme verschränkt, neben ihm standen Ralph und Mary und grinsten ebenso. Sophie kletterte auf einen Tisch und rief: »Alle mal herhören!« Das Stimmengewirr verstummte, und die Musik hörte auf.
»Meine wunderbare kleine Cousine Kate«, sagte sie. »Ich weiß, du musst gerade den Eindruck haben, dass wir dich für immer in die Ferne verabschieden, nicht nur für ein paar Monate. Unser Massenauflauf hat noch einen Grund. Kate, ich spreche im Namen aller, wenn ich jetzt sage: Ich bin stolz auf dich. Wir sind stolz auf dich. Du hast eine verdammt schwere Zeit hinter dir, und jetzt beginnst du einen neuen Abschnitt im Leben. Deshalb feiern wir mit dir. Lass die Vergangenheit hinter dir, such das Abenteuer, und ich sage das so leichthin, weil ich weiß, dass du immer wieder zurückkommen wirst, und sei es nur, um zwischendurch mal irische Luft zu schnappen. Ich weiß auch, dass du gerade dabei bist, genau das zu tun, wovon du immer geträumt hast. Ach, weißt du was, lange Reden liegen mir nicht. Ich glaube, ich hab alles gesagt. Hab ich alles gesagt?«, rief sie in die Runde.
»Gute Reise!«, rief jemand.
»Viel Glück da drüben!«, jemand anderes.
»Bleib gesund!«
»Komm bald wieder!«
»Vergiss uns nicht!«
Sie riefen alle durcheinander. Ich lachte, musste nun doch ein wenig weinen, aber es waren Freudentränen. Dann endlich kam Matt und nahm mich in den Arm.
»Das haben alle gemacht. Jetzt darf ich auch«, raunte er mir ins Ohr.
Ich hielt ihn ganz fest und sagte: »Dann gratuliere ich dir jetzt noch mal ganz offiziell zum Geburtstag.«
»Danke«, sagte er und ließ mich nicht los, als ich Anstalten machte, mich sanft aus der Umarmung zu winden. »Bleib«, flüsterte er. Ich gab meinen Widerstand auf und ließ mich schließlich küssen, versank nach kurzer Zeit ganz in seinem Kuss und vergaß die Welt um mich herum.
»Ja, danke, wir haben’s jetzt alle begriffen, und ihr habt morgen im Flieger nun weiß Gott genug Zeit, um zu knutschen. Ich meine, wie lange seid ihr dann zusammen in
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