Emmas Geheimnis: Roman (German Edition)
dem Ding eingepfercht? Das wird euch noch langweilig, ich sag’s nur schon mal.« Sophie scheuchte uns auseinander, um mit mir zu tanzen.
Wir feierten die ganze Nacht bis in die frühen Morgenstunden. Ralph, der extra nichts getrunken hatte, ließ es sich nicht nehmen, uns zum Flughafen zu fahren. Zwei Stunden später waren wir im Flieger nach Heathrow. Wir saßen noch nicht richtig auf unseren Plätzen, als wir auch schon einschliefen. In Heathrow dauerte es Ewigkeiten, bis wir die langen Schlangen an den Sicherheitskontrollen hinter uns gelassen hatten. Endlich fanden wir uns im Wartebereich vor dem Gate wieder. Matt legte den Arm um mich und lächelte mich an.
»Aufgeregt?«
Ich nickte. »Aber es fühlt sich gut an.«
»Dieser Mantel«, sagte er, »steht dir ausgezeichnet.«
Ich trug den roten Ledermantel, er war mittlerweile mein liebstes Kleidungsstück. Wie ein Zeichen für mein neues Leben. Eine neue Kate. Ich lächelte Matt an. »Danke.«
»Wo hast du eigentlich ein Zimmer gefunden?«
»Bei einer Familie irgendwo auf Staten Island. Sie vermieten das Zimmer ihres Sohnes unter.« Ich kramte in meiner Umhängetasche, bis ich mein kleines Notizbuch mit der Adresse gefunden hatte, und zeigte sie ihm.
»Sagt mir nichts, aber ich kenne mich auf Staten Island auch nicht aus. Niemand kennt sich da aus.«
Ich sah ihn groß an. »Was ist mit Staten Island?«
»Der vergessene Stadtteil«, sagte er mit düsterer Stimme, lachte dann aber gleich. »Du wirst es noch mitbekommen, wenn du wirklich drei Monate in New York bleibst. Früher war dort die Mülldeponie. Sie wurde vor ungefähr zehn Jahren geschlossen, und der letzte Schutt, den sie dort abgeladen haben, ist vom World Trade Center. Spannende Geschichte? Du bekommst ja ganz leuchtende Augen. Witterst du da etwas?«
»Natürlich, wie spannend. So etwas interessiert mich. Wie die Menschen im Viertel mit so etwas umgehen. Ich denke da auch an …«
Er hob die Hand, um mich zu unterbrechen. »War das gerade dein Name?«
Ich hatte nicht auf die Durchsage geachtet, aber nun wurde sie wiederholt. Mein Name. Meine Flugnummer. Ich sollte mich dringend beim Bodenpersonal melden.
»Was ist passiert?« Ich spürte, wie sich mein Magen zu sammenzog. Die nächste Katastrophe? Was konnte noch kommen? Bitte, dachte ich, bitte, kein Todesfall. Und mein nächster Gedanke: nicht die kleine Kaelynn. Ich ging eilig zum Schalter, wo die Stewardessen bereits den Einstieg vorbereiteten.
»Kate Riley«, sagte ich. »Ich bin ausgerufen worden.« Ich spürte Matts Hand in meinem Rücken und war froh, dass er bei mir war.
Die Stewardess sah in ihren Computer. »Zwei Nachrichten. Von einer Sophie Riley, jeweils mit der dringenden Bitte um Rückruf. Sie nannte noch einen Namen, wir haben ›Kayleigh‹ verstanden? Ich habe die Nummer hier.«
»Brauch ich nicht«, sagte ich hastig und drehte mich zu Matt um, der mich zurück zu den Plätzen schob, wo noch unser Handgepäck stand. »Ich muss telefonieren«, sagte ich und suchte nach meinem Handy. Ich hatte es gestern Nachmittag ausgeschaltet, als ich mich hingelegt hatte, und danach nicht mehr eingeschaltet. Hatte ich es überhaupt mitgenommen? Ich durchsuchte meine Tasche, kippte den Inhalt schließlich auf den Boden und suchte weiter. Die anderen Passagiere sahen mich irritiert an, traten ein paar Schritte zurück. Matt kümmerte sich ebenso wenig um sie wie ich und kniete sich neben mich.
»Was ist los?«, fragte er. »Hast du eine Ahnung?«
»Kaelynn. Emmas Tochter«, sagte ich. »Es muss etwas passiert sein.«
31.
Endlich fand ich mein Handy, schaltete es ein und wartete ungeduldig, bis es Empfang hatte. Noch bevor ich eine Nummer wählen konnte, erhielt ich die Meldungen von meiner Mailbox: fünf Anrufe von Sophie. Ich rief sie an.
»Was ist passiert? Ist Kaelynn … ist es wegen der Chemo?«, fragte ich, noch bevor sie sich richtig melden konnte.
»Warte. Warte. Ganz ruhig. Wo bist du?«
»Heathrow! Was ist los?«
»Okay. Hat sich Emma bei dir gemeldet?«
»Nein! Ich weiß gar nicht, was …«
»Kate. Setz dich hin. Bleib ganz ruhig und lass mich reden. Wann geht dein Flieger?«
Ich sah auf die Schlange, die sich nun gebildet hatte. Das Flugzeug war zum Einsteigen bereit. »In ein paar Minuten. Wir können reden. Was ist denn jetzt?!« Matt legte eine Hand auf meine Schulter und sah mich fragend an.
»Sie haben Kaelynns genetischen Zwilling gefunden.«
»Oh! Ich dachte, das wäre längst …«
»Nein«,
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