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Emmas Geheimnis: Roman (German Edition)

Emmas Geheimnis: Roman (German Edition)

Titel: Emmas Geheimnis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Balfour
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deinem Onkel nach dir zu fragen, und dort traf ich dich an. Ich wollte dir alles sagen. »Ich habe ein Kind von deinem Mann, ich wusste nicht, dass du seine Frau bist.« Ich hätte es dir genau in dem Moment sagen müssen, als wir uns nach so vielen Jahren im Pub gegenüberstanden. Ich war so unendlich aufgeregt. Ich dachte nur noch an die Zeit, die wir beide zusammen als Kinder in Kinsale verbracht hatten. Und dann … Deine Freude, als du mich endlich erkanntest.
    Ich war feige. Ich wollte, dass du wieder meine Freundin wirst. Ich hatte Brian verloren und fühlte mich einsam. Und du hattest doch gerade denselben Schmerz erfahren. Ich dachte: »Kate muss es nicht wissen. Sie wird aber spüren, wie gut ich sie verstehe.« Diese Rechnung ging nicht auf. Und mit jeder Minute, die wir miteinander verbrachten, wurde es schwerer, dir die Wahrheit zu sagen.
    Ich weiß, dass du mir nie verzeihen kannst. Aber jetzt musste es sein. Jetzt musste ich es dir endlich, endlich sagen.
    Es gibt noch etwas, das du …
    Hier endete ihr Brief abrupt. Ich suchte die nächste Seite unter den vielen, eng und beidseitig beschriebenen Blättern. Ich überflog die Zeilen, erinnerte mich an den Inhalt, wurde an manchen Stellen wieder hineingezogen in Emmas Geschichte … Aber ich konnte die nächste Seite nicht finden. Sie war verschwunden. Ich ging alles mehrmals durch, aber umsonst. Der Schluss ihres Briefs blieb verschwunden. War es Absicht von ihr gewesen? Damit ich mich bei ihr meldete, um zu erfahren, was sie mir noch zu sagen hatte? So ganz glaubte ich nicht daran.
    Andererseits: Was war es, was sie wollte? Mitleid? Verständnis? Nichts davon fühlte ich in mir. Ich las von ihrem Versuch, sich und das Kind zu töten, und schämte mich dafür, so wenig für sie zu empfinden. Vielleicht verstand ich jetzt erst, dass Emma nie meine Freundin sein konnte. Es hatte nichts mit Brian zu tun, sondern mit den vielen Jahren, die uns getrennt hatten. Wir konnten nicht mehr an unsere Kindheit anknüpfen. Wir hatten zu unterschiedliche Wege betreten. Wir waren andere Menschen geworden. So bezaubernd der Gedanke einer in Kindertagen geschlossenen lebenslangen Freundschaft auch sein mochte – Emma und ich würden sie nicht leben können. Wer weiß, vielleicht wären wir noch Freundinnen, hätte uns das Schicksal nicht auseinandergebracht. Aber sehr viel wahrscheinlicher war es doch, dass wir uns ohnehin aus den Augen verloren hätten.
    Ich faltete die Blätter zusammen und steckte sie ein. Dann blinzelte ich in die aufgehende Sonne, bis ich hinter mir Schritte hörte. Ich dachte, es sei Ralph, der oft um diese Zeit – es war mittlerweile wohl bestimmt halb sieben – aufstand. Doch als ich mich umdrehte, konnte ich kaum glauben, was ich sah: Matt kam auf mich zu. Er lächelte mich an.

30.
    »Hier bist du«, sagte er zur Begrüßung und setzte sich neben mich. Er benahm sich, als hätten wir uns gestern erst zuletzt gesehen. Dabei waren über zwei Monate vergangen.
    »Ich konnte nicht schlafen.« Ich merkte, wie ich rot wurde. »Wo kommst du denn jetzt her?«
    »Ich war in Tampere …«
    »Wo?«, unterbrach ich ihn.
    »Finnland.«
    »Nie gehört.«
    »Finnland?«
    »Tampere!«
    »Und ich dachte, ihr Europäer seid so stolz auf eure Geografiekenntnisse. Macht ihr euch deshalb nicht ständig über Amerikaner lustig, weil wir uns in Europa nicht so gut auskennen?«
    Ich verdrehte die Augen. »Also manchmal bist du echt … na ja, irgendwie anders!« Ich weiß nicht, wie er es schaffte, aber es fühlte sich wirklich so an, als hätten wir uns gestern zuletzt gesehen. Mit ihm zu reden hatte etwas Vertrautes. Ich musste aufpassen, dass ich nicht vergaß, warum wir von heute auf morgen keinen Kontakt mehr gehabt hatten.
    »Und was willst du jetzt hier?«, fragte ich, aber ich sagte es freundlich, nicht feindselig.
    »Mein Versprechen einlösen.«
    »Welches … oh!« Die ganze Zeit hatte ich daran gedacht und es ausgerechnet jetzt vergessen. Er hatte an seinem Geburtstag zurückkommen wollen. Ich hatte darauf gehofft, aber nicht daran geglaubt. »Herzlichen Glückwunsch!«
    Er nickte. »Danke. Ich nehme mal an, dass ich keinen Geburtstagskuss bekomme.«
    Ich sagte nichts.
    »Darf ich jetzt erklären, was es mit meiner Exfrau auf sich hat?«
    »Ehrlich gesagt, im Moment habe ich Erklärungen ein bisschen über. Vor allem solche, die lange und kompliziert sind.« Ich tastete unwillkürlich nach Emmas Brief.
    »Weder lang noch kompliziert. Getrennt schon seit

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